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Aus Die Funk-Technik 1956/1 Januar
Zur Technik der Fernsehempfänger

Eine kritische Betrachtung der Fernsehempfänger des Jahres 1955 zeigt dem Techniker, welche Fortschritte in den vergangenen fünf Jahren erreicht werden konnten. Waren die ersten Empfänger der Nachkriegszeit noch ausgesprochen technische und nicht immer einfach zu bedienende Geräte, so zeichnen sich die heutigen Empfänger durch Betriebssicherheit und eine so einfache Bedienung aus, daß sie dem modernen Rundfunkempfänger nicht nachstehen. Die Stabilität aller betriebsmäßig zu bedienenden Stufen ist so groß, daß selbst über Wochen und Monate hinweg ein Nachstellen fast überflüssig geworden ist. Trotz dieses hohen Entwicklungsstandes sind aber noch einige Probleme und Wünsche offen, die einer eingehenden Behandlung und Untersuchung wert sind.

Die Überzeugung, daß für einwandfreien Empfang die Außenantenne
die technisch richtige Lösung ist, ist inzwischen Allgemeingut der Techniker geworden. Trotzdem lohnt es sich aber, der Weiterentwicklung der Einbauantenne einige Aufmerksamkeit zu schenken, denn in vielen Fällen kann sie die Außenantenne ersetzen, wenngleich ausdrücklich darauf hingewiesen werden soll, daß gerade in der sendernahen Großstadt mit Rücksicht auf die dort besonders zahlreich auftretenden Reflexionen oft scharfbündelnde Antennen unumgänglich notwendig sind. Für den Servicemann ist die Einbauantenne aber oft ein willkommenes Hilfsmittel, und die Erfahrung hat gezeigt, daß vor allem die abgestimmte und drehbare Einbauantenne durchaus eine Existenzberechtigung hat.

Die Schaltungstechnik der vergangenen Jahre war
weitgehend durch die zur Verfügung stehenden Röhrentypen bedingt. Die in der Vergangenheit zu beobachtende Standardisierung ist mit dem Aufkommen von Speziairöhren einer individuelleren Schaltungstechnik gewichen. Die Vorteile der getasteten Regelung haben ihren Niederschlag in zahlreichen Geräten gefunden, und ebenso sind schon viele Empfänger gegenüber Interferenzstörungen durch Flugzeuge usw. sehr unempfindlich geworden — ein Problem, das mit zunehmender Dichte des Luftverkehrs für immer weitere Kreise der Fernsehteilnehmer von großer Bedeutung ist. Die Nachbarkanal-Unterdrückung hat heute auch durchweg befriedigende Werte erreicht, aber vielleicht sind für die Zukunft doch noch höhere Werte anzustreben, um in den Gebieten entlanq den Landesgrenzen den Empfang eines zweiten Senders zu ermöglichen, von den vielleicht auftretenden Schwierigkeiten bei der Einführung eines Zweiten Programms ganz zu schweigen.

Bei den ZF-Verstärkern ist im allgemeinen ein guter Amplitudengang festzustellen. Im Interesse einer guten Nachbarkanal-Tonträgerunterdrückung hat die Charakteristik in der Nähe des Bildträgers oft einen starken Knick, der zu erheblichem Phasengang führen kann. Durch diese Phasenfehler kann es zu einer Verschlechterung der Bildqualität kommen. Das Problem des phasenreinen Verstärkers ist aber eng mit dem
Problem der Phasenvorverzerrung auf der Senderseite gekuppelt. Es wäre zu wünschen, daß dieser Fragenkomplex im kommenden Jahre zwischen den technischen Entwicklungsstellen der Rundfunkanstalten und der Geräteindustrie — möglichst auf internationaler Basis — eingehend behandelt würde, um möglichst bald zu einer Norm zu kommen, die mit möglichst geringem Aufwand auf der Empfängerseite noch eine Verbesserung der Bildqualität erreichen läßt. Ähnliche Uberlegungen stellt auch das Ausland bereits an.

Die Feinabstimmung des Kanalwählers
ist im allgemeinen ausreichend, wenn auch manche Empfänger noch einen zu großen Abstimmbereich haben, der den Hörer gelegentlich bei versehentlicher Einstellung auf einen Nachbarkanal ein unzureichendes Bild empfangen läßt. Die Arbeit des herbeigerufenen Service Ingenieurs kann sich zwar dann auf einen einzigen Handgriff beschränken, aber wieviel Zeit ist nutzlos vertan.

Sehr viel dringender aber ist das Problem der richtigen Abstimmung an sich. Mit Erstaunen muß man immer wieder feststellen, wie viele Teilnehmer nicht in der Lage sind, ihren Empfänger optimal einzustellen. Die geringere Bildqualität bei falscher Abstimmung wird resignierend als Faktum hingenommen, das Fernsehbild ist eben nicht besser. Deshalb ist es dringend notwendig, für den Laien eine möglichst eindeutige Abstimmanzeige zu schaffen. Wenngleich das Problem nicht ganz so einfach liegt wie beim Rundfunkempfänger, so dürfte es doch des "Schweißes der Edlen" wert sein, dieser Frage mit allem Nachdruck näherzutreten, damit eine gute Technik infolge eines Einstellfehlers beim Publikum nicht schlecht beurteilt wird.

Die schon erwähnte große Stabilität der modernen Empfänger vor allem auch der Kippgeräte — läßt erneut die Frage auftreten, welche Regler unbedingt auf der Frontseite unterzubringen sind. Es hat den Anschein, als ob bei einem guten Gerät heute neben dem Netzschalter die Regler für Lautstärke, Klangfarbe, Helligkeit und Kontrast genügen können. Ob es auch möglich ist, den praktisch nie benutzten Kanalschalter von vorn wegzuverlegen, scheint zweifelhaft, weil die Feinabstimmung aus konstruktiven Gründen üblicherweise mit dem Kanal-Schalter vereinigt ist. Wenn vielleicht eines Tages Spitzengeräte mit automatischer Scharfabstimmung auf den Markt kommen sollten, dann kann auch dieser Knopf von der Vorderseite verschwinden.

Unabhängig von diesen Überlegungen wäre es aber zu begrüßen, wenn man sich bald auf eine gewisse Norm in der Anordnung der Regler und auf einen sinngemäßen Regel-Regler einigen könnte. Handel und Service würden diese Vereinheitlichung gewiß dankbar begrüßen, weil vor allem bei der Vorführung im Laden das fortgesetzte Umdenken wegfällt, und der Kunde bei unsicherer Bedienung des vorzuführenden Gerätes durch den Verkäufer dann nicht den Eindruck gewinnen kann, daß das richtige Einstellen eines Fernsehempfängers eine Kunst ist, die nur der technische Experte beherrscht.

Eine Fernbedienung sollte heute eigentlich zu jedem Fernsehempfänger gehören; wer einmal damit gearbeitet hat, wird sie nicht mehr missen wollen. Lautstärke und Helligkeit müssen auf jeden Fall fernbedienbar sein, aber auch die Kontrastregelung ist noch fast eine Notwendigkeit. Einmal wird sie benötiqt, um bei Änderung der Raumbeleuchtung eine Anpassung des Kontrastes an die veränderten Beleuchtungsverhältnisse zu ermöglichen, zum anderen ist sie aber vielfach noch notwendig, weil die Einstellung des Kontrastes nach der Grauleiter im Testbild leider nicht immer mit dem optimalen Kontrast für die nachfolgende Sendung identisch ist. Außerdem wird nach Umschaltungen innerhalb des Abendprogrammes oft ein Nachregeln notwendig. Für den technischen Laien ist die völlige Unabhängigkeit der Reglereinstellungen am Gerät und an der Fernbedienung anzustreben, denn die wechselseitige Abhängigkeit der Reglerstellungen verwirrt ihn nur zu leicht. Der für die Umschaltung auf „Fernbedienung" notwendige technische Mehraufwand ist bei den Empfängern der unteren Preisklassen vielleicht aus marktpolitischen Erwägungen nicht immer zu vertreten, sollte aber bei Spitzengeräten keine ausschlaggebende Rolle mehr spielen.

Besonders schwierig ist die Frage der Fernbedienung aus preislichen Gründen bei den Geräten der niedrigsten Preisklasse zu lösen. Der Preis liegt hier oft so hart an der oberen Grenze der finanziellen Möglichkeiten des Käufers, daß eine zusätzliche Fernbedienung tatsächlich unverkäuflich ist. Warum aber entschließt man sich nicht einmal, einen Empfänger zu bauen, der nur für Fernbedienung eingerichtet ist? Man kann die Kosten durch den Fortfall einiger Regler und zugehöriger Schaltelemente verringern, so daß der Endpreis eines solchen Empfängers nicht unbedingt wesentlich über dem eines Empfängers üblicher Bauart liegen muß. Zudem ergäbe sich noch der Vorteil, daß der Laie durch die Vielzahl der sonst - und teilweise doppelt - vorhandenen Regler nicht verwirrt wird.

Hinzu kommt, daß es für die meisten einfacher ist, Helligkeit und Kontrast aus einiger Entfernung als unmittelbar vor dem Bildschirm richtig einzuregeln. Schafft man dann zusätzlich noch auf der Rückseite des Empfängers eine einfache Möglichkeit zum Aufhängen der Fernbedienung, dann dürfte das lange Verbindungskabel auch nicht mehr stören als sonst, denn wer macht sich schon die Mühe und trennt nach Schluß der Sendung die Fernbedienung vom Empfänger?

Welchen Einfluß die Umfeldbeleuchtung - die Beleuchtung der Umrandung - auf den visuellen Eindruck haben kann, haben die Untersuchungen der Kinotechniker gezeigt. Eine geschickt
gewählte Umfeldbeleuchtung läßt das Bild scheinbar größer werden und mehr im Raum stehen. Es tritt damit optisch ein ähnlicher Effekt wie der Raumklang beim Rundfunkempfänger
auf. Um diesen Effekt optimal zu erreichen, muß sich die Helligkeit der Umfeldbeleuchtung automatisch der mittleren Helligkeit des Bildinhaltes anpassen. Durch Wahl des Neigungswinkels der Bildmaskenränder und deren Farbgebung lassen sich sehr gute Effekte erreichen, und ein kritischer Vergleich vieler Geräte zeigte, welche Unterschiede in dieser Richtung heute noch bestehen. Man sollte deshalb auch an dieser etwas am Rande liegenden Frage nicht achtlos vorübergehen, denn gerade für das 43-cm-Gerät könnte sich mancher Vorteil ergeben.

Die Bedeutung des Tones für das Fernsehen ist schon oft diskutiert worden. Daß er nicht zweitrangig ist, hat die Entwicklung gezeigt, denn sehr viel mehr als in früheren Jahren hat man jetzt auf gute Tonqualität Wert gelegt. Besonders anzuerkennen ist, daß man mehr und mehr dazu übergegangen ist, den Schall möglichst in Blickrichtung abzustrahlen. Bei Tischgeräten ist das im wesentlichen eine Frage des Raumes zum Unterbringen der Lautsprecher. Auf jeden Fall sollte man aber versuchen, zumindest ein kleines Hochtonsystem direkt nach vorn strahlen zu lassen, weil dadurch - vor allem bei Sprache - eine sehr viel ansprechendere Wirkung erreicht wird als lediglich mit einem Seitenlautsprecher.

Ob es aber richtig war - vermutlich als Konzession an den Wunsch des Publikums und aus Gründen der Werbung -, die Raumklangtechnik des Rundfunkempfängers in den Fernsehempfänger zu übernehmen, sei jedoch angezweifelt. Beim Rundfunkempfänger hat die Raumklangtechnik ihre Berechtigung, weil sie dem Ohr bei geschickter technischer Lösung eine scheinbar vergrößerte Schallquelle vortäuscht. Beim Fernsehen hingegen muß die Einheit von Bild und Ton unbedingt gewahrt bleiben, wenn nicht beim Zuschauer gewisse, ihm meist unerklärbare Diskrepanzen auftreten sollen, die den reinen Genuß an der Sendung stören. Nur selten ist es dem Fernsehteilnehmer möglich, die Ursachen für dieses Gefühl des Unbehagens genauer zu definieren, aber systematische Versuche haben doch gezeigt, daß von der überwiegenden Mehrheit aller getesteten Personen eine Wiedergabe ohne Raumklangeffekt eindeutig vorgezogen wurde.

Die Gründe hierfür sind psychoakustischer Natur. Während beim Rundfunkempfang die Raumvorstellung nach dem aufgenommenen Klangbild nur unbewußt in der Phantasie des
Hörers entsteht, ist sie beim Fernsehen durch den gleichzeitigen visuellen Eindruck exakt bestimmt. Das Klangbild muß mit dem visuellen Eindruck übereinstimmen, d. h., der „akustische" Durchmesser der Schallquelle muß mit dem „optischen", sichtbaren Durchmesser der Schallquelle in den Abmessungen vergleichbar sein. Der akustische Durchmesser ist dabei im wesentlichen dem Durchmesser der Membrane gleichzusetzen, denn es kommt bei derartigen Betrachtungen nur auf die Größenordnung an. Da nun aber selbst bei Großaufnahmen von
Personen die Lautsprechermembrane immer noch von ähnlicher Größenordnung wie die sichtbare Schallquelle ist, liegt kein zwingender technischer Grund vor, Maßnahmen zu ergreifen,
die dem Gesamteindruck irgendwie abträglich sein könnten.

Die Rundfunk-Fernseh-Kombination mit und ohne Phonoteil ist immer für einen großen Käuferkreis attraktiv. Neben dem Wunsche nach einem repräsentativen Möbelstück für die Wohnung, das auch nach außen hin den Lebensstandard (oder den angeblichen Lebensstandard) seines Besitzers dokumentieren soll, steht der Wunsch der Hausfrau, die es begrüßt, an Stelle mehrerer Einzelgeräte die gesamte Technik an einer Stelle konzentriert zu sehen. In zahlreichen Gesprächen mit Nicht-Technikern kam immer wieder das große Interesse an Kombinationsgeräten zum Ausdruck. Gleichzeitig wurden dabei aber auch Anregungen gegeben, deren Diskussion wertvoll scheint.

Sehr oft wurde in diesen Gesprächen der Wunsch laut, den Fernsehempfänger auch während des Rundfunkempfangs einschalten zu können. Dabei ist es nicht notwendig, auch den Fernsehton zu hören; das Bild allein genügt, denn der Hörer will beispielsweise nur den bis 20 Uhr laufenden Nachrichtendienst hören, aber den Beginn des Fernsehprogramms auf keinen Fall verpassen. Ebenso möchte er während einer ihn weniger interessierenden Fernsehsendung die Möglichkeit haben, eine in dieser Zeit laufende Rundfunksendung zu hören, möchte aber sofort jederzeit auf Fernsehen zurückschalten können, ohne das oft einige Minuten dauernde Anheizen der Röhren abwarten zu müssen.

Daß dieses Problem technisch zu lösen ist, haben einige Geräte bereits gezeigt. Es sei nicht bestritten, daß u. U. technische Schwierigkeiten auftreten können, indem beide Empfängerteile sich gegenseitig beeinflussen. Unangenehm können dabei vor allem die Zeilen-Kippgeräte sein, deren Oberwellen oft bis in den UKW-Bereich hinein stören. Bei zweckmäßiger Anordnung der Chassis und notfalls mit zusätzlichen Abschirmungen ist aber ein störungsfreies Nebeneinanderarbeiten durchaus zu erreichen. Man sollte deshalb diesen verständlichen Wunsch in Zukunft noch mehr als bisher berücksichtigen.

Gegen die Kombination wird gelegentlich geltend gemacht, daß bei Reparaturen an einem Empfangsteil weder Rundfunk- noch Fernsehempfang möglich ist und daß eine solche Kombination „unrationell" sei, weil immer nur einer der beiden Empfänger zu benutzen ist. Der erste Einwand ist infolge der großen Betriebssicherheit moderner Geräte praktisch bedeutungslos geworden. Dem zweiten läßt sich relativ einfach begegnen, denn mit verschwindend kleinem Aufwand ist es möglich, beide Empfänger gleichzeitig zu benutzen. Dazu bedarf es neben den üblichen Buchsen für den Außenlautsprecher lediglich noch eines zweiten Buchsenpaares, das direkt mit dem Ausgang des Rundfunkteils verbunden ist. An dieses Buchsenpaar kann im Nebenraum ein Zweitlautsprecher angeschlossen werden. Die eingebaute Lautsprecherkombination wird über zusätzliche Tasten oder einen einfachen Umschalter dann wahlweise an den Ausgang des Rundfunk- oder Fernsehteils angeschlossen, die beide über getrennte Tasten einzuschalten sind.

Daß es bei einer so einfachen Anordnung nicht möglich ist, vom Nebenraum aus einen anderen Sender einzustellen, ist praktisch kein allzu großer Nachteil, denn im Gegensatz zu früheren Jahren steht heute das „Hören" und nicht mehr die „Wellenjagd" im Vordergrund. Vielleicht ist diese kleine Erweiterung dazu angetan, der Rundfunk-Fernseh-Kombination weitere Freunde zu
gewinnen.

Am Beginn eines neuen Jahres, eines Jahres, das wiederum im Zeichen der technischen Weiterentwicklung stehen wird, seien vorstehende Gedanken als Anregung gegeben. Sie sind der
Niederschlag vieler Gespräche mit Freunden des Fernsehens. Ihre Wünsche möglichst vollkommen mit rationell eingesetzten Mitteln zu erfüllen, ist eine der Aufgaben aller an der Fernsehtechnik Begeisterten.

Eine Betrachtung aus Januar 1956.

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