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Über die Blütezeit der Filmstadt Wiesbaden

Unter dem Titel "Rote Rosen und weißer Flieder" wurde 1995 eine begleitende "Retro"-Broschüre aus der Vergangenheit und der kurzen Episode Wiesbadens als Filmstadt erstellt. Eigentlich als Katalog zu einer Ausstellung gedacht, werden doch viele Tatsachen, Einzelheiten und Vorkommnisse der Wiesbadener Studios, der damals in Wiesbaden gedrehten Filmen und von den Wiesbadener Kinos bis Anfang der 1970er aufgezählt. Hier geht es zum Anfang.

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Ein Oscar für Michelangelo

Über den Kulturfilmer Curt Oertel -  von Thomas Meder

Jeder Film ist potentiell ein Stück Filmgeschichte. In der Regel bleibt dieses verborgen, denn in die "offiziellen" Historiographien gelangen neben den Geschichten, die durch Filme erzählt werden, meist nur auffällige Anekdoten der Produktion oder der Aufnahme beim Publikum. Das Englische ist hier deutlicher in seiner Unterscheidung von "story" und "history".
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Der wichtigste Film von Curt Oertel

Die "history" des wichtigsten Films von Curt Oertel ist anders zu erzählen als dies ein exzellenter Kenner des amerikanischen Kinos tut, der mit seiner Geschichte einer erstaunlichen Verdrängung Vorschub leistet:

Noch in der jüngsten Ausgabe des Movie und Video-Guide von Leonard Maltin ist zu lesen, daß es sich bei MICHELANGELO um ein 68 Minuten langes, "beschwörendes dokumentarisches Porträt des großen Künstlers" von 1950 handle, das den Menschen durch sein Werk erfasse.

Im Original ein Schweizer Film aus dem Jahr 1940, sei dieser für die Vereinigten Staaten neu geschnitten worden und habe darauf einen Oscar als bester Dokumentarfilm gewonnen. Der Film, um den es geht, war in Wirklichkeit eine der herausragenden Kulturfilmproduktionen während der Zeit des Dritten Reiches. Sein Regisseur hieß Curt Oertel - ein Name, der heute fast wieder vergessen ist.

  • Anmerkung : Der Vater des Autors - Gerhard Redlich - kannte Curt Oertel aus der Zeit des Aufbaus des Biebricher Schlosses und der Einrichtug eines technisch perfekten Kinos mit einigen Spezialitäten in 1949. Curt Oertel war demnach auch ein profunder Techniker und hatte viel zu diesem Kino im Biebricher Schloss beigetragen.

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Das mit den Kulturfilmen begann bereits 1917

Die Bedeutung des Kulturfilms, der eine sehr deutsche Erfindung ist, läßt sich heute nur noch schwer ermessen. Allenfalls ist sie mit dem - ebenfalls festgeschriebenen - Bildungsauftrag der öffentlichen Fernsehanstalten vergleichbar.

Schon bei ihrer Gründung 1917 wurde der UFA eine Abteilung auferlegt, die allein mit der Herstellung von Kulturfilmen betraut war. In ihnen wurde alles behandelt, was nicht Kintopp, Erfindung, Fiktion bedeutete: vor allem Themen aus Naturwissenschaft und Technik, aber auch solche aus dem Kultur- und Geistesleben.

Die gängige Herleitung als eine Variante des Dokumentarfilms greift zu kurz, weil dieser in der Regel eine einmalige Konstellation oder ein Ereignis festhält, während jene auf die Wiederkehr von etwas "Immergültigem" verwiesen.

Kulturfilme waren in erster Linie Erklärfilme, in denen man auf das belehrende Wort und die Evidenz der fotografischen Abbildung baute.

Später, als die Nazis die Gattung übernommen hatten, wurden sie verstärkt zu Teilhabefilmen: Was Deutsche Wissenschaft und Technik erreichte, sollte Allgemeinbesitz sein, wo ein Deutsches Kamerateam gedreht hatte, war in der Regel auch ein territorialer Anspruch formuliert.

Im Kino liefen Kulturfilme zwischen der Wochenschau und dem Spielfilm und dauerten in der Regel fünfzehn Minuten. Damit waren sie in einen bestimmten Rahmen, einen Funktionszusammenhang, eingespannt.

Wenn ein Film diesen Rahmen überschritt, um in normaler Spielfilmlänge aufzutreten, verhieß allein das einen besonderen Anspruch: umso mehr, wenn es sich um eine Schweizer Produktion, ein italienisches Thema und einen deutschen Regisseur handelt. (1)
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Curt Oertel - ein interessanter Außenseiter

Curt Oertel hat im Laufe seiner Karriere diese und ähnliche Regeln einige Male eigenwillig umgeschrieben. Er ist ein interessanter Außenseiter, dessen Zeit sich aber ziemlich genau mit dem mittleren Drittel der einhundert Jahre Filmgeschichte deckt, an die 1995 erinnert wird.

Und diese Zeitspanne, die von der Einführung des Tonfilms bis zum Aufstand der Jungfilmer in Oberhausen reicht, ist trotz vieler Bemühungen noch immer ein ziemlich unbekanntes Terrain.

Curt Oertel wird am 10. Mai 1890 in Osterfeld/Thüringen geboren. Sohn eines Verlegers von Kunstdrucken, beginnt er mit dreizehn Jahren eine Lehre bei der "Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Fotografie, Lichtdruck und Gravüre" in München.

Er erweitert seine Kenntnisse systematisch, bis er über eine umfassende fotografisch-technische Ausbildung und ein eigenes Labor (in Berlin) verfügt. Im Weltkrieg ist er zur Flieger- und Luftbeobachtung eingesetzt.

Die ersten wichtigen Vorspanntitel erhält er für die Mitarbeit (er selbst schreibt von Probeaufnahmen) an zwei Stummfilmen Georg Wilhelm Pabsts: DIE FREUDLOSE GASSE und GEHEIMNISSE EINER SEELE.

Ab 1928 betreibt Oertel mit seinen eigenen Worten "viele Versuche und Studien, das bisher unerforschte Gebiet der Kunst für die Leinwand zu erobern". (2)
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Das "unerforschte Gebiet der Kunst für die Leinwand"

Das stimmt nicht ganz, denn in Berlin existiert seit 1919 das Institut für Kulturforschung des Hans Cürlis, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Künstler bei der Arbeit in ihren Ateliers zu beobachten und zu dokumentieren.

Von diesen wichtigen Zeugnissen setzt sich Oertels erster Versuch, den er gemeinsam mit Rudolf Bamberger unternimmt, aber bereits ab. DIE STEINERNEN WUNDER VON NAUMBURG (1932) ist der Versuch, einen der bedeutendsten Skulpturenzyklen des Hochmittelalters in drei "musikalisch" komponierten Sätzen erlebbar zu machen.

Die absurd nationalisierende Kunst- und Kulturpolitik der NSDAP hat kurz darauf Fotografien der Naumburger "Uta" und des "Bamberger Reiters", die beide ohne französische Vorbilder nicht denkbar sind, als nationale Ikonen in die deutschen Wohnzimmer gebracht.

Die Personalunion der beiden Filmemacher - der Jude Rudolf Bamberger verlor sein Leben 1945 in Auschwitz - läßt aber darauf schließen, daß die Freude am Experiment und der Enthusiasmus der Möglichkeiten filmischen Nacherlebens hier über eine weltanschauliche Aussage dominieren sollten.
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Die Sicherung deutscher Kulturgüter vor Kriegsende

Curt Oertel hat sich weiter mit ähnlichen Aufgaben beschäftigt, bis zu einer großangelegten Sicherungsmaßnahme deutscher Kulturgüter, die er als Spezialauftrag in den letzten Kriegsjahren durchführt.

Über die Erfindung, gleichzeitig fotografisch zu dokumentieren und filmisch zu inszenieren, schreibt er: "Die besondere Aufgabe erfordert eine besondere künstlerische Form. Der Film ist weder ein Spielfilm noch ein Kulturfilm. Vom Spielfilm unterscheidet er sich dadurch, daß keine 'handelnden Personen' auftreten. Dennoch hat er eine Handlung und große menschliche Konflikte. Zum Kulturfilm verhält er sich vergleichsweise wie eine Rede zu einem Vortrag. Der Vortrag wendet sich in erster Linie an den Verstand, die Rede jedoch an den Willen und die Leidenschaft der Zuhörer, die durch das Erlebnis der Rede mitgerissen und in Spannung gehalten werden ".

Sein einziger Spielfilm - "Der Schimmelreiter"

Im Anschluß an den Naumburg-Film dreht Oertel in Verbindung mit Hans Deppe bei Husum, an der Westküste von Schleswig-Holstein sowie in Lübeck seinen einzigen Spielfilm, eine freie Version von Theodor Storms Novelle "Der Schimmelreiter".

Die Titelrolle wird mit dem späteren Staatsschauspieler Mathias Wieman besetzt; als dessen Frau, mit der der Deichgraf Hauke Haien am Ende gemeinsam ertrinkt, agiert Marianne Hoppe. Eigentlicher Protagonist des Films ist die Landschaft.

Die Filmemacher erreichen diesen Eindruck mit dem Kunstgriff, alle handlungsfördernden Elemente zu stilisieren, indem sie Innenräume, in denen viel Dialog stattfindet, genrehaft zurichten, Lieder in voller Länge integrieren und sogar mit Schrifttafeln operieren. Diesen erzählerischen Festlegungen steht die expressive Fotografie (Kamera: Alexander von Lagorio) gegenüber, die als Subtext eine Atmosphäre von schwülstiger Erotik und offener Todesverheißung schafft. Die Kritikerin Frieda Gräfe nannte den SCHIMMELREITER, gleichzeitig provokativ und lakonisch. "Filmkunst aus der Nazizeit".

Das unglückselige Projekt POLE POPPENSPÄLER

1935 ist Oertel mit den Vorarbeiten zu einer weiteren Storm-Bearbeitung befaßt, dem unglückseligen Projekt POLE POPPENSPÄLER. Es ist nicht klar, wie weit er an dem 42 Minuten langen Film tatsächlich beteiligt war. (3)

Im selben Jahr bringt Oertel ein eigenartig "völkerverbindendes" Projekt zustande, mit dem der Toten des Ersten Weltkrieges gedacht werden soll.

Für DAS GRABMAL DES UNBEKANNTEN SOLDATEN filmt er bereits in Österreich, Belgien, Frankreich, Großbritannien und auf dem Balkan. Das Pathos dieses Films wirkt heute, gemessen an seinem Sujet, anachronistisch. Oertel setzt nun, mit dem gleichen Rezept, zu seinem großen Wurf an.

Der MICHELANGELO-Film

Der MICHELANGELO-Film hatte am 22. März 1940 im Berliner UFA-Palast eine Gala-Premiere, begleitend gab das Große Orchester des Deutschland-Senders Beethovens "Prometheus"-Ouvertüre. Großes mit Großem zu verbinden war eine beliebte Strategie der NS-Kulturverwalter. Doch die eigentliche Uraufführung hatte bereits anderthalb Jahre vorher stattgefunden, auf den Festspielen von Venedig; dort wurde der Film mit einer Anerkennungsmedaille für die Regie ausgezeichnet. (4)
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Der Sonderweg der "deutschen Filmkunst"

Dies ist eine der Ungereimtheiten, die den Sonderweg der "deutschen Filmkunst" in dieser Zeit auszeichnen, und gleichzeitig ein eklatantes Zeichen für die allein an der politischen Verwertbarkeit interessierte Aufführungspolitik des NS-Regimes:

Zunächst abgelehnt, weil es sich bei MICHELANGELO auch beim besten Willen nicht um eine germanisierbare historische Figur handelt (wie zu dieser Zeit Rembrandt oder Mozart), wird der Film nach Maßgabe der politischen Großwetterlage plötzlich hoffähig.

Auch wenn es falsch sei, so wies der obligatorische Zeitschriften-Dienst an, von einer neuen Filmform oder gar von einem neuen Filmstil zu sprechen, so müsse doch anerkannt werden, daß Oertel die Werke des Künstlers mit "außerordentlich starkem künstlerischen Verständnis aufgenommen hat; Michelangelos starker Einsatz technischer Hilfsmittel ... und sein Schaffen inmitten einer vom Krieg durchtobten Zeit können zum Ausgangspunkt für Betrachtungen und Bildberichte genommen werden, die ohne grobe Betonung auf die deutsch-italienische Kulturgemeinschaft abgestimmt sind" (5).

Der Film wird zum gegebenen Zeitpunkt als Politikum vereinnahmt; man will - während der "Achse" - keine Verärgerung des politischen Verbündeten riskieren, ihn aber auch nicht unnötig hofieren.
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Die Interns der Oertelschen Filme

Die Jury von Venedig hatte jedoch keine weiteren Ersatzführer in Gestalt eines "großen Mannes" prämiert, wie er in Nazi-Deutschland so häufig von der Kinoleinwand herunter wirkte.

Vor allem die eigenartige Form der Vermittlung, die Curt Oertel gefunden hatte, fand hier Beifall. Oertel zeigt, wie in den meisten seiner Filme, überhaupt keine lebenden Menschen, sondern belebt statisches Material, in diesem Fall die Marmorstatuen Michelangelos, mit genuin filmischen Mitteln.

An diesen inszenatorischen Tricks ist jedes Oertel-Werk zu erkennen: Der Kamera öffnen sich Türen wie von Geisterhand, Blicke in alte Bücher und auf Landkarten werden häufig mit Realaufnahmen überblendet; Requisiten spielen eine Hauptrolle. Es windet, nebelt und raucht.

Die Bilder richten sich nach einer Stimme, die häufig wechselnden Sprechern gehört. Den heutigen Zuschauer beeindrucken diese Filme mit dem humanistisch gelehrten Pathos eines Geschichtslehrers kurz vor der Pensionsgrenze.
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Das bizarre Schicksal des "MICHELANGELO"

Das bizarre Schicksal des MICHELANGELO nach 1945 schildert ein Zitat: "Eine Kopie des Films war mit den deutschen Truppen ins besetzte Paris gekommen und nach der Befreiung von den Franzosen den Amerikanern für ihr Filmarchiv zur Verfügung gestellt worden. Dort stöberte der alte amerikanische Dokumentarfilmmeister Robert J. Flaherty den Film auf. Er erwarb vom Produzenten (der Schweizer Pandora-Film) die Rechte, ließ durch eine Gruppe junger Filmleute neue Texte schreiben und sorgte für neue Musikbegleitung". (6)
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Robert J. Flaherty : Aus MICHELANGELO wird "THE TITAN"

In der Tat griff Flaherty schwer ein, kürzte den Film um ein Drittel, änderte den Text und versah ihn schließlich mit dem Titel THE TITAN. Aus dem Kulturfilm wurde ein Dokudrama, das bei seinem Neustart in New York begeisterte Stimmen in New York Herald Tribüne, Variety und - von Bosley Crowther - in der New York Times erhielt.

75.000 New Yorker sahen den Film in den ersten sechs Wochen. Ähnlicher Lorbeer wurde auch in Europa vergeben, selbst wenn dabei unfreiwillig neo-nationalistische Töne herauskamen:

"Allerdings können sie (Time und Newsweek) es sich nicht verkneifen, Curt Oertel als Schweizer Produzent zu bezeichnen und zu behaupten, die Deutschen (also die Nazis) hätten während des Krieges den Film 'weggeschnappt' und ihn als Produkt ihrer eigenen 'Nazi-Kultur' im besetzten Ausland herausgebracht". (7)

War das jetzt ein "deutscher" Film ?

Am Ende ist es eine Frage der Perspektive, ob man diesen Film, trotz seiner Schweizer Produktionsfirma, als "deutsch" bezeichnen will oder nicht. Nachweislich hat Oertel auch in Berlin eine Produktionsgesellschaft betrieben, in der Meraner Straße Nr.9 in Schöneberg.

Das Kriegsende erlebt er gemeinsam mit seinem Bruder Franz, der an allen Filmen als Autor und Organisator maßgeblich beteiligt war, im Harz. 1946 helfen ihm der Ruf des Nonkonformisten und Neuerers (8) ebenso wie seine Verbindungen ins Ausland, nunmehr als einer der ersten Funktionäre wieder Fuß zu fassen. Vermutlich auf Betreiben Eric Pommers wird Oertel nach Wiesbaden gelotst.
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1949 - Die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) der Filmwirtschaft

In einer konzertierten Aktion aller beteiligten Kräfte, die der Wiesbadener Oberbürgermeister Hans H. Redlhammer engagiert unterstützt, wird hier unter maßgeblicher Beteiligung von Oertel in den folgenden Jahren die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) der Filmwirtschaft nach US-Vorbild eingerichtet. (9)

Nicht mehr der Staat ist nun oberster Zensor, unabhängige Gutachter befinden am Einzelfall über die Freigabe. Sitz der Organisation, die im September 1949 mit einem Festakt offiziell ins Leben gerufen wird, ist der weniger zerstörte Westteil von Schloß Biebrich. (10)

Oertels nicht immer glückliche Hand in der Politik

In den folgenden Jahren wird Curt Oertel Präsident des Verbandes der Filmproduzenten in der US-Zone, Ehrenpräsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und deutscher Vertreter bei der UNESCO.

Weiter betreibt er Filmklubarbeit und steht Pate bei der Gründung des Deutschen Instituts für Filmkunde. Doch seine Laufbahn als Funktionär erleidet bald den entscheidenden Einbruch, als er nämlich im Oktober 1950 gegenüber einer amerikanischen Agentur von zunehmend nationalistischen Tendenzen in der deutschen Filmwirtschaft spricht und sich gegen die Kontingentierung ausländischer Filme wendet.

Obwohl auch nach diesem Eklat noch hochgeehrt, muß man bei der Sichtung von Curt Oertels Aktivitäten in politischen Gremien zu dem Schluß kommen, daß er hier nicht immer mit glücklicher Hand agierte.

Im November 1950 wird Curt Oertel Chefberater für die Programmgestaltung der Fernsehstudios des NWDR, in der Folge warnt er in Vorträgen vor einer generellen Ächtung des aufkommenden Fernsehens durch das arrivierte Medium Film.

Ein Oertel Film : DAS JAHR 48

Die Stadt Wiesbaden ehrt Curt Oertel am 7. Mai 1951 anläßlich der Internationalen Maifestspiele mit der Goldenen Plakette der Stadt, bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin im Juli 1956 erhält Oertel eine Ehrung der Arbeitsgemeinschaft der Filmjournalisten.

Im Wiesbadener Schloß (nicht Biebricher schloß) hatte 1947 auch die Curt Oertel Film-Studiengesellschaft ihren Sitz genommen, mitsamt Ateliers und Schneideräumen. Hier entstehen eine Reihe kürzerer und auch langer Kulturfilme nach dem bewährten Strickmuster. (11)

Hervorzuheben sind DAS JAHR 48, kompiliert zum einhundertjährigen Jubiläum der Paulskirchenversammlung und als Lehrstunde für die wiederzuerlernende Demokratie in Deutschland gedacht. Weiterhin eine umfassende Architekturgeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika mit dem Titel NEUE WELT - VOM WIGWAM ZUM WOLKENKRATZER, an der Oertel von 1951-53 mit zahlreichen Museen in den Vereinigten Staaten kooperiert; schließlich die Luther-Biographie DER GEHORSAME REBELL (1952), für die in Wiesbadener Studios gedreht wird.

Spektakulärer sind allerdings die tatsächlich historischen Aufnahmen des Films, denn Oertel verwendete hier zahlreiche Doubletten aus der unveröffentlichten Dokumentation DIE DEUTSCHEN, die er 1943/44 zur filmischen "Sicherung" deutscher Kulturgüter aufgenommen hatte.

Themen von Kurzfilmen sind der COLLECTING POINT, eine Sammelstelle sichergestellter Kunstwerke, des weiteren JUNGBRUNNEN, eine Werbung für Kurbäder, und der Besuch des Dokumentarfilmers Robert Flaherty "im Schloß"; schließlich wieder Filme, die mit Reisen verbunden sind.

Curt Oertel stirbt am 1. Januar 1960 in Limburg nach einem Autobahnunfall auf der Heimreise von Bonn, dort hatte er in Sachen Film verhandelt.

Aus Anlaß des 500. Geburtstages Michelangelo Buanarottis nimmt das Zweite Deutsche Fernsehen am 6. April 1975 den MICHELANGELO Curt Oertels in sein Programm und eröffnet damit gleichzeitig seine Matinee am Sonntag. Ein außergewöhnlicher Kulturfilm wird an das Medium übergeben, das die "volksbildende" Funktion der Gattung seither vollständig übernommen hat.
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Quellen und Verweise

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  1. (1) Neben Flahertys Verstümmelung existieren Fassungen von 82 Minuten (2.239 m) bzw. 93 Minuten (2.560 m).
  2. (2) Dieses und das folgende, nicht nachgewiesene Zitat aus einem Bogen zum Erhalt einer Lizenz nach 1945, der sich in einem privaten Nachlaß Curt Oertels in Wiesbaden befindet.
  3. (3) vgl. die Broschüre "Theodor Storm im Film", hg. von Günter Spurgat, Lübeck 1987, S. 25. Im übrigen bemühte sich eine der letzten geplanten Farbfilme des Dritten Reiches um denselben Stoff. Von den Bildern, die Veit Harlans Herstellungsgruppe in den letzten Kriegstagen wiederum an der Nordsee aufnahm, fehlt jede Spur.
  4. (4) Enrico Lancia, I Premi del Cinema 1927-1990, Roma: Gremesse 1991, S. 64: "Lungometraggio: Michelangelo - la Vie d'un Titan, comm. Charles Spaak (per la versione in lingua francese), 90 Min. Medaglia di Segnalazione per la Regia."
  5. (5) zit. nach Otto Thomae, Die Propaganda-Maschinerie. Bildende Kunst und Öffentlichkeitsarbeit im Dritten Reich. Gebr. Mann Studio-Reihe. Berlin 1978. S. 154
  6. (6) Die Tat. 12. Februar 1951
  7. (7) Wiesbadener Kurier. 2. April 1951
  8. (8) Der französische Filmtheoretiker Andre Bazin nennt den Film einen wichtigen Vorgänger der filmischen "Animationsbewegung" von bildender Kunst, die unmittelbar nach dem Krieg v.a. in Frankreich und Italien ihre Blütezeit erlebte. In: der französische Kulturfilm. Bd. 2. hg. vom Institut zur Förderung der deutsch-französischen Beziehungen. Mainz 1954. S. 14.
  9. (9) vgl. Curt Oertcl. Das heiße Eisen: Die Filmzensur. In: Der neue Film. Nr. 6. Wiesbaden, 21. März 1948
  10. (10) Horst G. Feldt. Selbstkontrolle in deutscher Hand. In: Der neue Film. Nr. 27. Wiesbaden. 30. September 1949
  11. (11) p.t. Die erste Filmlizenz in Hessen. In: Darmstädter Echo. 9. Januar 1947. Cf. weiter eine Filmographie Curt Oertels. In: Filmfaust. Nr. 40/41. 1984. S. 62

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