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Ein Programm-Rückblick bis 1972 - Fernsehen ab 1951

Diese Programm-Seiten stammen aus einer Rückblick-Perspektive der bedeutendsten Programmzeitschrift in Deutschland West aus dem Springer Verlag - unter der Direktive von Chefredakteur Eduard Rhein. - Eduard Rhein beschreibt seinen Werdegang bei der "HörZu" in seinem dicken Buch "Ein Jahrhundert Mann". - Zur Einleitung geht es hier lang.

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BILDER, SCHLAGZEILEN UND ANEKDOTEN - EIN NEUES MEDIUM EROBERT DEUTSCHLAND

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Erste Ansagerin : Irene Koss

Lächelt durch das neue >Fenster<: Irene Koss

Unter 60 Bewerberinnen fischt sich Hamburgs Programmchef Hanns Farenburg eine junge Schauspielerin heraus: Irene Koss vom Flensburger Stadttheater. Aber >spielen< soll sie nicht. »Warte man, Mädchen«, vertröstet er sie, »eines Tages kommt das schon, jetzt brauchen wir dich zum Ansagen.« Und auf ihre Frisur zeigend, sagt er: »Laß dich mal kurz schneiden, damit du ein Typ wirst.«

Das war Ende 1950. Zunächst konnte das erste deutsche Telemädchen vor Hemmungen kaum aus den Augen gucken. Aber Farenburg hielt zu ihr: »Die wird, det könnt ihr mir glauben.«

Der gebremste Charme der spröden Schönen aus dem Norden kommt bei den
Zuschauern an. Frauen lassen sich ihre Haare a la Irene schneiden, Männer schicken Blumen, Liebesbriefe und Heiratsanträge.
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»Nette Bescherung« - Fernsehen unterm Weihnachtsbaum

Vom ersten Tag an: In seinem >Zauberspiegel< veröffentlicht HÖRZU das regelmäßige Programm der Fernseh-Anstalten

»Unsere vier Wände, in denen wir wohnen, haben ein neues Fenster bekommen«, schreibt HÖRZU in der Weihnachtsausgabe 1952. Zwei Jahre nach Beginn der Versuchssendungen starten die Mattscheibenpioniere aus Hamburg das erste regelmäßige Programm.

Vor wenigen Fernsehgeräten - 4664 sind erst produziert - sitzt am ersten Feiertag ein erwartungsfrohes Publikum. Punkt 20 Uhr verheißt Intendant Dr. Pleister den Zuschauern eine schönere Zukunft: »Das Fernsehen schlägt eine Brücke von Mensch zu Mensch, von Völkern zu Völkern...«.

Dann rollt das kleine Fernsehspiel über die Entstehung des Liedes >Stille Nacht< ab, gefolgt von Norbert Schultzes Tanzspiel >Max und Moritz<. Nach 118 Minuten verliest Irene Koss die Absage und einen hübschen Kalenderspruch: »Eines nur ist Glück hienieden, eins: des Innern stiller Frieden.«
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Eine Woche nach dem Start wird ein Krimi gesendet: Alfred Schieske und Karl John in > Inspektor Tondi<

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Conny Froboess singt von der Schneeballschlacht

Der zweite Feiertag bringt eine >Nette Bescherung< : Friedel Hensch und Ilse Werner singen neue Hits, Helmut Zacharias geigt, und die kleine Conny Froboess trällert unterm Tannenbaum. Der Conferencier ist im letzten Moment eingesprungen, er heißt: Peter Frankenfeld.

Am 27. 12. schreibt Dr. Kurt Wagenführ, Nestor der Fachjournalisten und Vorkämpfer für ein deutsches Fernsehen, in sein Tagebuch: »Die Filme sind nicht gut geschnitten und auch nicht gut gewählt, die Besetzung nicht ausreichend, das Manuskript zusammengehauen«, der bunte Abend »einfach lieblos, dazu eine Kameraführung, flau und unzureichend«.

Den Fernsehleuten schwant: Noch ist Programm-Machen ein >Ritt über den Bodensee<.
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Ein toller Apparat - aber warum soll man ihn kaufen?

Eines der ersten Fernseh-Tischgeräte nach dem Kriege. Der stattliche Preis: 998 Mark

Ein teures Vergnügen ist das, fernsehen! Runde 1000 Mark kosten die ersten Tischgeräte, die dazu nur eine Bildfläche von 22 mal 29 cm haben. Aber es ist ja nicht nur der Preis. Man hört auch so allerhand:

Fernsehen ist schädlich für die Augen! Fernsehen tötet Kanarienvögel und Fische, Fernsehen schafft Analphabeten. Fernsehen zerstört das Ehe- und Familienleben!

Ein solcher Apparat kommt nicht ins Haus!

Und das Programm ist auch nicht gerade attraktiv: >Niederdeutsche Plastiken< oder >Kerzenzieher bei der Arbeit< locken sowenig wie Tanzkurse und Ski-Unterricht. Da macht man sich lieber im Kino >ein paar schöne Stunden< und wartet erst einmal ab. Und wenn HÖRZU wirklich eine tolle Sendung ankündigt, laden wir uns einfach bei den lieben Nachbarn ein. Die freuen sich bestimmt, wenn wir kommen.
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Chronik 1952

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  • Am 20. 10. wird zwischen Hamburg und Berlin die längste >Fernsehbrücke< der Welt in Betrieb genommen. 120km liegen zwischen den Sendetürmen bei Nikolassee und Höbek an der Elbe.
  • Die Bierbrauer fordern: Fernsehen darf höchstens an zwei Abenden ausgestrahlt werden. Sie fürchten um den Umsatz in den Gaststätten.
  • Die >DDR< beginnt am 21.12., vier Tage vor dem Start des deutschen Fernsehens, mit regelmäßigen Versuchssendungen.
  • Die erste >Tagesschau< startet am 26.12. mit vier Themen: Eisenhower aus Korea zurück / Richtfest für das neue Fernsehstudio in Hamburg / Eisrevue Baier / Fußball: Deutschland - Jugoslawien.
  • Als ersten zahlenden Fernsehteilnehmer registriert die Deutsche Bundespost: Eduard Rhein, Chefredakteur von HÖRZU.
  • Kabarettist Oliver Hassenkamp entdeckt die Transparenz des Femsehens. Er frotzelt: »Prominenz, benimm dich, das Volk sitzt in der Loge.«

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