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Filmgeschichte(n) und Filmchronik(en) - Von 0 bis 1957

überarbeitet, korrigiert und kommentiert von Gert Redlich im Juli 2016 - Hier findenSie die bislang umfangreichste und detailierteste Historie der weltweiten Entwicklung des Films, der Filmwirtschaft (und des Kinos). Der Deutsch-Engländer Heinrich Fraenkel (geb. 1897) war hautnah dabei gewesen und beschreibt 1956/57 zwei weltweite Epochen des Films : Es beginnt mit -- Teil I -- "Von der Laterna Magica bis zum Tonfilm" und geht weiter mit -- Teil II -- "Vom Tonfilm bis zum Farbfilm"

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Teil I - KAPITEL 06
"DIE GEBURTSWEHEN DER UFA"

Von den Meinungsverschiedenheiten eines Generals und eines Bankdirektors / Vom Erfinder des Generaldirektors / Von Ernst Lubitsch und Joe May / Vom Wiener Filmgrafen und anderen Aktivposten / Von Pola, Fern und Ossi / Vom Bilanzwert schöner Augen und hübscher Beine / Von der Kriegsnot, aus der man die Tugend eines „filmautarken" Deutschland machte.

Die Keimzellen der UFA (Universum Film Aktiengesellschaft)

Von einer der Keimzellen der Ufa war schon die Rede; aber die Projektions A.G. Union war bei weitem nicht die einzige.

Da war, um nur die wichtigsten zu nennen, der schon ganz hübsch angewachsene Oskar Messter-Konzern mit dem Kassenmagneten Henny Porten und mit einer Wochenschau (die übrigens später an die D.L.G. e.V. verkauft wurde).

Da war vor allem die solide deutsche Vertriebs- und Theaterorganisation der Nordisk, in der die besonders beliebten skandinavischen Stars wie Valdemar Psylander, Gunnar Tolnaes, Viggo Larsen und Olaf Fönss in gute Mark und Pfennige "ausgemünzt" wurden.

Die Deutsche Bank war auch mit dabei

Es fehlte also nicht an Keimzellen, und es fehlte auch keineswegs an Geburtshelfern, die dem Neugeborenen gute Hebammendienste leisteten, und da es sich schon bei der Geburt um ein ungemein gewichtiges Baby handelte, waren auch die Geburtshelfer entsprechend gewichtige Persönlichkeiten wie Emil Georg v. Stauß, einer der jüngsten und ehrgeizigsten Direktoren der Deutschen Bank.

Er hatte sich schon mit rumänischem Erdöl und mit der "Bagdadbahn" ein paar schillernde Federn an seinen (Ehrendoktor-) Hut gesteckt und sollte dafür noch kurz vor dem Ende der Monarchie im Jahre 1918 geadelt werden. Aber schon im Jahre vorher half er bei der Geburt der UFA.

Die eigentliche Keimzelle der UFA war angeblich der 1.Weltkrieg

In vielen Büchern kann man lesen, daß die eigentliche Keimzelle der UFA der Weltkrieg gewesen und daß sie von einem noch viel prominenteren Geburtshelfer als einem Bankdirektor, nämlich von dem General Ludendorff geschaffen worden sei, und zwar als Tochter der BUFA.

Das stimmt nicht ganz und hat nur einen kleinen Wahrheitskern: eben die (oder vielmehr das) BUFA, also das „Bild- und Filmamt". Das war in der Tat eine Ludendorffsche Gründung, welche der auf filmischem Gebiet sehr rührigen alliierten Propaganda ein Paroli bieten sollte.

Aber sie tat das nicht sehr geschickt, sie tat es sogar so ungeschickt, daß ihr hoher Gönner Ludendorff Wutanfälle bekam und durchaus bereit war, Herrn v. Stauß' Plan einer straffen Organisation der Filmindustrie seine gewichtige Hilfe zu leihen.

Der General und der Bankdirektor und die UFA

Der General stellte sich die Sache freilich etwas anders vor als der Bankdirektor. Ludendorff dachte an eine Art Vereinheitlichung der deutschen Filmindustrie, um sie dann, sozusagen mit militärischer Disziplin, zum geschlossenen Einsatz für die nationale Sache zu bringen.

„Ich füge hinzu, daß es sich um werbende Ausgaben handelt", war das Schlußwort des gewiß nicht kleinlichen Generals, was zur Folge hatte, daß der Neugeborene vom Vater Staat acht Goldmillionen in die Wiege gelegt bekam.

Diese wurden zwar nach dem Krieg an die Reichsbank zurückbezahlt, aber inzwischen hatte sich die UFA entschieden mehr nach den Ideen des Herrn v. Stauß (und seiner Keimzellenlieferanten) entwickelt als nach denen des Generals Ludendorff.

Von seiner BUFA war nur die Anregung des Firmennamens oder vielmehr die Abkürzung der sehr wirksamen Schutzmarke UFA übriggeblieben, als Herr v. Stauß sich entschloß, seinem dicken Sorgenkind vor die Firmenworte „Film-Aktiengesellschaft" das Wörtchen „Universum" zu setzen.

Das dicke Baby und die Beteiligung der Projektions AG. Union

Ein Sorgenkind wurde die UFA übrigens erst später, denn als Neugeborenes war sie ein ungewöhnlich dickes Baby, dank der vielen gesunden Keimzellen mit dem respektablen Gründungskapital von fünfundzwanzig Millionen.

Neben der sehr erheblichen Beteiligung des Messter-Konzerns und der Nordisk - beide schon Millionenkonzerne - verdient eine finanziell noch nicht so gewichtige Einlage durch die dahinterstehenden Persönlichkeiten besonderes Interesse: die Beteiligung der Projektions AG. Union, also der gleichen Firma, die im Jahre 1912 durch Ludwig Gottschalk die "Abgründe" im Monopolverleih für ganz Deutschland erworben und sich den Star gleich selber verpflichtet hatte.

"Was dem Messter seine Henny" . . .

„Was dem Messter seine Henny, das ist dem Davidson seine Asta", sagte man damals in der Branche.

Wer war dieser Paul Davidson'? und wer waren Joe und Mia May und Ernst Reicher und Fern Andra und Ossi Oswalda und andere, die schon vor 1914 von sich reden machten ?

Um die Menschen, die Leistungen und Hoffnungen kennenzulernen, die später den vielen sauber gebündelten Aktienpaketen Fleisch und Blut und Leben geben sollten, müssen wir ein paar Jahre zurückblenden.

Rückblende zurück ins Jahr 1905 . . .

Paul Davidson kam wie viele Großmoguls der Filmindustrie in Europa und Amerika aus der Konfektion; aber er ist schon 1905 in Frankfurt a. M. energisch ins Kinogeschäft „eingestiegen" und hat bereits 1906 in Mannheim und 1908 am Berliner Alexanderplatz seine ersten „richtigen" Kinotheater gebaut, die sich von den Eintagsfliegen der Schlauchläden nicht nur durch ihre Dauerhaftigkeit, sondern auch durch Größe und Ausstattung unterschieden.
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Paul Davidson baute mehr als fünfzig Union-Theater (U.T.)

Er erwarb und baute mehr als fünfzig weitere Union-Theater (U.T.), ging ins gesamtdeutsche Verleihgeschäft und revolutionierte dadurch, wie wir schon gesehen haben, das Vertriebssystem der Industrie.

Als es ihm gelang, die Nielsen unter langjährigen Vertrag zu nehmen, gab er seiner (schon 1910 gegründeten) Projektions A.G.-Union einen enormen Auftrieb; mit dem verhältnismäßig bescheidenen Grundkapital von einer halben Million ging der bisher nur als Theater- und Verleihmann prominente Davidson in die Produktion, um sich da im Laufe der nächsten zehn Jahre seine eigentliche (und sehr geräumige) Nische in der Ruhmeshalle der deutschen Filmgeschichte zu zimmern.

Davidson - der Erfinder des „Generaldirektors"

Man sagt von Davidson, er sei der Erfinder des „Generaldirektors". Tatsächlich hatte er schon ein paar Jahre vor dem Weltkrieg einen nicht unbegründeten Anspruch auf diesen in der Filmindustrie so beliebten Titel.

Der kleine, untersetzte Mann mit dem markanten Kopf war sich seiner Würde durchaus bewußt und trug gern (und nicht ohne Charme) ein Monokel. Es kursieren über ihn nicht weniger Anekdoten als über den aus der Handschuhbranche hervorgegangenen Hollywood-Magnaten Sam Goldwyn, aber ich will nur die beiden zitieren, für deren historische Wahrheit ich mich verbürgen kann.
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Zwei Anekdoten von und über Davidson

„Meine Herren", sagte Davidson einmal in dem harten Akzent seiner ostpreußischen Heimat, „das ist für mich eine conditio sine Kanone", und bei einer anderen Auf Sichtsratssitzung bemerkte er, nach einer scharfen Debatte höflich einlenkend: „Meine Herren, jede Sache hat eben ihr pro und für".

Dagegen kann ich nur ohne Echtheitsgewähr den Ausspruch kolportieren, den er getan haben soll, als Ernst Lubitsch und sein Dramaturg Hanns Kräly als Titel für einen Pola-Negri-Film den polnischen Nationaltanz Krakowiak vorschlugen. Denn die schöne Polin war ja Tänzerin, bevor sie zum Film kam.

„Mag ein ganz brauchbarer Stoff für die Pola sein", soll der Generaldirektor monokelblitzend erwidert haben, „aber wer, zum Teufel, soll denn den Krakowiak spielen?"

Das könnte er gesagt haben, und jedenfalls war Paul Davidson eine Persönlichkeit, und er hatte einen erstaunlichen Riecher nicht nur für den jeweiligen Publikumsgeschmack, sondern auch für begabte Menschen.

Wie Emil Jannings sich zum Weltstar entwickelte

Er wäre schon allein dadurch in die Filmgeschichte eingegangen, daß er Ernst Lubitsch und Pola Negri entdeckt hat. Jedenfalls haben die beiden von Davidson ihre erste große Chance bekommen, und das gleiche gilt für Emil Jannings, der ja nur ein halbwegs bekannter Bühnenschauspieler war und erst ein paar mittlere und größere Filmrollen bei Messter gespielt hatte, bis er anfing, unter Davidsons Monokel und Lubitschs Megaphon sich in wenigen Jahren zum Weltstar zu entwickeln.

Wir blenden wieder zurück in 1912 - Ernst Lubitsch

Aber das geschah erst in den ersten Jahren nach dem Weltkrieg, und um die Anfänge aufzuspüren, müssen wir wieder ein paar Jahre zurückblenden: etwa zu jenem, für die deutsche Filmgeschichte so ereignisreichen Jahr 1912, als der Regisseur Max Mach, damals auf der Höhe seines Ruhms, gefragt wurde, ob er einen jungen Schauspieler namens Ernst Lubitsch kenne.

„Persönlich ja, dem Namen nach nicht", war die durchaus treffende Antwort; denn der junge Lubitsch war zwar als Mitglied der Reinhardtbühnen „beim Bau", und er war auch als gelegentlicher kleiner Filmschauspieler in der „Branche".

Mehr über Lubitsch

Aber er hatte noch keinerlei Gelegenheit gehabt, sich einen Namen zu machen.
Er war ein Schauspielschüler des großen Komikers Victor Arnold, der ihn zu Reinhardt gebracht hatte, und spielte ebenfalls fast ausschließlich Lustspielrollen, wenn auch leider nur sehr kleine.

Am liebsten und besten spielte er uralte Männer - ein Rollenfach, das auch Max Reinhardt als junger Schauspieler bevorzugte -, und der Regisseur Lothar Mendes, der mit ihm die gleiche Schulbank gedrückt hatte, sagte mir, daß der kleine Lubitsch schon in den Schulaufführungen des Berliner Sophiengymnasiums immer die alten Männer spielte.

Ein paar Jahre später hatte er den Ehrgeiz, dem großen Reinhardt nicht nur im Rollenfach zu ähneln; er wollte der Reinhardt des Films werden, und das ist ihm recht schnell gelungen.

Ein Angfang mit "Madame Dubarry" und "Mumie Ma"

In manchen filmgeschichtlichen Werken findet man "Madame Dubarry" als ersten Lubitsch-Film verzeichnet, und die etwas besser informierten Historiker gehen immerhin auf die "Mumie Ma" zurück oder auf "Schuhpalast Pinkus" oder eines der anderen Lustspiele aus dem Ernst Lubitsch von Kindheit an vertrauten Konfektionsmilieu des Hausvogteiplatzes. Aber auch das stimmt nicht ganz.

Lubitsch selbst hat mir einmal erzählt, daß sein allererster Film ein längst vergessener Einakter war mit dem schönen Titel "Fräulein Seifenschaum" und daß damit nicht nur seine Regiekarriere, sondern eben auch seine Verbindung mit Paul Davidson anfing.

Der „Generaldirektor" und Hanns Kräly und Rudolf Kurtz

Dieser war damals schon „Generaldirektor", wenn auch noch keineswegs im großen Stil der späteren Jahre; aber in seinem „dramaturgischen Büro" saß auch damals schon Hanns Kräly (der später viele große Lubitsch-Filme schrieb), und in der „Presseabteilung" saß Rudolf Kurtz.

Zu diesem kam mit irgendeiner Empfehlung der junge Schauspieler Lubitsch mit einem Schulheft, in dem mit Bleistift das Manuskript von "Fräulein Seifenschaum" notiert war. Kurtz gefiel die Idee, und er erzählte sie Kräly, dem sie auch gefiel.

Die beiden gingen mit dem Schulheft zum Generaldirektor, und der junge Mann, der durchaus selbst Regie führen wollte, wurde vorgelassen. Davidson beschloß, ihm die Chance zu geben, und riskierte damit immerhin ein paar hundert Mark. Er hat es nicht zu bereuen gehabt.

Mehr über den allerersten Lubitsch-Film

Wie schon der Titel andeutet, handelt es sich in dem ersten Lubitsch-Film um einen weiblichen Barbier, also einen hochaktuellen Stoff, denn im Krieg wurden viele Barbiere eingezogen und von Frauen ersetzt.

Die Heldin des ersten Lubitsch-Films war eine kesse junge Berlinerin, die den Rasierpinsel und das Rasiermesser ihres Mannes schwang; und als ein Kunde frech wurde, schnitt sie ihm nicht etwa die Kehle durch, sondern stippte ihm den ganzen Seifenschaum ins Gesicht. Das war alles.

Aber bei solchen Filmen kommt es ja nicht auf das Was an, sondern auf das Wie; und wie hier mit vielen hübschen, kleinen (und sehr „visuellen") Einzelheiten auf die Schlußpointe zugesteuert wurde, das war schon der später sehr verfeinerte und weltberühmte „Lubitsch touch", die „leichte Hand", mit der dieser Meister der Lustspielregie seine kleinen und großen Pointen zu setzen wußte.

Hier bereits einige zwanzig Mark Etatüberschreitung

Bei diesem ersten Lubitsch-Film gab es bereits eine kleine Etatüberschreitung. Später wird das bisweilen in die Hunderttausende gehen, aber hier handelte es sich nur um einige zwanzig Mark, und besonderen Anstoß erregte eine dem Generaldirektor durchaus überflüssig scheinende Droschkenrechnung für sechs Mark fünfzig.

Der berliner Hanns Kräly gab die Motivierung. „Das war doch von wejen dem Zylinder, Herr Generaldirektor", erklärte er, denn Lubitsch hatte darauf bestanden, daß der Wollüstling, der den Seifenschaum ins Gesicht bekam, mit einem Zylinderhut auftrat. Er hielt das für eine unerläßliche Lustspielpointe.

Seinen ersten Weltruhm hat Lubitsch mit den „großen Schinken" erworben, um erst dann wieder, nunmehr in einer sehr verfeinerten Form, zu seiner eigentlichen Domäne zurückzufinden, dem Kammerspiel mit komödienhaftem Einschlag.
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Wir sind noch in der Vorkriegszeit und den allerersten Kriegsjahren

Aber wir müssen halbwegs chronologisch bleiben, wir halten ja noch in der Vorkriegszeit und in den allerersten Kriegsjahren, und da muß noch ein Regisseur genannt werden, der aus jener Zeit nicht wegzudenken ist.

Er hat die kommende Periode der „Monumentalfilme" in Deutschland gestartet, und seine Anfänge reichen einige Jahre in die Vorkriegszeit zurück.

Sein Name war Joe May . . .

seine Frau war Mia May, und ein paar Jahre lang, bis sie durch Selbstmord endete, war auch die Tochter, Eva May, ein Filmstar.

Joe May stammte aus einer wohlhabenden Wiener Familie und war erst im Autohandel und als Rennfahrer tätig; das war im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts gewissermaßen auch ein „Pioniere-Beruf, und zu Beginn des zweiten Jahrzehnts kam er zum Film und fing bald damit an, mit Ernst Reicher, dem Sohn des berühmten Bühnendarstellers Emanuel Reicher, Detektivfilme zu inszenieren.

Joe May hatte einen Sohn - alias Stuart Webbs

Der Sohn brachte es im Film zu (quantitativ) ungleich größerem Ruhm als sein Vater, jedoch nicht unter dem eigenen Namen, sondern als Stuart Webbs.

Genau so betont englisch wie der Name war auch der Charakter dieser dem Sherlock Holmes nachempfundenen Figur; es fehlten weder die kurze Shagpfeife noch die Mütze und die großkarierten Tweedstoffe; es fehlte allerdings die subtile Deduktionsmethodik des Mr. Holmes.

Stuart Webbs ersetzte den Sherlockschen Geist durch Muskelkraft und durch die Gabe, immer im rechten Moment zur Stelle zu sein, die fürchterlichsten Gefahren zu überleben und jeden Verbrecher zur Strecke zu bringen.

Das Publikum war damals von diesen Filmen sehr begeistert, und zum erstenmal sah man lange Schlangen vor den Kinokassen.

Joe May und Ernst Reicher machten viele Stuart-Webbs-Filme, bis sie sich zankten und trennten.

Zank unter Freunden - schade

Reicher machte nun seine Stuart-Webbs-Filme allein, und May schuf eine neue Detektivfigur, für die er den bekannten Bühnenbonvivant Max Landa engagierte.

Der neue Detektiv hieß Joe Deebs und war eine etwas verfeinerte Type, in jeder Situation unglaublich gut angezogen, ja geradezu ein Kleidersnob.

Kein Wunder, denn das war Joe May selber. Ich erinnere mich, ihn einmal zufällig auf einer überfahrt nach London getroffen zu haben, und als wir es uns zwischen Ostende und Dover auf unseren Deckstühlen bequem machten, erzählte mir Joe, daß er in London zwar eine geschäftliche Besprechung habe, eigentlich aber nur hinüberfahre, um sich in dem einzig und allein dafür in Frage kommenden Laden in Jermyn Street ein Dutzend Hemden zu bestellen und ein paar Krawatten auszusuchen. Er würde höchstens zwei Tage bleiben.

Joe May als Grandseigneur

In diesem Moment erschien Karl, das Muster eines hochherrschaftlichen Kammerdieners, um seinem Herrn die eigens mitgenommene Pelzdecke über die Füße zu breiten. Beim Tee fragte ich Joe May, warum er denn auf eine so kurze Reise den Diener mitnehme, er würde doch im Savoy Hotel ganz gut betreut werden.

Worauf er mich entsetzt anblickte und leicht stotternd - wie immer, wenn er etwas erregt war - erwiderte: „Ja, aber um G-Gottes Willen, w-wer soll mich denn da r-rasieren!"

Das war bei Joe May keine Pose. Er lebte immer als Grandseigneur, und im Gegensatz zu vielen Parvenüs, die solche Allüren erst beim Film annahmen, war er zeitlebens an einen großen Stil gewöhnt gewesen.

Beim Film wurde dann freilich aus dem Wörtchen „groß" das Wort „monumental", und so konnte Joe May an einem simplen Großfilm bald kein Genüge mehr finden.

Er war es, der mit "Veritas Vincit" - Kostenpunkt eine Viertelmillion - die Periode der „Monumentalfilme" einleitete; denn er zog nicht nur mit seiner Mia, mit Harry Liedtke und sonstiger Starbesetzung ins Atelier, sondern auch mit Hunderten von Komparsen und einem lebendigen Löwen, der sich von der in wallende Gewänder gehüllten Mia am Hals kraulen ließ.

1917 - als die UFA "gezimmert" wurde

Von diesen „großen Schinken" und vielen erheblich größeren wird später noch manches zu sagen sein. Aber Joe Mays erster „Monumentalfilm" war bereits in Arbeit, und Lubitschs noch viel monumentalerer Negri-Jannings-Film "Carmen" war schon geplant, als im Jahre 1917 die Herren mit den dicken Brieftaschen sich auf den Direktionssesseln der Deutschen Bank zusammensetzten, um die Aktivposten zu berechnen, aus denen das beträchtliche Gebäude, oder sagen wir schon der Monumentalbau der UFA, zusammengezimmert wurde.

"Appolonia Chalupetz" ist ein sogenannter Aktivposten

Einer dieser nagelneuen Aktivposten hatte die wohlproportionierte Gestalt einer sehr jungen und temperamentvollen Frau mit rabenschwarzem Haar und funkelnden Augen. Sie hatte schon 1913 als Fünfzehnjährige am Nationaltheater ihrer Warschauer Heimatstadt als Tänzerin Triumphe gefeiert, in derselben Pantomime "Sumurun", die einige Jahre später für sie (in angemessenem Monumentalstil) verfilmt werden sollte.

Aber so weit war es noch nicht. Zunächst mußte erst die junge Dame - ihr Name war Appolonia Chalupetz - in Berlin Fuß fassen.

Aus "Appolonia Chalupetz" wurde Pola Negri

Da gab es gleich Vertragsschwierigkeiten, weil die junge Polin noch lange nicht volljährig war, und da die Mama versäumt hatte, den Vertrag zu unterschreiben, kam Polachen - sie hieß jetzt schon Pola Negri
- mit erheblich besserer Gage zum Generaldirektor Paul Davidson.

Dieser hat zunächst die Neuentdeckung mit einiger Skepsis durch sein Monokel beäugt, aber sehr bald gemerkt, daß er damit einen Kassenmagneten ersten Ranges geangelt hatte. Nun scheute er weder Mühe noch Kosten, diesen etwas exotischen und gerade dadurch so wirkungsvollen Star mit den größten, um nicht zu sagen mit monumentalen, Mitteln in Szene zu setzen.

Lubitsch mochte die Negri nicht

Dazu gehörte natürlich eine Koppelung mit dem Star-Regisseur der Firma. Aber das war nicht so einfach; denn so eifrig Pola auch darum bemüht war, unter die Ägide des so schnell zu Ruhm gelangten Regisseurs zu kommen, diese Vorliebe beruhte keineswegs auf Gegenseitigkeit.

Lubitsch mochte die Negri nicht leiden. Sie war weder künstlerisch noch persönlich sein Typ; er hatte sich zwar bewegen lassen, "Die Augen der Mumie Ma" mit ihr und mit Emil Jannings zu drehen, aber es hatte ihm nicht halb soviel Spaß gemacht wie "Schuhpalast Pinkus".

Polas Rabenhaar und der spanische Schal

Da mußte etwas geschehen. Ein so kostbarer Aktivposten wie die Negri durfte nicht brachliegen, aber die Stoffwahl für sie war schwierig. Der Generaldirektor klemmte sein Monokel ein und zitierte seine Mannen.

Kräly und Kurtz gingen auf die Stoffsuche, und zunächst ließen sie eine Menge Probeaufnahmen von Pola in allen möglichen Kostümen machen. Vielleicht, so dachten sie, kam man dabei auf eine brauchbare Idee. Man kam.

Denn in einer der Aufnahmen hatte man Pola einen spanischen Schal um ihr Rabenhaar gebunden. Es stand zwar nicht der Titel "Carmen" auf dem kurzen Filmstreifen, aber wenn man ihn sah, konnte man kaum umhin, den Mund zu spitzen und „Die Liebe vom Zigeuner stammt" zu pfeifen.

Dramaturg Kräly und Pressechef Kurtz pfiffen. Hatte nicht Pola väterlicherseits - der selige Chalupetz war ungarischer Abstammung - echtes Zigeunerblut in den Adern ?

Man mußte Lubitsch gewinnen, überzeugen

Kurtz sah die Propagandamöglichkeiten. Die Frage war nur, wie man Lubitsch für die Idee gewann. Man durfte sie ihm nicht einreden, sie mußte ihm selber einfallen.

Der Generaldirektor ordnete die Vorführung von Frau Negris Probeaufnahmen an, und Lubitsch wurde hinzitiert. „Wat", rief er, „schon wieder diese polnische Temperamentsbestie ? Nee, det is nischt für'n ollen Lubitsch sein Sohn."

Kurtz vermittelte. Er brauche ja nicht alles zu sehen. Aber es sei da ein ganz kurzer Streifen, den er sich unbedingt ansehen müßte.

„Na schön", meinte Lubitsch, „fünf Zijarrenzüge lang seh ick mir det an, aber keenen Zuch länger."

Es dauerte nur drei Züge . . .

Die Vorführung begann, und schon beim dritten Zug nahm Lubitsch die Zigarre aus dem Mund. „Carmen", rief er. Dann ließ er die Vorführung abbrechen, qualmte weiter und sprach zwei Minuten lang kein Wort. Nach weiteren zwei Minuten war er schon in einer hitzigen Debatte mit Kräly, wie ein Carmen-Film anzulegen sei.

Auch dieser Film wurde noch im Krieg 1914-1918 gedreht, noch vor dem noch größeren und bedeutenderen "Dubarry"-Film, der die Französische Revolution packender gestaltete, als es in irgendeiner der zahlreichen Verfilmungen gelungen ist, die dieser dankbare Stoff im Laufe der Jahrzehnte erfahren hat.

Als die UFA über 1 Jahr alt war

Als der "Dubarry"-Film 1918 gemacht wurde, war die UFA schon über ein Jahr alt; aber sein Schöpfer-Kollektiv gehörte schon zu den vielen Aktivposten, die sich auf dem Sitzungstisch in der Deutschen Bank türmten, als man zur Gründung der UFA schritt.

Da waren ferner die Kassenberichte, Bankauszüge und sonstigen Vorgänge einer schon drei Jahre vor der UFA-Gründung erfolgten Fusion. Vor mir liegt der darüber veröffentlichte Bericht in der Nr. 4 des Jahrgangs 1914 (das mit 1914 stimmt aber nicht ??) der Zeitschrift „Das Lichtbildtheater".

Auf der gleichen Seite steht die Mitteilung, daß „Herrn Charles Pathe, dem Begründer und Chef der berühmten französischen Filmfabrik "Pathe Freres" das Rote Band der Ehrenlegion verliehen wurde."

Die Fusion hat filmhistorische Bedeutung

Auch diese Mitteilung ist nicht ohne filmhistorische Bedeutung; aber hier ist der Wortlaut der für unser Thema unmittelbar bemerkenswerten Meldung.                               

EINE BEDEUTENDE FUSION

Zwischen der Projektions-Aktiengesellschaft Union und der Vitaskop G.m. b.H. ist ein Abkommen getroffen worden, wonach das Vermögen der Vitaskop G.m.b.H. als Ganzes in den Besitz der Union übergeht. Die Herren Jules Greenbaum, Max Grünbaum und Hermann Fellnei treten in die Leitung der Projektions-Aktiengesellschaft Union ein. Zu der Transaktion wird mitgeteilt, daß die Lage des Filmmarktes es wünschenswert erscheinen ließ, daß die beiden größten deutschen Filmproduzenten sich zusammenschließen.

Die Vitaskop G.m.b.H. hatte bisher in Weissensee eine neue Filmfabrikationswerkstätte, in der eine Tagesproduktion von 100.000 Meter Film hergestellt werden konnte. Nach der Verschmelzung beider Unternehmen kann die Gesamtproduktion an Film pro Tag auf 150.000 Meter gesteigert werden.

Für den Zusammenschluß war in erster Linie eine Verbilligung der gemeinschaftlichen Spesen maßgebend. Es ist beabsichtigt, daß die Projektions-A.G. Union ihr Aktienkapital, das bisher 1,5 Millionen Mark betrug, um ca. 750.000 Mark erhöht. Die Vitaskop G.m.b.H. soll unter ihrem bisherigen Namen weitergeführt werden. (Es sind alles noch Reichsmark von 1917)

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Ergänzungen zu obigem Text

Die Vitaskop ist die Firma, deren Regisseur Max Mach es glückte, Albert Bassermann für den Film zu gewinnen, und Jules Greenbaum war es, der sich über die kostspieligen Überstunden für die gar nicht vorgesehenen „Othello"-Aufnahmen ärgerte.

Die in der Pressemeldung angegebenen Meterziffern verstehen sich natürlich einschließlich der zum täglichen Versand gelangenden Kopien; denn die Firma hatte nicht nur ein eigenes Atelier, sondern auch eine eigene Kopieranstalt in Berlin-Tempelhof.

Der angegebene Geldbetrag zeigt die erheblichen finanziellen Fortschritte der Firma, welche Paul Davidson (eben zum "Generaldirektor" avancierend) erst vier Jahre vorher mit einer bescheidenen halben Million gegründet oder vielmehr seinem Theaterkonzern angegliedert hatte.

Im Tresor der PAGU lagerten die "Starverträge"

Es hatte sich also in dieser „Pagu", der Projektions-A.G. Union schon ein ganz hübscher Komplex für die noch ungeborene UFA zusammenfusioniert. Aber das wertvollste Aktivum der Union waren die kostbaren (und der Konkurrenz unerreichbaren) Starverträge, die im Tresor der Firma ruhten und von Fall zu Fall erneuert wurden.

Das filmgeschichtliche Verdienst von Paul Davidson

Künstlerische Persönlichkeiten wie Lubitsch, Kräly, Jannings, Negri, Liedtke, Schünzel und viele andere bildeten allmählich ein Team zu fruchtbarer Zusammenarbeit.

Eben dieses Team geschaffen und einige entscheidende Jahre lang zusammengehalten zu haben, ist das filmgeschichtliche Verdienst von Paul Davidson.

Stars - die heute (in 1956) längst vergessen sind

Joe und Mia May wurden in diesem Zusammenhang nicht erwähnt; denn diese gehörten nicht zum „Union"-Team des Generaldirektors.

Sie waren noch selbständig und kamen erst später, unter der UFA-Ägide, ins gleiche Gestüt. Das gilt auch für Fern Andia, die heute (in 1956) längst vergessen ist.

Ich sah sie das letztemal anfangs der dreißiger Jahre im Hause Lubitsch in Beverly Hills; schon damals war sie „passee", und es war tragisch zu sehen, wie sie darunter litt in Gegenwart der vielen, damals noch „aktiven" Stars, die an jenem Abend ebenfalls bei Lubitsch zu Gast waren.

Auch von ihnen sind die meisten heute (in 1956) längst vergessen, denn der Ruhm eines Filmstars ist von kurzer Dauer, das Publikum ist wankelmütig, und je höher und heller ein Star am "Filmfirmament" glitzert, um so tiefer und grausamer ist der Fall in die Anonymität des Durchschnittslebens.

Über den Ruhm der "Fern Andra"

Der Ruhm der Fern Andra ist heute nur noch für die ein Begriff, die schon vor dreißig oder vierzig Jahren (also um 1910 herum) ins Kino gingen. Damals repräsentierte sie haargenau das, „was sich der kleine Moritz unter einem Filmstar vorstellt".

Diese Redensart scheint mir den Fall klarer zu präzisieren als jeder ernsthafte und langatmige Versuch, das Phänomen der Fern Andra und ihrer Bedeutung in jener Frühperiode der deutschen Filmgeschichte zu analysieren.

Sie war in sehr jungen Jahren eine Trapezartistin in Amerika gewesen und hatte nicht nur die Gabe (und den Mut) mitgebracht, in ihren Filmrollen akrobatische Szenen zu spielen; sie hatte auch amerikanische Reklamemethoden mitgebracht.

Über jenen Flair für „Publicity", den die Andra hatte

Schon die Wahl ihres seltsamen und für einen Filmstar symptomatischen Vornamens zeigt jenen Flair für „Publicity", den sie in hohem Maße besaß. Sie hat diese Reklamemethoden freilich in einem für deutsche Begriffe untragbaren Maße übertrieben.

Daß sie sich angeblich alljährlich eine Zeitlang in ein Nonnenkloster zurückzöge, um über ihr sündhaftes Leben zu meditieren - das mag in Amerika (damals noch) ein brauchbarer Reklametrick gewesen sein; aber die Münchner ärgerten sich darüber, und die Berliner lachten.

Auch mit ihren „gewagten" Rückendekolletes machte die Andra mehr Reklame, als ihr guttat, denn für so etwas hatte sie einfach nicht die geeignete Figur.

Die niedliche kleine Ossi Oswalda

Das konnte sich die niedliche kleine Ossi Oswalda schon eher leisten, deren hübsche Beine und freches Stupsnäschen einen ganz erheblichen Aktivposten darstellten, und zwar einen der vielen unmittelbar durch die „Union" eingebrachten Aktivposten; denn auch Ossi hatte sich unter dem wohlwollenden Monokelblitz des Generaldirektors von der Komparserie zum Star entwickelt, und wer immer schon in den zwanziger Jahren ins Kino ging, wird ihre lustigen Kapriolen nie vergessen haben.

Ossi war eine der sehr wenigen Ausnahmen zur Bestätigung der Regel, daß die Komparserie nicht das Sprungbrett zum Ruhm und zu den Nerzmänteln eines Filmstars ist.

Komparse oder Komparsin zu sein ist meist bitter

Wie viele Millionen junger Menschen haben seit Ossis Backfischzeit diesen Traum geträumt, um zu der nüchternen Erkenntnis zu erwachen, daß die Filmkomparserie ein bitteres, aber keineswegs tägliches Brot ist und daß von vielen Tausenden von Komparsinnen allenfalls eine die ersehnte große Chance bekommt.

Eine davon war Fräulein Olga Stäglich

Eine von diesen war Ossi oder Fräulein Olga Stäglich, wie sie damals noch hieß: eine kesse junge Berlinerin, die täglich ins Kaffee Westminster oder in den „Friedrichshof" ging, in dem auf der „Filmbörse" die Glücklichen ausgesucht wurden, die am nächsten Drehtag ein paar Mark zu verdienen bekamen.

Dort, so hat mir Hanns Kräly viele Jahre später in Hollywood erzählt, fand er Ossi eines Tages nicht etwa im, sondern vor dem Cafe. Auf die Frage, warum sie denn nicht „in der Börse" sitze, erwiderte sie offen, daß sie sich das momentan nicht leisten könne; worauf ihr Kräly nicht etwa die vierzig Pfennig für eine Tasse Kaffee gab, sondern etwas viel Kostbareres: den Engagementszettel für den nächsten Tag. Dort wurde sie Lubitsch vorgeführt, spielte erst eine kleine Rolle und machte dann sehr schnell Karriere.

Geschichten, die nicht wahr sind . . .

Oft wird das etwas romantischer dargestellt. Ossi habe still und bescheiden ganz hinten in der Komparserie gestanden und habe sich plötzlich zu einer ganzen Serie von Purzelbäumen entschlossen bis dicht vor den Kurbelkasten und den baß erstaunten Regisseur. Sie habe dadurch zwar die Aufnahme gestört, sei aber angenehm genug aufgefallen, um „entdeckt" zu werden.

Das ist eine jener vielen kleinen Geschichten, die zwar nicht wahr sind, aber wahr sein könnten. Doch genug von Purzelbäumen, selbst wenn sie von einer sehr jungen Komparsin in Balltoilette gemacht wurden und selbst wenn dabei ein paar beachtliche Beine zum Vorschein kamen, die später in der Bilanz der Projektions A.G. Union figurierten.

Zurück zu den Gründungs-Aktivposten der UFA

Zurück zur Bestandsaufnahme der Aktivposten, die zur UFA-Gründung bereitstanden: da hätten wir also bei der Union die Beine der Ossi, die Glutaugen der Pola und die schlanke Linie der Asta, die Persönlichkeit des Emil Jannings, den Charme des Harry Liedtke und vor allem den einfallsreichen Kopf und die leichte Hand des Ernst Lubitsch.

Also eine ganz erkleckliche (und noch keineswegs vollständige) Liste von wertvollen Verträgen mit Künstlern und schöpferischen Persönlichkeiten; dazu immerhin 2.250.000 Mark Aktienkapital und ein "wohlassortierter" Theaterpark von 56 teils großen Häusern.

Ferner war da Oskar Messter mit seinem todsicheren Kassenmagneten, der zuverlässig hausfraulichen Henny Porten, und mit einigen anderen Aktiven, wie etwa einer Wochenschau, einem technisch erstklassig ausgestatteten Berliner Atelierbetrieb und einem Wiener Fusionsvertrag, von dem noch einiges zu sagen sein wird.

Ein Blick auf das „Nordische" Projekt der Deutschen Bank

Da gerade von Fusionierungen die Rede ist werfen wir vorerst einen zufriedenen Blick auf das „Nordische" Projekt, das quantitativ größte, das auf jenem Sitzungstisch in der Direktion der Deutschen Bank zu finden war; denn dieses Objekt umfaßte die gesamte mitteleuropäische Verleih-Organisation der Nordisk mit fünf deutschen Zweigstellen und Filialen in Wien, Prag, Budapest, Zürich und Amsterdam, außerdem einen Theaterpark mit einigen sechzig Häusern in vielen deutschen und ein paar Schweizer und holländischen Städten und schließlich noch die (verhältnismäßig kleine) Produktionsfirma des deutschen Nordisk-Mannes, Herrn David Oliver.

Zehn Millionen als Abfindung nach Kopenhagen

Dieser mußte freilich abgefunden werden und vor allem sein großer Chef, Herr Ole Olsen in Kopenhagen, und das kostete etwa zehn Millionen, wovon freilich ein erheblicher Teil nicht in bar, sondern in Aktien abgegolten wurde.

Der Direktor der Deutschen Bank war es gewohnt, mit Millionen zu manipulieren; er schaltete also eine deutsch-skandinavische Lindström A.G. als Zwischenkäufer ein, und da (dank Ludendorff) auch die Reichsbank mit acht Millionen einsprang, konnte Herr von Stauß sein eigenes Bankrisiko erheblich reduzieren.

Es war Krieg und es gab fast keine Kapitalsanlagen

Im übrigen hatte er auch entsprechend kapitalkräftige Privatinvestoren an der Hand. Es war Krieg und kein Überfluß an - auf weite (Friedens-) Sicht - zukunftsträchtigen Kapitalsanlagen.

So ließen sich die Hapag und der Norddeutsche Lloyd, da man momentan keine Luxusdampfer für den Transatlantikdienst oder den Mittelmeerverkehr bauen konnte, ganz gern von Herrn v. Stauß überreden. Auch die AEG, die Dresdner Bank und einige kleinere Privatbanken gehörten zu den Gründungsaktionären sowie eine Reihe reicher Privatpersonen, wie etwa Professor Robert Bosch, der berühmte Chemiker und Großindustrielle, und Fürst Henckel-Donnersmarck, der schlesische Grubenmillionär, der ebenfalls einen sechsstelligen Scheck für ein Paketchen UFA-Aktien ausschrieb.

Wenn Herr v. Stauß telefoniert und Konkurrenz witterte

So hat Herr v. Stauß in diesen Gründungstagen sicher viel mit den großen Kunden seiner Bank telefoniert, und man sollte annehmen, daß er von seinem Direktionszimmer in der Mauerstraße auch eine Reihe von Ferngesprächen nach Düsseldorf, Mülheim und sonstigen Zentren der Ruhrmagnaten geführt hat.

Aber diese Gespräche hätten kaum im Zusammenhang mit der UFA-Gründung gestanden, denn diese Herren von der Schwerindustrie waren filmisch schon anderweitig engagiert, nämlich bei der Deutschen Lichtbildgesellschaft (D.L.G. e.V.), aus der sich später der große Deulig-Konzern entwickelte.

So kommen wir zu Alfred Hugenberg und Ludwig Klitzsch

Die maßgebenden Männer dort waren ein gewisser Herr Alfred Hugenberg (der hauptamtlich in der Kruppdirektion saß und noch viele andere Geschäftsinteressen hatte) und ein gewisser Herr Ludwig Klitzsch, der die D.L.G. in ganz Mitteleuropa musterhaft organisierte und energisch förderte, über diese buchstäblich von den großen Kanonen der Schwerindustrie finanzierte Konkurrenz seines eigenen noch ungeborenen Riesenbabys hat sich Herr v. Stauß gewiß ernste Gedanken gemacht.

Denn er konnte damals nicht ahnen, daß etwa zehn Jahre später derselbe Herr Hugenberg die UFA kaufen und derselbe Herr Klitzsch dort als Generaldirektor einziehen würde; er konnte auch nicht ahnen, daß schon drei oder vier Jahre später ein anderer D.L.G.-Mann, ein gewisser Erich Pommer, auf einigen Umwegen bei der UFA landen und dort ein sehr wichtiger Mann werden würde.

Wir sind immer noch im Gründungsjahr der UFA, 1917

Darüber wird zur gegebenen Zeit manches zu sagen sein. Vorläufig halten wir ja noch im Gründungsjahr der UFA, 1917, und müssen uns darüber klarwerden, warum die wirtschaftlichen Zeitumstände gebieterisch eine Gründung so großen Stils verlangten und warum, der Direktor der Deutschen Bank sich berufen fühlte, diesen Zeitumständen sowie der wirtschaftlichen Prognose für die Nachkriegszeit Rechnung zu tragen.

Ganz oben dachte man schon an die Zeit nach dem Krieg

Mit dieser Fragestellung ist eigentlich schon die Antwort gegeben. Es war schon seit drei Jahren Krieg, und die vorher bis zu 80 oder 90% vom Ausland erfolgte Filmbelieferung fiel zum größten Teil aus, denn die meisten Filme, die in der Vorkriegszeit in Deutschland zu sehen waren, kamen aus Frankreich und England.

Dort hatten Filmfabrikanten und Regisseure, wie Cecil Hepworth, William Paul und Charles Urban, schon im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts einen beträchtlichen Export für ihre Kurzfilme geschaffen, und zu den besten Abnehmern gehörten Deutschland und die anderen mitteleuropäischen Gebiete, die im wesentlichen von der Österreich-Ungarischen Monarchie umfaßt wurden.

Die Bedeutung der französischen Filmindustrie

Der bedeutendste Lieferant der immer zahlreicher werdenden Kinotheater Mitteleuropas war bis zum Kriegsbeginn die erstaunlich angewachsene französische Filmindustrie. Schon damals waren Pathe sowie Gaumont Millionenkonzerne, die den Weltmarkt in noch überlegenerem Maße beherrschten, als es Hollywood später gelang.

Als Frankreich noch Reparationen an Deutschland zahlte

Der Hauptabnehmer war Deutschland oder, genauer gesagt, Mitteleuropa. Statistiker haben errechnet, daß Deutschland allein bis zum Jahre 1914 französische Filme im Werte von mehr als fünf Milliarden bezog, daß also der Gesamtbetrag, den Frankreich im Jahre 1871 als Kriegsentschädigung zahlte, aus deutschen Kinokassen nach Frankreich zurückfloß, vielmehr über deutsche Filmgesellschaften; denn ein Teil jenes nach Paris fließenden Goldstroms kam ja auch aus österreichischen Kinokassen, mit dem Umweg über deutsche Vertriebsfirmen.

Keine Filme mehr aus Frankreich = eine Zwangslage

So entstand die Situation, daß bei Kriegsbeginn nicht nur Deutschland, sondern der ganze mitteleuropäische Markt von seiner zuversichtlich funktionierenden Bezugsquelle abgeschnitten, also gewissermaßen gezwungen war, „film-autark" zu werden, und zwar so schnell wie möglich.

Die Kinos mußten beliefert werden, denn das Publikum verlangt gerade in schweren Zeiten Entspannung und Unterhaltung. So erklärt sich das schnelle Wachstum deutscher Eigenproduktion in den drei Kriegsjahren vor der UFA-Gründung.

Die Bindungen zu den neutralen "Nordischen"

So erklären sich auch die engen Bindungen mit der nordischen Produktion, die ja „neutral", also dem deutschen Markt erreichbar war und auch ihrerseits erheblich anwuchs; so erklären sich schließlich die nach Wien, Prag, Belgrad und Budapest tendierenden Beziehungen deutscher und skandinavischer Firmen sowie das Anwachsen der österreichischen Eigenproduktion.

Die österreichische Filmindustrie vor 1914

Natürlich gab es in Wien auch schon vor dem Ersten Weltkrieg eine eigene Filmproduktion; es gab sie, genaugenommen, seit dem Jahre 1911, also seit Graf Alexander Kolowrat-Krokowsky seine Sascha-Filmgesellschaft gegründet hatte; so benannt, weil der „Filmgraf" von seinen Freunden Sascha genannt wurde.

Viele Jahre lang wurde in der Tat fast die gesamte österreichische Filmindustrie durch die Persönlichkeit dieses einen Mannes repräsentiert; eines Mannes, der nicht nur seine damals noch riesigen Geldmittel, sondern auch seine nicht minder riesige Energie und Begeisterung in seine Filmpläne steckte.

Alles an dem Mann war riesig: seine Gestalt - er muß gut und gern zweihundertundfünfzig Pfund gewogen haben -, sein Lebensstil, seine Projekte und vor allem seine Begeisterungsfähigkeit. In jungen Jahren war er ein begeisterter Rennfahrer, und die Liebe zum Motorsport bewahrte er sich bis ins Mannesalter, als sein Hauptinteresse dem Film galt.

Der „Filmgraf" Graf Alexander Kolowrat-Krokowsky

Er gewann schon in den Jahren 1911/12 einen so bekannten Schauspieler wie Max Pallenberg für den Film und im nächsten Jahre den damals noch berühmteren Alexander Girardi, der jahrzehntelang der Liebling des österreichischen sowie des deutschen Operettenpublikums war. Ein Girardi-Film war damals keine geringere Sensation als ein Bassermann-Film, und ein „Star-Film" war er ganz gewiß; denn der alte Girardi spielte im "Millionenonkel" ein ganze Reihe von Rollen, die diesem vielseitigen Künstler sozusagen auf den Leib geschrieben waren. Zwar kam er nicht zum Singen, aber Robert Stolz hatte eine Begleitmusik geschrieben, und die Premiere (am 10. September 1913) war vielleicht mehr noch als die Eröffnung des Marmorhauses am Berliner Kurfürstendamm ein „gesellschaftliches Ereignis", denn die Wiener Festvorstellung fand vor geladenem Publikum (im Beethovensaal) statt.

Die alte Gräfin Kolowrat machte sich dabei einige Sorgen über die Viertelmillion, die ihr filmbegeisterter Sohn für „diese Marotte" ausgegeben hatte; aber der Regisseur, der damals noch sehr junge Hubert Marischka, konnte sie beruhigen; der „Filmgraf" hat an diesem Film gewiß kein Geld verloren.

Nach Ausbruch des Krieges die vielen „feldgrauen" Filme

Ein Jahr später war der Krieg ausgebrochen, und Graf „Sascha" Kolowrat, Rittmeister der Reserve bei den 13er Dragonern, rückte mit dem Freiwilligen Automobilkorps als Ordonnanzoffizier ins Feld. Aber sehr bald wurde er dem Kriegspressequartier zugeteilt, organisierte dort die längst fällige Filmstelle, produzierte den patriotischen Film Wien im Krieg - analog zu sehr vielen „feldgrauen" Filmen, die gleichzeitig in Berlin gedreht wurden - und ließ im Jahre 1917 schon ein Dutzend ziemlich großer Filme herstellen, die meisten von den Regisseuren Fritz Freißler und Gustav Ucicky.

Die Regisseure Fritz Freißler und Gustav Ucicky

Der hatte als Kameramann beim „Filmgrafen" angefangen, bekam aber bald die erste Regiechance und wurde später bei der UFA einer der führenden deutschen Regisseure.

Liane Haid und Fritz Kortner

Aber er war bei weitem nicht der einzige, der aus dem Wiener Sascha-Atelier seinen Weg in die große Welt machte. Da waren die von Kolowrat als blutjunge Balleteuse entdeckte Wienerin Liane Haid, die später ein Star des deutschen Stummfilms wurde, und Fritz Kortner, ein noch sehr junger, aber schon im Aufstieg begriffener Charakterdarsteller des Wiener Volkstheaters, der 1918 bei der Sascha einen Beethoven-Film spielte, schon „hochmodern" mit „Bewußtseinsspaltung".

Magda Sonja und Walter Reisch

Da waren Magda Sonja, jahrelang ein Star des deutschen Stummfilms, und Walter Reisch, der später nach Berlin und Hollywood kam und ein weltberühmter Drehbuchautor wurde.

Karl Hartl, Michael Kertesz und Alexander Korda

Da waren die Regisseure Karl Hartl, Michael Kertesz und Alexander Korda, die alle beim „Filmgrafen" anfingen - Hartl, der später in Deutschland eine große Karriere machte - Kertesz, der schon Anfang der zwanziger Jahre nach Hollywood ging und sich dort (als „Curtis" amerikanisiert) jahrzehntelang unter den „Spitzenreitern" hielt - und Korda, der nach ersten Inszenierungen bei Corvin und bei dem (später in der Partnerschaft mit Hermann Fellner berühmt gewordenen) Produzenten Josef Somlo auch erst bei der Sascha den ersten Erfolg hatte, dann ebenfalls (mit dem Umweg über die UFA) nach Hollywood ging und später, von London aus, eine der führenden Persönlichkeiten des Weltfilms wurde.

Über diese „Sascha-Zöglinge"

Über diese „Sascha-Zöglinge" wird noch manches zu sagen sein, aber zunächst müssen wir noch einmal zurück zu Herrn v. Stauß in der Deutschen Bank, um zu sehen, warum er auch die österreichische Filmindustrie so scharf ins Auge faßte und warum in den Kriegsjahren auch die österreichische Eigenproduktion nicht minder energisch angekurbelt wurde als die deutsche.

1914 - 1000 Kinos in der Donau-Monarchie, 2000 in Deutschland

Bei Beginn des Ersten Weltkriegs gab es auch in der Donau-Monarchie schon über tausend Kinos, in Deutschland doppelt soviel, und alle brauchten jede Woche einen neuen Film.

Der zwingende Grund, das durch den Krieg von seinen ehemaligen Bezugsquellen abgeschnittene deutsche Reichsgebiet „film-autark" zu machen, galt also auch für Österreich und ganz Mitteleuropa.

Die Weitsicht, mit der bei der Gründung der UFA über die momentane Notlage hinaus bereits die Entwicklung in der Nachkriegszeit bedacht wurde, war ebenso treffsicher wie die Großzügigkeit, mit der man sofort vorging.

Gut "vorgedacht" für die Zeit nach dem Krieg

Es wurde gleich ein „vertikal gegliederter" Millionenkonzern geschaffen mit eigener Produktion, eigenem Verleihapparat, eigenem Theaterpark und vor allem mit eigenen Zweigstellen und Theatern im neutralen Ausland; und diese starke und unabhängige Machtposition sollte sich in der Nachkriegszeit als ein filmgeschichtlich entscheidender Faktor erweisen.

Keiner dachte an ein "Verlieren" in diesem Krieg

Zwar hatten bei der UFA-Gründung im Jahre 1917 sicher weder der Direktor der Deutschen Bank noch seine Verhandlungspartner geahnt, daß elf Monate später der Krieg für Deutschland mit einem Zusammenbruch enden würde; noch weniger dürften die Herren die wirtschaftlich verheerenden Kriegsfolgen geahnt haben sowie den Boykott des deutschen Films auf den Märkten der Alliierten.

Aber gerade die Machtposition der UFA war es, die nach dem Krieg dem Boykott der Alliierten die Spitze abbrach, überdies hatte die UFA ihre Zweigstellen (und vor allem ihre „Schaufenstertheater") an gewissen Schlüsselpunkten des neutralen Auslands, und sehr bald fanden die UFA-Filme, wenn auch zunächst anonym, die Türen zum ehemals feindlichen Ausland geöffnet.

Ein filmhistorisches Fazit des Krieges

Als filmhistorisches Fazit des Krieges bleibt ferner festzuhalten, daß der französische Film seine ehemalige Hegemonie verlor und daß die amerikanische Filmindustrie in den ersten drei Kriegsjahren einer höchst lukrativen Neutralität die Grundlage für ihre künftige weltbeherrschende Stellung schuf.

Filmgeschichtlich gesehen war Frankreich der Kriegsverlierer

Man könnte also sagen, daß, filmgeschichtlich gesehen, Frankreich der Kriegsverlierer und die Vereinigten Staaten und Deutschland die Kriegsgewinnler waren.

Frankreich konnte die frühere Vormachtstellung schon deshalb nicht wiedergewinnen, weil es mit den nunmehr selbstversorgten amerikanischen und deutschen Märkten sein größtes Absatzgebiet verlor, während der eigene Markt gerade hinreichte, um künstlerisch wertvolle, aber ausstattungsmäßig bescheidene Filme zu amortisieren.

Wir werden später sehen, wie deshalb die französische Produktion - zumindest die Wertproduktion - immer mehr ihren Stil origineller Filme entwickelte und wie die „Avantgarde" deshalb gerade dort aufblühen und bis zu einem gewissen Grade richtunggebend werden mußte.

Neu : Finanzkraft durch Geist ersetzen

Es wird sich zeigen, wie die gleichen Beweggründe teilweise auch für die deutsche Entwicklung maßgebend waren, also für einen Markt, der zwar (zumal mit dem mitteleuropäischen „Hinterland") quantitativ erheblich größer war als der französische, aber doch nicht groß genug, um sehr teure und nur auf ihrer Ausstattung fußende Filme daheim zu amortisieren; also eine Situation, die ebenfalls erforderte, finanzielle Muskelkraft durch Geist zu ersetzen und den Weitmarkt mehr mit qualitativen als mit quantitativen Mitteln zu bestürmen.

Amerikas Heimatmarkt war riesengroß

In Amerika dagegen wurde der durch die Kriegsjahre gewonnene Vorsprung fast automatisch gehalten und erweitert, einfach durch das spezifische Eigengewicht des Heimatmarktes, der mit seiner damals schon fünfstelligen Kinoanzahl (also deutlich über 10.000 Kinos) auch den teuersten Film so großzügig und sicher amortisierte, daß man es riskieren konnte, Filme gewissermaßen am laufenden Band herzustellen, und daß man sich eine weltumspannende Vertriebsorganisation leisten konnte, um auch außerhalb des Heimatmarktes den Rahm abzuschöpfen.

England war auch ein kleiner Kriegsverlierer

Durch diese Situation wurde unvermeidlich auch die Entwicklung in England stark beeinflußt, das man daher filmhistorisch ebenfalls als einen Kriegsverlierer bezeichnen kann, wenn auch nicht in demselben Maße wie Frankreich.

Englische Protection durch Kontingentgesetze

Das lag teilweise daran, daß die vor dem Krieg in England zwar beträchtlich entwickelte Filmproduktion doch bei weitem nicht soviel zu verlieren hatte wie die französische; im übrigen unternahmen es die Engländer sehr bald, sich durch Kontingentgesetze gegen eine allzu verheerende Überschwemmung mit amerikanischen Filmen zu schützen.

Das hat zwar nicht viel genützt, aber die Flut wurde doch von Zeit zu Zeit eingedämmt, und die Eigenproduktion bekam dadurch wenigstens die Chance, am Leben zubleiben und sich zu sporadischen Glanzperioden aufzuraffen.

Eigentlich war Deutschland der Vorreiter der Kontingentgesetze

Das gute Beispiel solcher Selbstverteidigung kam übrigens von Deutschland, wo schon in den zwanziger Jahren mit Kontingentgesetzen zum Schutze der heimischen Produktion begonnen wurde; wieder ein Beweis dafür, daß der deutsche Film durch das Rückgrat der UFA hinreichend gekräftigt war, um nicht nur den Nachkriegsboykott zu überwinden, sondern sogar zum Gegenangriff vorzugehen.

Hollywood konnte "jeden" einfach kaufen

Trotz alledem hatte Hollywood jederzeit eine Trumpfkarte, gegen die der deutsche wie der englische Film wehrlos waren: der Wink mit dem allwöchentlichen vierstelligen Dollarscheck war meistens unwiderstehlich, und halbwegs entsprechende Gegenangebote konnte man sich weder in Berlin noch in London und Paris leisten.

Der Exodus begann recht bald nach dem Krieg

So wurden früher oder später fast alle Regisseure, Darsteller und Techniker, die es daheim zu Erfolg und Ruhm gebracht hatten, kurzerhand wegengagiert.

Wir werden bald sehen, daß es - besonders in Deutschland - schon nach der großen Nachkriegsblüte der Filmproduktion zum ersten großen Exodus der wesentlich daran beteiligten Künstler kam.

Aber vorher gab es noch jene etwas fieberhafte Nachkriegsblüte, den ersten Aufschwung des deutschen Films zur Weltgeltung.

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