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Technik Wissen von CANON

Das CANON Handbuch über die Optik von TV-Systemen. Diese Artikel sind mit freundlicher Genehmigung der CANON Deutschland hier übernommen bzw. überarbeitet und ergänzt. Die sauberen und verständlichen Darstellungen und Erklärungen sind aussergewöhnlich detailliert und informativ.

7.9 Die "Lichtstärke" des Prismensystems -Steigerung auf 1:1,2

Da ein Prisma keine Abbildung erzeugt, kann ihm genau genommen kein Öffnungs­verhältnis ("Lichtstärke", Blendenzahl) zu­geordnet werden. Dennoch ist es üblich, bei Strahlenteiler- bzw. Farbteilerprismen von einer "Lichtstärke" zu sprechen, beispiels­weise von einem Prisma der Lichtstärke 1,6 oder 1,4. Man versteht unter einem Strahlenteilerprisma der Lichtstärke 1,4 ein solches Pris­ma, das die Farben korrekt trennt, wenn das einfallende Licht von einem Objektiv der Lichtstärke 1,4 fokussiert wird.

Die magische Grenze 1:1,4 (dreiteiliges Prisma)

Bild 108 Objektiv der Lichtstärke 1:1,2 vor einem dreiteiligen Prisma der Lichtstärke 1:1,4

Herkömmliche Strahlenteilerprismen für TV-Farbkameras setzen sich, wie Bild 108 zeigt, aus drei Teilen zusammen. Nachdem die Lichtstrahlen das Objektiv passiert ha­ben, fallen Sie durch die zur optischen Achse senkrechte Eintrittsfläche in das Prisma ein.

Die gegenüberliegende Fläche (2) ist di-chroitisch beschichtet und reflektiert nur blaues Licht. Dieser reflektierte blaue Licht­anteil fällt unter einem solchen Winkel auf die erste Prismenfläche (1) zurück, daß dort Totalreflexion erfolgt und das Licht durch die dritte Prismenfläche zum Bildsensor (CCD oder Aufnahmeröhre) des Blau-Ka­nals gelangt.

Der rote und grüne Lichtanteil, der die blaureflektierende dichroitische Beschich-tung der zweiten Prismenfläche (2) passiert hat, tritt nach Durchlaufen eines Luftspalts in das zweite Prisma ein und wird an der gegenüberliegenden Prismenfläche mit der rotreflektierenden dichroitischen Beschich-tung in seinen roten und grünen Farbanteil zerlegt. Diese Farbanteile werden den Bild­sensoren des Rot- bzw. des Grün-Kanals zugeführt.

Der Winkel, den die Prismenflächen (1) und (2) miteinander bilden
, wird weitgehend durch die maximale Öffnung ("Lichtstärke") des Objektivs und durch den Brechungsin­dex des Glases bestimmt, aus dem das Pris­ma gefertigt ist. Die Forderung, daß der ge­samte blaue Lichtanteil an der Innenseite von Oberfläche (2) einer Totalreflexion un­terliegt, setzt die untere Grenze des Winkels. Die Forderung, daß Licht aller anderen Far­ben die Prismenfläche (2) passiert (und nicht totalreflektiert wird), legt die obere Grenze des Prismenwinkels fest.

Je größer die relative Öffnung ("Lichtstärke") des Objektivs, also je kleiner seine kleinste Blendenzahl ist, desto größer wird der untere Grenzwert und desto kleiner der obere Grenzwert - desto enger also der mögliche Winkelbereich.

Bei Steigerung der relativen Öffnung des Objektivs wird der Winkelbereich immer enger, bis schließlich der obere und der un­tere Grenzwert zusammenfallen. Das Öff­nungsverhältnis kann dann nicht weiter ge­steigert werden. Das maximale Öffnungs-verhältnis ist bei etwa 1:1,4 bzw. bei Blen­denzahl 1,4 erreicht und variiert je nach dem Brechungsindex des Prismenglases nur ge­ringfügig. Mit einer Prismenkonfiguration gemäß Bild 108 war es unmöglich, diese "Schallmauer" 1:1,4 zu durchbrechen, um lichtstärkere Objektive zuzulassen.

Bild 108 macht deutlich
, was geschieht, wenn ein lichtstärkeres Objektiv, beispiels­weise eines mit dem Öffnungsverhältnis 1:1,2, vor ein Strahlenteilerprisma der Licht­stärke 1,4 gesetzt wird:

Lichtstrahlen, die im Bereich (A) in das erste Prisma einfallen
, werden an der di-chroitisch beschichteten Fläche (2) in einen blauen und einen nicht-blauen Anteil auf­gespalten. Ihr blauer Farbanteil wird zur Prismenfläche (1) zurückgeworfen, dort je­doch wegen des zu kleinen Einfallswinkels nicht totalreflektiert, so daß ein Teil des Lichts das Prisma verläßt.

Lichtstrahlen, die im Bereich (B) in das erste Prisma fallen, treffen auf die Fläche (2) unter einem Einfallswinkel auf, der größer als der Totalreflexions-Grenzwinkel ist. Es kommt also zur Totalreflexion des gesam­ten Lichts, und darum werden auch der rote und grüne Farbanteil, die eigentlich die Flä­che (2) passieren sollten, reflektiert und zum Bildsensor des Blau-Kanals statt zu denen des Rot- bzw. Grün-Kanals gelenkt.

Diese Probleme lassen sich jedoch durch Einfügen eines vierten keilfömigen Prismas in die Systemkonfiguration (genauer: durch Abspalten vom ersten Prisma) lösen.

Vierteiliges Prismensystem 1:1,4

Bild 109 Objektiv der Lichtstärke 1:1,2 vor einem vierteiligen Canon-Farbteiler-Prismensystem

Ein vierteiliges Strahlenteiler-Prismensy­stem ist gemäß Bild 109 aufgebaut. Das zu­sätzliche keilförmige Prisma befindet sich auf der Strahleneintrittsseite und bildet mit dem folgenden Prisma einen Luftspalt. Bei dem von Canon entwickelten Prismensy­stem wurde dieser Aufbau zugrundegelegt. Im folgenden wird sein Prinzip erläutert.


In diesem Prismensystem steht die Flä­che (2) steiler zur optischen Achse, so daß der Einfallswinkel der auf diese Fläche ein­fallenden Strahlen kleiner ist. Daher kann nirgendwo (auch nicht für die in Bild 108 bei (B) einfallenden Strahlen) Totalreflexion auftreten, so daß das gesamte rote und grü­ne Licht an Fläche (2) durchgelassen wird.

 

Die Neigung der Fläche (1) ist so gewählt, daß der Einfallswinkel des dort von der di-chroitischen Schicht her kommenden blau­en Lichts (auch für die in Bild 108 bei (B) einfallenden Strahlen) totalreflektiert wird und im Blau-Kanal bleibt.

 

Damit ließen sich auch lichtstärkere Ob­jektive einsetzen. Doch wurden derartige Prismensysteme noch nicht für den Markt entwickelt, weil das zusätzliche Prisma und die Eignung für größere Öffnungsverhält­nisse viele konstruktive und fertigungstech­nische Schwierigkeiten schaffen.

Die erste Schwierigkeit entsteht durch die größere Länge des Prismensystems. Wenn das System nicht die gleiche optische Glas­dicke wie ein dreiteiliges Prismensystem der Lichtstärke 1,4 hat, beeinträchtigt das die Korrektion der Abbildungsfehler (siehe Sei­te 18), und das Prismensystem verliert die Kompatibilität z. B. mit einem Objektiv der Lichtstärke 1:1,6.

Die zweite Schwierigkeit liegt in der Be­seitigung von Artefakten (Geisterbildern), die im Bildfeld zutagetreten, wenn Licht­strahlen auf anderem als dem vorschrifts­mäßigen Weg reflektiert oder durchgelassen werden (siehe Seite 60). Es sind zwar Me­thoden zur Verhinderung oder Unterdrückung solcher Artefakte entwickelt worden, doch vervielfacht sich die Zahl der in den Griff zu bekommenden Reflexionen durch das zusätzliche Prisma.

Ferner sind der "Shading"-Effekt (Farb­ränder), die Polarisationseigenschaften und andere auf die Leistungsfähigkeit des Pris­mensystems Einfluß nehmende Faktoren zu prüfen und zu optimieren.

Zur Lösung der Konstruktionsprobleme hat Canon ein Computersimulations-Programm für Prismensysteme entwickelt. Es berechnet in kurzer Zeit den exakten Strah­lengang innerhalb der Prismen, sucht nach möglichen "Geisterbildern" und löst noch eine Reihe weiterer Aufgaben. Mit diesem Programm und der inzwischen angesam­melten Erfahrung war es möglich, eine ex­trem lichtstarke Prismenkonfiguration zu entwickeln, mit der sich zahlreiche Forde­rungen optimal erfüllen ließen.
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Prismen für HD-Kameras

Die für das HDTV-System geforderte Lei­stung liegt mehr als zweimal so hoch wie die konventioneller Systeme - und die Abstim­mung zwischen Objektiv und Prisma ist eine entscheidende Voraussetzung für die optima­le Leistungsfähigkeit des Objektivs. Deshalb sind verbindliche Vorgaben hinsichtlich des Prismensystems zum Bestandteil der für die Schnittstelle zwischen 1"-Kameras und deren Objektiven festgelegten Standardisierungsda­ten vereinbart worden (siehe Tabelle).

 

Das 1"-HD-System wird sowohl im Fern­sehstudio als auch zur Produktion von Kino­filmen eingesetzt. In der Spielfilmproduktion sind Objektive hoher Lichtstärke unverzicht­bar, weil ihre fotografische Technik die geziel­te Kontrolle der Schärfentiefe erfordert. Aus diesem Grunde wird empfohlen, HD-Kame­ras mit einem Prismensystem der Lichtstärke 1:1,2 auszustatten, die beim gegenwärtigen Stand der Technik die obere Grenze darstellt.

 

Weil eine Änderung des Farblängsfehlers wegen der Verlagerung der Fokussierebenen in den drei Farbkanälen die Abbildungslei­stung eines HD-Systems sehr stark beeinflußt, sind Standards für das Prismenmaterial und seine Glasdicke vereinbart worden. In der Fertigung des Prismensystems wer­den hohe Anforderungen an die Genauigkeit gestellt. Denn die Präzision der Oberflächen und der zwischen ihnen gebildeten Winkel wirkt sich auf die MTF des gesamten optischen Systems aus.

 

Daß bei den Objektivanschlüssen und den elektrischen Schnittstellen der herkömmlichen TV-Systeme Unterschiede bestanden, hat den Anwendern immer wieder Probleme bereitet. Im HDTV-System dagegen wurde durch eine mit oberster Priorität verfolgte Standardisie­rung Kompatibilität zum Nutzen des Anwen­ders sichergestellt. An einer Standardisierung des 2/3"-Systems wird ebenfalls gearbeitet.

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