Der "Lorenz-Tonolor-KV20" Kinoverstärker
Nach dem fatalen Ende des 3. Reiches im April 1945 hatten die Überlebenden eine ausgeprägte Sehnsucht nach echter ungezwungener Freude, Schmunzeln und Lachen, bunten Bildern und dem "Duft der grossen weiten Welt", also den nur in den Kinos zu sehenden Träumen.
Und das war damals genauso wie 1989 nach der Wende, als die allermeisten Ostdeutschen eine Sehnsucht nach ferneren Ländern ausserhalb ihres zusammen- gebrochenen Ostblock-Staatswesens hatten. Sie wollten raus aus dem Gefängnis ..... und die Reichsdeutschen wollten ab 1946/47 wieder bunte Träume sehen.
Die Kinos in den "reichsdeutschen" Großstädten waren fast alle eingeebnet, die wenigen verbliebenen intakten Kinos in den größeren Städten und in den weniger zerstörten Gebieten waren von den Truppen der Besatzer requiriert und die alte Kino-Industrie konnte anfänglich gar keine Kinotechnik liefern - es war ja alles kaputt oder die Werke der Marktführer lagen unerreichbar in der Ostzone.
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Die Industrie hatte zum Glück die alten Pläne noch in der Schublade
Gefragt waren Kinoprojektoren, Verstärker, Lautsprecher, Bildwände und Hausverteilungen für die Vorführräume. Natürlich war auch der Rest Mangelware wie zum Beispiel Kino-Stühle oder Kino-Sessel. Und so wurde Vorkriegsprodukte reanimiert wie dieser Lorenz Kinoverstärker.
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Was beim Abbau zuerst auffällt - das Gewicht .....
Die Radio-Firma Lorenz baute in der NS-Zeit ab 1936 ebenso Kinoverstärker wie Siemens- Klangfilm und Telefunken. Betrachtet man diese Verstärker heute in 2025, so sollten sie (vermutlich) einen damals noch gar nicht im Gespräch gewesenen Atomkrieg überleben. Die mindestens genauso massiven Klangfilm-Verstärker in ihren massiven Stahl- schränken waren nicht unter 65 Kilo zu haben. Dieser Lorenzverstärker ist mit gefühlten "nur" 40 Kilo - aber nur für einen Kanal - fast noch ein gußeisernes Leichtgewicht. Angeblich seien es nur 30 Kilo.
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Die beiden Türen vorne und hinten sind kräftige massive Gußteile und auch der Innenrahmen ist massive Gußtecnik. Es ist aber keiner mehr da, der uns erklären könnte, warum diese Teile so massiv sein mussten. Es hatte natürlich einen kleinen Vorteil, die hatte nämlich keiner geklaut, weil sie ja erst von der Wand abgehängt werden mußten und das war gar nicht so einfach.
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Auch 1949/1951 waren dicke Röhren noch Mangelware
Da auch die Radioröhren-Werke fast alle "platt" waren, also eingebombt, rappelten sich Philips und Telefunken und Siemens und andere Hersteller nur langsam wieder auf, die benötigten Röhen in großen Stückzahlen herzustellen.
In der Historie von Max Grundig und Hermann Brunner-Schwer (Saba) lesen wir viel über diese Enpässe. Für die leistungsmäßig großen Verstärker - im Gegensatz zu Omas Radio mit 3 Watt - wurden auch starke Endröhren benötigt.
Die mit echten 30 Watt Sprechleistung für größere Verstärker ideale Leistungspentode von Philips, die "EL34" gab es ja erst ab ca. 1954.
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Die "Wahrheit" über die Audio-Qualität der Kinoverstärker
Manchen Kinoverstärkern - insbesondere denen von Klangfilm und Siemens - wird eine edle Hifi-ähnliche Audioqualität zugeschrieben, die in der Realität nur bei Esoterikern erreicht wurde. Gleiches gilt auch die großen Kinolautsprecher von Klangfilm. Richtig ist nur, daß diese Lautsprecher zwangsläufig einen sehr hohen Wirkungsgrad hatten und haben mußten, ähnlich wie die späteren Klipsch-Hörner aus USA.
Die normalen 10 Watt und 20 Watt End-Verstärker erreichten gerade mal die von der Lichttoneinheit angelieferten Qualitäten und die lagen bei maxmal 7.000 bis runter zu 100 Hz. Denn wir sind noch im Jahr 1955. Die ersten großen Grundig Konzert-Radios (wie der 3055 unseres Vaters) konnten mit ihren neuen UKW- Empfangsteilen die Zuhörer begeistern, weil auch die Quelle, die UKW Sender auf einmal 40 bis 15.000 Hz übertrugen. Das galt aber nur für damalige kleine Wohnzimmer, nie für einen Kinosaal.
In keinem - auch der großen UFA Paläste - kam ein Ton unter 100 Hz aus den gewaltigen Lautsprecher- Konstruktionen raus. Alles andere ist Wunschdenken, um den Preis zu erhöhen. Auch als ab 1954 die ersten 4-Kanal Magenttonfilme gespielt wurden, konnten die ganz neuen Verstärker unten herum 60 bis 80 Hz an die Lautsprecher anliefern. Oben herum ging es dann bis etwa 12.000 Hz. Das war zur damaligen Zeit Super-Hifi - es gab so gut wie keine Vergleiche ausser bei großen Konzerten.
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Ziemlich eindeutige Aussagen über das Alter
Nicht nur vor dem 2. Weltkrieg, auch danach hatten die Hersteller der Bauteile, also der großen Kondensatoren und auch Trafos, fast immer einen Datumscode aufgedruckt. Da die Montagewerke diese Bauteile fast immer zeitnah verarbeiteten, es war damals ein Mangel an Kapital da, kann man mit einem Fehler von nur wenigen Wochen auf das Produktionsdatum schließen. Bei unserem Gerät war es sicher der Dezember 1949 oder der Januar 1950.
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Und so ist es und bleibt es ein historisches Schaustück
Auch wenn es eine Art von Radio-Eingang - auch für Tonbandgeräte und Kristallplattenspieler gibt- , lohnt die Reparatur nur in den seltensten Fällen. Wer kann heute noch Lichttonfilme vorführen (und hat noch keinen Tonfilmvertärker) ?













