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Will Tremper - "Große Klappe" - Meine Filmjahre (aus 1997/98)

Wie damals in Deutschland die Filme "gemacht" wurden und was nicht in den Filmheftchen und auf den Filmplakaten geschrieben stand. Auch vom Weg von der Ideenfindung über das Drehbuch bis zum ersten Drehtag wird viel aus der Schule geplaudert. Und sebstverständlich kommen bei Will Tremper auch die Filmsternchen - auch dei männlichen - nicht zu kurz. Die erste Seite beginnt hier .....

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Drehbeginn in Hollywood im Producers Studio

Endlich war es soweit. Ich verabschiedete mich von meiner Redaktion und flog zu einer letzten Besprechung mit Horst Wendlandt nach Berlin. Das Drehbuch war geschrieben und Tonio Cameron-Palastanga hatte es so brillant übersetzt wie er den "Geschenkten Gaul" ins Englische übertragen hatte.

Horst wog es in der Hand: »Ganz schöner Schinken, den du da verbrochen hast! Aber bevor es losgeht, habe ich uns zwei Kinokarten gekauft, wir gehen mal in ein paar neue Sexfilme, um zu sehen, wie weit wir es selber treiben können. Das Wichtigste ist: Wir müssen eine Darstellerin finden, die alles mitmacht, was dir so einfällt.«

Gesucht : Eine 18jährige, die wie eine 15jährige wirkte

In Hollywood hatte ich, nicht nur wegen der Flutkatastrophe, keine gefunden, die jung genug aussah - sie spielte im Film eine, na, sagen wir, 15jährige. Und Mädchen in diesem Alter fielen unter die strengen Jugendschutzgesetze von Los Angeles, durften nur drei Stunden täglich vor der Kamera arbeiten und mußten auch noch von einem Jugendschutzbeauftragten begleitet werden - auf Kosten der Filmgesellschaft. Überdies hatte ich die schreckliche Erfahrung gemacht, daß 18jährige, kaum in Hollywood eingetroffen, in kürzester Zeit schon verlebt, ja verwüstet aussahen. Wo war eine 18jährige, die wie eine 15jährige wirkte?

Ich hatte eine junge Schwedin nach Berlin kommen lassen, deren Kopf auf dem ersten Titelbild von Jasmin Aufsehen erregte. Wir fotografierten und filmten sie an Ort und Stelle auf dem langen, rückwärtigen Balkon der RIALTO-Film Wendlandts.

Ich war ein Wochenende lang in Wien auf der Suche gewesen, hatte mit meinem Freund Heinz Lazek mindestens 30 talentierte Osterreicherinnen getestet, eine Szene spielen lassen. Doch was dabei herauskam, entsprach letzten Endes nicht den Erfordernissen.

Also, bei uns keine nackten Titten!

Das Schlimmste stand uns aber noch bevor, als wir ins Kino gingen und am Kurfürstendamm hintereinander drei sogenannte Sexfilme, darunter auch Oswalt Kolles Aufklärer, anschauten. Nie werde ich vergessen, wie ich mit Horst zuletzt aus dem »Kiki« (Kino im Kindl) kam, wie wir uns entsetzt schüttelten und gemeinsam den Schwurfinger hoben: »Also, bei uns keine nackte Titte!«

Die Begutachtung an den berühmten Swimmingpool

Und dann flog ich mit Heinz Lazek nach Los Angeles, und wir begaben uns gleich wieder ins Beverly Hills Hotel, über dem endlich die Sonne schien, und ließen ein Mädchen nach dem anderen zur Begutachtung an den berühmten Swimmingpool kommen. Heinz fing schon an, einen 16mm-Film über die Dreharbeiten unseres Nice Girl zu filmen - auf Verdacht. Vielleicht gelingt dem Will wieder etwas Außergewöhnliches? Selten hat sich ein Kameramann so geirrt.
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Kilian Rebentrost und Jack Cash

Kilian Rebentrost traf als Vertreter der RIALTO-Film ein und engagierte den amerikanischen Production-Manager, der mir seinerseits täglich neue Mitarbeiter vorstellte.

Jack Cash war ein nervöser, doch umgänglicher Typ, der seine Arbeit durchaus ernstnahm und auch keine schlechten Leute mitbrachte. Er verhandelte mit den Unions, wie die Gewerkschaften drüben genannt werden, und erzielte erfreuliche Ergebnisse, jedenfalls auf dem Papier.

Wir konnten danach unsere drei amerikanischen Kameraleute an die Ostküste mitnehmen, brauchten zur Fortsetzung der Dreharbeiten in Miami, Philadelphia, Boston und New York nicht jedesmal neue Kameraleute zu engagieren, so hieß es.

Der Zirkus mit den amerikanischen Gewerkschaften

Doch als es ernst wurde, erlebten wir, was von den einzelnen »Locals«, den lokalen Gewerkschaftsorganisationen, zu halten war: Die in Miami, wie auch in allen anderen Ostküstenstaaten herrschenden Locals, interessierte es gar nicht, was die Kollegen von der kalifornischen Westküste uns versprochen hatten.

Sie zwangen uns in jedem Staat von neuem, ihre Kameraleute zu engagieren, so daß wir, als wir endlich in New York ankamen, nicht weniger als acht (!) Kameramänner auf der Payroll hatten, darunter einen vier Zentner schweren Invaliden, den drei Männer in den Wagen heben mußten. Die Gewerkschaften ließen ihre Mitglieder nicht verkommen, eher die arbeitgebenden Filmgesellschaften.
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Mein Schnippchen funktionierte, dafür mein Kameramann nicht

In New York sollten wir noch vier Kameraleute dazubekommen, aber da schlug ich der New York City Local ein Schnippchen und dirigierte meine Truppe nach Hoboken um, auf die New Jersey-Seite; die Skyline von Manhattan mußte genügen.

Dann geschah etwas Erstaunliches: Als wir noch bei Probeaufnahmen in Los Angeles, im alten Producers-Studio in der Bronson Street, gegenüber von Paramount, waren, ließ mein Chefkameramann Richard C. Glouner plötzlich die Lichter ausmachen. »Meine Union hat angerufen«, sagte er. »Ich darf nicht mehr weiterdrehen, weil du nicht in der "Directors Guild" bist, Will! Tut mir leid, aber die einzelnen Locals sind verpflichtet, untereinander Solidarität zu üben!«
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Mark Sandrich jr.'s tierisches Gebrüll

Mein Regieassistent Mark Sandrich jr. ließ ein tierisches Gebrüll hören: »Dann können wir einpacken! Seit 20 Jahren versuche ich, Mitglied der Directors Guild zu werden! Schade, das hätte ein lustiger Film werden können .«

Jack Cash rief die Directors Guild an und fluchte: »Ich habe den Schlemihl gefragt, ob er wirklich riskieren will, daß vierzig Stabmitglieder arbeitslos werden.

Aber nein, hat er beteuert, euer deutscher Bastard braucht nur einen Scheck über 2.500 Dollar herüberzubringen, dann wird er auf der Stelle Mitglied der Regisseurs-Gilde und ihr könnt weiterdrehen!«
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Und diesmal hatte ich gnadenlos zugeschlagen ....

Gesagt, getan. - Mein Regieassistent konnte es nicht fassen, als er mich fluchend zum Neubau der Directors Guild am Sunset Boulevard hinüberfuhr: »Mein Vater war einer der berühmtesten Regisseure von Hollywood - aber ich kann nicht Mitglied werden. Doch ein Deutscher, gegen den wir den Krieg gewonnen haben, der darf!«

Was mich auf eine Idee brachte. Als ich dem dicken, häßlichen Typ meinen Scheck über 2500 Dollar überreichte, küßte er ihn und watschelte auf die Tür des Nebenzimmers zu.

»Das ist das zweite Mal«, rief ich ihm nach, »daß ich gezwungen werde, einer Organisation beizutreten!« Überrascht blieb er stehen: »Wer war die erste?« Genüßlich antwortete ich: »Die Hitlerjugend!«

Da stierte er mich einen Moment lang an, kratzte sich am Kopf und kam zurückgewatschelt, um mir den Scheck wiederzugeben. »Sorry«, sagte er. »You can go ahead and shoot, Sir.« - Mark Sandrich jr. konnte es nicht fassen.
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Das Buch ist zu lang! - 426 Seiten

Im übrigen erlebte ich, gleich nach meinem Eintreffen in Hollywood, das gleiche Fiasko mit meinem Drehbuch wie Jean-Paul Sartre in München. Jack Cash kam und sagte: »Alle meine Leute beschweren sich, das Buch ist zu lang!«

Es war, in der Tat, etwas ausführlich geraten, hatte 426 Seiten. Wieder war ein Scheck fällig, ein professioneller Umschreiber aus dem San Fernando Valley dampfte es auf die in Hollywood übliche Länge von 120 Seiten ein.

Plötzlich stand meine Celia hinter mir

Ich saß mit diesem Autor noch am Pool des Beverly Hills Hotels und bewunderte - anders als Sartre bei dem Freud-Film John Hustons - seine Effizienz, als ein Schatten auf die Drehbuchseiten fiel. Ich schaute hoch - und meiner Frau Celia ins lachende Gesicht.

»Ich bin mit Timmy gerade gelandet«, erklärte sie. »Ich habe mir gedacht, bin ich eigentlich verrückt, den Kerl allein nach Hollywood fliegen und Starlets "testen" zu lassen?«
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Timmy hatte so nebenbei den Jumbo aufgemischt

Sie hatte unseren Sohn ergriffen und die nächste Air France über Paris genommen, war unterwegs unangenehm aufgefallen, weil der quirlige Drei-jährige in dem Jumbo herumrannte, schlafenden Passagieren ihre Schuhe klaute und in der Toilette versenkte.

Dann fiel sie fast in Ohnmacht ......

Aber zunächst fiel meine Celia erstmal in Ohnmacht, als sie die Hotelrechnung überprüfte: »Tausend Dollar die Woche? Bist du wahnsinnig!? Muß es wirklich das Beverly Hills Hotel sein?«

Und sie tigerte los und fand ein Penthouse im altehrwürdigen Chateau Marmont auf dem Sunset Strip, in dem zuletzt Roman Polanski mit seiner Frau Sharon Tate gewohnt hatte, bis sie ein Haus in den Hills fanden.

Als wir mit unserem Film in Rom eintrafen, erreichte uns die Nachricht, daß Sharon Tate in diesem Haus ermordet worden war, während Roman Polanski in London weilte.

Ach, jammerte Celia, die Polanski kannte, wären sie doch im Chateau Marmont geblieben, das auch nur 1.000 Dollar, aber im ganzen Monat, kostete!
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Die Aussicht von unserem Penthouse-Balkon war grandios

Von unserem Penthouse-Balkon aus konnte ich nun direkt auf das Playboy-Building am Strip gucken, konnte dem verschwundenen Drugstore von »Schwabs« auf der anderen Straßenseite nachtrauern und sehen, wann Paul Kohner, der berühmte Agent, links unter uns sein weißes Haus verließ.

Kohner hatte ich bereits 1961, vor dem Tod Gary Coopers, kennengelernt, und an einem frühen Morgen, noch vor Drehbeginn, wurde Paul Kohner uns eine große Hilfe, als Judy Garland in London verstarb und Mickey Rooney absagen mußte, weil ihn der jähe Tod der Jugendliebe fix und fertig machte.

Für Mickey Rooney verschaffte uns Broderick Crawford

Ich traf mich mit Mickey Rooney im Beverly Wilshire Hotel und erlebte ein Häufchen Elend. Er hätte die Rolle eines texanischen Millionärs spielen sollen, der seinen halbwüchsigen Sohn zu Lynn Keefe nach Miami bringt, damit sie einen Mann aus ihm macht, ihn vor dem Schwulwerden bewahrt.

Paul Kohner verschaffte uns einen würdigen Ersatz in Oscar-Preisträger Broderick Crawford (All the Kings Men).

Überhaupt lernten wir in der Zeit vor Drehbeginn jede Menge Agenten kennen, die uns ihre "Pferdchen" zum Angucken ins Chateau Marmont schickten.

Ein hinreißendes "Pferdchen" war Barbara Hershey

Mit Johnny Hyde jr. von der "William Morris Agency" freundete ich mich richtig an, denn er brachte ein hinreißendes, wenngleich etwas exaltiertes Geschöpf zu uns, das ich unbedingt sofort haben wollte, aber der kleine Johnny hatte etwas Seltenes von seinem legendären Vater geerbt, der nicht nur Marilyn Monroes Agent, sondern auch ihr Liebhaber gewesen war - Stil.

Unglücklich winkte er mich in die Küche, während Barbara Hershey sich lebhaft mit meiner Frau unterhielt, und flüsterte mir zu: »Sie ist auf der Nadel.« Auf Heroin, hieß das, und da ließ man lieber seine Finger von. Eine weitere Schauspielerin, die mir ungemein gefiel, aber bei den Probeaufnahmen schon zu alt wirkte, war Joanna Cassidy.
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Das mit dem Kaffee hatten die Amis nie ím Griff

Was mich maßlos aufregen konnte, war die Tatsache, daß Hollywood oder Beverly Hills als fortschrittlichster Nabel der Welt galt, aber die Kellner im Beverly Hills Hotel mich noch im Sommer 1969 verständnislos anstarrten, wenn ich, statt ihrer heißen Abwaschbrühe, die sie Kaffee nannten, einen Espresso haben wollte.

Espresso - was ist das? Als wir später in Rom landeten, klammerte mein amerikanischer Kameramann sich an mich und sagte erschauernd: »Oh, my god, twothousand years is this old! What're you going to do now, Will, Sir?«

»Was ich als erstes tun werde?« ließ ich ihn wissen. »Ich gehe zu der nächsten Espressobude hier in Fiumicino und trinke drei Espressos hintereinander, um den Spülwassergeschmack Amerikas loszuwerden!«

Dick Glouner folgte mir brav und sah zu, wie ich mit Gusto meinen ersten Espresso seit Monaten hinunterschüttete. Mutig tat er es mir nach und spuckte wie der Teufel, der Weihwasser geschluckt hat.

»Oh, my god .!« Jetzt, sprudelte er spontan hervor, verstehe er, warum alle Italiener immer so aufgeregt seien!
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Mein altes "Leiden" - selber durch die Linse gucken!

Aber im Studio, in dem wir in den gebauten Dekorationen einer Schallplattenfirma um den 1. Juli herum zu drehen begannen, war mein Kameramann auf der Höhe der Zeit, hantierte genial mit ein paar Scheinwerfern herum und verlor niemals eine überflüssige Minute mit Debatten.

Nur mein altes Leiden brach sofort durch: selber durch die Linse gucken! Mein alter "Schwenker", auch ein Schätzchen, ließ mich lachend gewähren, doch vom zweiten Drehtag an klebte ein Foto auf der großen Mitchell-Kamera, das einen händeringenden Kameramann vor seinem Regisseur zeigte, mit der Aufschrift:
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  • »Bitte, bitte, Will - laß mich auch mal ran!«

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  • Anmerkung : Die große 35mm Mitchell-Kamera war die weltbeste Kinofilm-Kamera neben drei anderen ebenfalls sehr teuren Profikameras, der Vinten und der französischen Debrie Super-Parvo-Color sowie der Eclair Kamera. Diese vier großen 35mm Kameras stehen alle im Film-Museum Romboy in Wesseling.

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Wir hatten es tatsächlich fertiggebracht, einen millionenschweren Film am anderen Ende der Welt vorzubereiten, aber am Beginn immer noch nicht die Schauspielerin gefunden zu haben, um die sich alles drehte:

Wer spielte jetzt Lynn Keefe, die Unschuld auf der abschüssigen Bahn?
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Die Astronauten, die auf dem Mond landeten, retteten uns.

Hugh Hefner rief an und lud uns in sein Büro gegenüber ein, um das ungeheuerliche Menschheitsereignis am Riesenfernseher mitzuverfolgen. Horst und ich warteten bis zur letzten Minute auf unserer Penthouse-Terrasse. Wir konnten es einfach nicht glauben, daß jetzt wirklich Menschen auf dem Mond landen würden.

Wir konnten es um so weniger glauben, als der rauschende Verkehrsstrom auf dem Sunset Boulevard während des großen Ereignisses nicht für eine Minute stoppte. Wir starrten zwischen der Straße und dem flackernden Licht unseres auch nicht gerade kleinen Fernsehers hin und her und warteten darauf, daß alle Autos plötzlich anhalten und ihre Insassen zum nächsten Bildschirm stürzen würden.

Wir kannten Amerika nicht.

Die Amerikaner waren so an Sensationen jeder Art gewöhnt, daß sie ruhig weiterfuhren, als die Kapsel sich langsam löste und auf den Mond herabschwebte. Viele Amerikaner glaubten wahrscheinlich gar nicht an das, was sie sahen.

Hollywood hat das berücksichtigt und sofort ein paar Filme über die Mondlandung gedreht, die zeigten, wie sie auf dem Backlot von Paramount oder Universal für die Fernsehsendung »zurechtgemacht« wurde.

Noch heute glauben viele, daß es nie eine Mondlandung gegeben hat. Noch mehr, so erklärte ich mir das Desinteresse der Autofahrer auf dem Strip, verstanden einfach die Bedeutung der Angelegenheit nicht. War nicht Jules Verne längst auf dem Mond gewesen? - So what?
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Und da saß sie, die kleine Barbara Klein

Als wir endlich bei Hefner drüben ankamen, war alles gelaufen. Dutzende von Prominenten drängten sich in seinen Räumen. Ich saß plötzlich neben der Freundin Hefners, einer süßen dunkelhaarigen Barbara Klein aus Sacramento, der Hauptstadt Kaliforniens.

Barbaras Vater besaß dort eine Privatklinik, sie selber studierte Veterinärmedizin an der UCLA. »Hast du keine Lust, Schauspielerin zu werden?« fragte ich sie. Ihre Antwort kam etwas zögernd.

Eine Stunde später drückten wir Hugh Hefner mein Drehbuch in die Hand und Barbara einen Vertrag. Sie sah genau richtig aus: ein entzückendes Stupsnäschen aus guter Familie, dem man ein paar wilde Sachen zutrauen konnte.
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Jetzt mit amerikanischem Künstlernamen Barbi Benton

Am nächsten Morgen stand sie vor der Kamera, und wir veröffentlichten im Hollywood-Reporter, der Fachzeitschrift, zum ersten Mal ihren neuen Namen: Barbi Benton. Und schon ging es wieder los wie bei Evelyn Renziehausen, die nicht Eva Renzi heißen wollte.

Barbara Klein weinte, sie hielt ihren Namen für so schön exotisch. Ich hatte Mühe, ihr klarzumachen, daß an dem Namen Klein nichts Exotisches ist - und Barbi wie auch Benton für den deutschen wie amerikanischen Markt trefflich geeignet.

Barbi-Darling erwies sich als ein Naturtalent, das, ähnlich wie die Renzi, ihrer Rolle hemmungslos gerecht wurde, von einem Bett ins andere springend, aber nie auch nur einen Busen zeigend. Ich Trottel.

Als der Film im Januar 1970 in München anlief, hatte Rolf Thiele vorher in diesem »Sonnen-Kino« in der Sonnenstraße gerade seine Sex-Schnulze "Komm nur mein liebstes Vögelein" herausgebracht. In unserem Film aber gab's nicht die Spur von nacktem Fleisch zu sehen.

Dafür veröffentlichte Hugh Hefner im Playboy zwölf Seiten pudelnackte Barbi Benton. Nun ja.

Horst Wendlandt erwies sich als »good Sport« und meint bis heute: »Aber wir haben uns doll amüsiert, Dicker!«
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Ach, das Leben macht trotzdem Spass

Erboste Freunde und Bewunderer meiner ersten drei Filme, die den Sperrbezirk noch für einen Ausrutscher gehalten und trotzdem Ironisches und Satirisches darin entdeckt hatten, übergossen mich nun mit Hohn und Spott, als sie "Mir hat es immer Spaß gemacht" sahen.

Hugh Hefner war zu den letzten Aufnahmen in Berlin mitgekommen und hatte selbst eine kleine Rolle gespielt, und als die amerikanische Version vorführbereit war, hatte er trotz der zu erwartenden schlechten Kritiken darauf bestanden, daß ich mit Wendlandt nach Chicago flog und ihm das Ergebnis vorführte.

Er brannte immer noch lichterloh für seine Barbi Benton, die zu den Endarbeiten allein nach Berlin gekommen war, um einen (witzigen?) Kommentar, ein »Voice over«, zu sprechen.

Wir hatten sie im Kempinski einquartiert, und sie gab ihre gesamte 10.000-Mark-Gage für den Kauf von Berliner Modeschmuck aus, den es in ganz Amerika damals so wenig gab wie einen Espresso.
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Immer wieder kam in mir der Vergleich zu Eva Renzi hoch

Wir saßen den Tag über im Tonstudio der CCC und aßen auch abends noch im Kempi-Grillroom zusammen. Ich war von ihrem spontanen, unerschrockenen Talent mindestens so entzückt wie von dem der Eva Renzi, aber sexuell interessierte sie mich nicht.

Um so erstaunter war ich, als sie mir auf amerikanische Art eines Abends beim Essen ihren Zimmerschlüssel zuschob, eine eindeutige Einladung, mit ihr in den Fahrstuhl zu steigen. Beim Drehen hatte meine Frau schon bemerkt, daß sie auf Ray Ventura, einen ihrer attraktiven Partner, flog, der sie im Film auf seinem Motorrad während der Fahrt entjungferte.

Als »Hef« mehrmals bei der Produktion anrief, weil er sie zu Hause nicht erreichen konnte, wußte die ganze Crew Bescheid. Was ich nicht für möglich hielt, bei dem Renommee, das der Playboy-Herausgeber in der Damenwelt genoß.

Allerdings war mir auch klar, daß in Hefners luxuriösem Anwesen, das er sich in Beverly Hills zulegte, hinter hohen Zäunen wild durcheinander gevögelt wurde. So etwas wie »Treue« war also von Barbilein nicht zu erwarten. Aber von mir, immerhin.

Ich schob ihr also den Zimmerschlüssel nicht minder diskret wieder zurück.
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In Hollywood gingen und "gehen die Uhren anders".

Barbi Benton ist dennoch jahrelang mit Hugh Hefner zusammengeblieben und scheint dann, auf einmal, vernünftig geworden zu sein.

Sie heiratete einen Immobilienmakler aus Pasadena, und als ich sie, mindestens zehn Jahre später, auf dem nächtlichen Parkplatz von Spago's auf dem Sunset Boulevard wiedertraf, gab's ein großes Hallo!

Und sie erzählte ihrem Mann, ich sei der einzige Regisseur, der es nicht nur nicht versucht, sondern sogar abgelehnt habe, mit ihr ins Bett zu gehen, damals in Berlin.

Die offene Ehe, die sie führte, scheint trotzdem funktioniert zu haben, denn sie ist heute noch mit ihrem Immobilienfritzen zusammen.

Aus Barbi ist übrigens dann doch keine Veterinärin, sondern eine muntere, sehr erfolgreiche Country-Sängerin geworden, die überall auf der Welt Gastspiele gab, am beliebtesten wurde sie in Finnland.
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Nochmal zurück ins Playboy-Building in Chicago

Aber noch sind wir in Chicago, Hefner hat seinen Playground in Beverly Hills noch gar nicht bezogen, arbeitet aber bereits am Umzug seines Verlages nach Los Angeles.

Wendlandt und ich trafen im Playboy-Building in Chicago ein und bekamen ein rotes und ein blaues Gästezimmer zugewiesen, jedoch keine Spielgefährtin.

Die lernten wir erst abends im großen Filmvorführsaal alle kennen, als sie sich in die Sessel kuschelten - in Zweiersofas, besser gesagt. Doch die intimeren Aktivitäten begannen erst, als Hef im seidenen Schlafanzug erschien, uns begrüßte und dem Vorführer das Zeichen zum Beginn gab.

Es wurde viel gelacht und gekichert während des Films, auch eindeutigere Geräusche waren zu hören, aber am Ende wurde uns klar, daß wir Hollywood nicht erobert hatten.
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Warum der amerikanische Film so erfolgreich war ......

Es war mir ziemlich schnuppe. Mein Interesse am Film schlechthin begann zu erlöschen, wie jedesmal, wenn ich mit einem fertig war.

Mein Interesse an Hollywood hingegen wurde, nach den praktischen Erfahrungen in der amerikanischen Filmindustrie, richtig groß, ja riesig. Ich begann langsam zu begreifen, warum der amerikanische Film so erfolgreich war.
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Immer zuerst ein Gremium von mehr oder minder bescheuerten »Experten« überzeugen müssen .....

Und das hatte zuerst und vor allem mit der totalen Freiheit seiner Autoren und Produzenten zu tun, die sich jedes beliebigen Themas annehmen konnten, das sie - und nur sie allein - interessierte, ohne es vorher einem Gremium von mehr oder minder bescheuerten »Experten« zwecks Finanzierung zur Genehmigung vorlegen zu müssen, wie in Deutschland.
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Anfang der 1970er Jahre war Schluß mit der Filmerei

Mit dem Beginn der siebziger Jahre also war Schluß mit der Filmerei für mich. Meine Methode, einen Einfall sofort zu realisieren, entsprach hundertprozentig der amerikanischen.

Die von meinem Freund Schlöndorff und Konsorten in der sozial-liberalen Koalition entwickelte Filmförderung des Staates, später auch der Bundesländer, hätte mich gezwungen, zuerst ein Drehbuch zu schreiben, es in soundsoviel Kopien zur Prüfung einzureichen und dann ein Dreivierteljahr, mindestens, auf die Entscheidung eines höchst zweifelhaften Gremiums zu warten, um eventuell einen Teilbetrag der Produktionskosten als Darlehen - später erfand man die Formulierung »nicht rückzahlbares Darlehen« - zu bekommen.

Also erst, wenn mir das Interesse an dem Stoff längst vergangen wäre.
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Bei mir ging die Welt nicht unter, im Gegenteil ...

Zudem hatte ich mit Jasmin ein journalistisches Projekt, das mich mehr interessierte als jeder Film. Ich konnte Themen produzieren, selbst schreiben oder schreiben lassen, die in der deutschen Illustriertenpresse bisher noch nie berührt worden waren.

Ich konnte einen Dreiteiler über Arndt von Bohlen und Halbach, den Krupp-Erben, schreiben, von dem es nur eine Tüte voller Klatschmeldungen in den Archiven gab, ich konnte über XY-Zimmermann schreiben, der es bislang abgelehnt hatte, einen Journalisten zu empfangen, konnte ihn monatelang observieren lassen, um am Ende den ersten Satz zu formulieren: »XY-Zimmermann hat sich schon für Kriminologie interessiert, als er noch im Zuchthaus saß .« (in Bautzen).

Und ich konnte der geheimnisvollen Schönheit nähertreten, die im Stern jede Woche eine hinreißende Kolumne schrieb und sich »Sybille« nannte.

Wer, außerhalb Münchens, wußte damals schon, daß sich Anneliese Friedmann, die Herausgeberin der Münchner Abendzeitung, hinter diesem Pseudonym verbarg?

Sie drohte Henri Nannen, nicht mehr für den Stern zu schreiben, wenn er nicht verhindern würde, daß der Artikel über sie in Jasmin erschiene.

Als er trotzdem erschien, stellte sie von einer zur anderen Ausgabe ihre Kolumne im Stern ein. Und Henri Nannen sagte am Telefon: »Ich kann doch keinem Kollegen verbieten, etwas zu schreiben! Wo sind wir denn?«

Ja, wo sind wir? Dann traf ich Berthold Beitz und verabschiedete mich für ein halbes Jahr von Jasmin, um in Moldens Alpen-Refugium das Tall-Komplott zu schreiben. Das Leben machte, ach, auch ohne Filmerei eine Menge Spaß.
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