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Historisches Wissen (Kino) aus den Jahren 1954 bis 1958

Diese Artikel stammen aus den Blütejahren des deutschen Kinos etwa ab 1952 bis 1958, als das neue deutsche ARD Fernsehen (schwarz/weiß) die ersten Gehversuche startete und die bereits farbige Kinowelt einen neuen Konkurrenten entdeckte.

Weiterentwicklungen ab 1958

Durch die ungestüme Entwicklung des Fernsehens wurde - zunächst in den USA - eine Krise der Filmindustrie ausgelöst. Nach Überwindung des Schocks besann sich die Filmproduktion auf ihre besonderen Möglichkeiten und bemühte sich, den Besuch des Lichtspieltheaters mit neuen Erlebnisinhalten zu füllen - vorwiegend solcher Art, die dem Fernsehen, wenn nicht grundsätzlich, so doch auf lange Zeit verschlossen sind.

Der Zuschauer sollte die Illusion erhalten, die dargestellte Welt räumlich zu erleben, in das Geschehen einbezogen zu sein, statt guckkastenartig das Geschehen auf einer fensterhaften Leinwand zu betrachten. Die Bilder sollten natürlich farbig sein, die räumliche Perspektive, die dritte Dimension sollte in Verbindung mit einer plastisch räumlichen Ton-Wiedergabe den Besucher beeindrucken.

Alles das waren durchaus wirksame und zugkräftige, realistische Komponenten, die das Fernsehen nicht bietet. (Anmerkung: wir schreiben 1956)

3D Kino (räumliches Sehen)

Die physikalischen und physiologischen Bedingungen für ein räumlich wirkendes Projektionsbild waren bekannt und brauchten nur verwirklicht zu werden. Vorübergehend versuchte man eine echte stereoskopische Projektion mit zwei Bildwerfern und Betrachtung des Bildes mit Brillen zur getrennten Wahrnehmung der beiden geringfügig verschiedenen, übereinander projizierten Bilder.

Die beiden Teilbilder werden mit verschieden polarisiertem Licht (Lichtwellen unterschiedlicher Sehwingungsrichtung) projiziert und durch Brillen mit trennend wirkenden Polarisationsfiltern betrachtet. Das alte Verfahren für die Bildtrennung, das Anaglyphen- Verfahren, welches für die Projektion mit den beiden Farben Rot und Blau und Betrachtungsbrillen mit einem roten und blauen Filterglas arbeitet, wird heute nicht mehr angewandt.

Beide stereoskopischen Verfahren vermitteln einen hervorragenden räumlichen Eindruck, jedoch nur für einen eng umgrenzten Betrachtungsbereich. Aus diesem Grunde und wegen der Unzumutbarkeit von Filterbrillen für den Kinobesucher konnten sie sich in der Praxis nicht behaupten. Man kehrte deswegen zu einer schon vor der Tonfilmzeit 1929 erprobten Verbesserung der Bildwirkung zurück.

Breitbild und Breitwand-Projektion mit Mehrkanal-Ton

In Anlehnung an den Blickwinkel des menschlichen Auges mit einem Höhen zu Breitenverhältnis von etwa 1:2 wurden damals in den USA Breitwandfilme mit einer Filmstreifen-breite von 56 bis 70mm Breite und Seitenverhältnissen von 1:1.8 und 1:2.3 hergestellt. Diese pauschal so benannte Breitfilmtechnik wurde nun erneut angepackt, um den Einbruch des Fernsehens aufzufangen.

Ein solches extrem breites Bild vermittelt besonders dann den Eindruck einer räumlichen Tiefe, wenn die Bildwand bogenförmig gekrümmt ist und ihre untere Begrenzung mit der Bühnenunterkante zusammenfällt.

Der Zuschauer fühlt sich "mitten im Geschehen selbst sitzend" und erlebt einen pseudo-stereoskopischen Effekt dadurch, daß das Auge nicht die volle Bildfläche als Ganzes wahrnehmen (fixieren) kann, sondern das dargebotene optische Geschehen - ganz wie es auch in der Wirklichkeit geschieht - nacheinander abtastet. Der Eindruck solcher Vorführungen ist bis zum Übermaß stark und realistisch.

Das die gegebenen Möglichkeiten am weitesten ausnutzende Cinerama-Verfahren benutzt eine Riesenbildwand mit einem "Gesichtsfeld" von mehr als 1000. Durch Anwendung von 3 synchron laufenden und über Kreuz projizierenden Bildwerfern gelingt es, die Projektionsfläche von etwa 8,5 x 22m scharf und hell genug auszuleuchten, wobei allerdings gewisse störende Stoßstellen auftreten. Die vom Bild ausgehende räumliche Wirkung wird durch die stereophonische Vielkanal-Wiedergabe des auf getrenntem Magnetfilm aufgezeichneten Begleittones unterstützt.

Über eine 6kanalige Wiedergabe-Einrichtung werden 5 hinter der Projektionswand liegende Lautsprecher und eine hinten im Zuschauerraum installierte Lautsprechergruppe betrieben. Hierdurch entsteht eine hervorragende Übereinstimmung auch der Schallrichtung mit den Bildeindrücken.

Wegen seines großen Aufwandes bei der Aufnahme wie für die Vorführung wird das Cinerama- Verfahren auf wenige hochqualifizierte Produktionen und auf Vorführungsmöglichkeiten nur in einigen Theatern großer Städte beschränkt bleiben.

Natürlich läßt sich eine breite Bildwand auch von einem einzigen Projektor ausleuchten. Das Seitenverhältnis etwa 1:2 kann dabei auch durch entsprechende Abdeckung des 35mm Normalbildes gewonnen werden. Dieser Methode haftet jedoch der Nachteil schlechter Lichtausbeute und geringer Ausnützung der zur Verfügung stehenden Filmfläche an. Trotzdem ist eine große Anzahl solcher Filme hergestellt worden. Sie besitzen auch nur die normale Lichttonspur.
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Von Vista-Vision bis Cinemascope

Um für den Ton die Möglichkeit einer einfachen pseudostereophonischen Wiedergabe zu schaffen, wurde das Verspecta- Sound- Verfahren ausgearbeitet. Es bedient sich dreier Ton-Steuerkanäle, die unterhalb des hörbaren Tonbereiches auf den Frequenzen 30, 35 und 40 Hz je ein Signal zur Lautstärkeregelung von drei Lautsprechern benutzen. Wenn sich eine Schallquelle von links nach rechts über die Leinwand bewegt, wird mit dieser Vorrichtung das Maximum der Lautstärke vom linken über den mittleren zum rechten Lautsprecher verlagert, so daß ein gewisser künstlicher Richtungs-Effekt entsteht.

Das Todd-AO-Verfahren, mit einem Seitenverhältnis von 1:2 benutzt einen 70 mm breiten Film, mit 5 Perforationslöchern pro Bild. Auch hier ist der Projektionswirkungsgrad klein. Da indessen beim Todd-AO-Verfahren für den gleichen Bildinhalt mehr als die vierfache Fläche (1070 qmm zu 236 qmm) als beim kaschierten 35mm Normalfilm zur Verfügung steht, ist der relative Einfluß des Emulsionskornes und damit die Auflösung um diesen Faktor günstiger. Die Tonwiedergabe erfolgt über 6 Magnettonspuren, die jedoch auf dem 70mm Filmband selbst untergebracht sind.

Das Vista-Vision-Verfahren verwendet auf 35mm Normalfilm ein Bildformat von 18,3 X 36 mm in Richtung der Filmerstreckung, um durch das größere Format die Auflösung zu verbessern.

Das in großem Umfang benutzte Cinemascope-Verfahren benutzt zum Zwecke der Breitwand- Projektion anamorphotische Objektive. Hierunter versteht man optische Systeme nach dem Prinzip der Zylinderlinsen. Bei der Aufnahme werden die Vorgänge durch ein in horizontaler Richtung zusammendrängendes Objektiv ohne Änderung der vertikalen Proportionen auf das normale 35mm Format gefilmt. Diese nach der Art von Vexierspiegelbildern gepreßten Filmbilder werden durch ein die optische Aufnahmepressung kompensierendes Linsensystem auf eine breite Bildwand projiziert.

Es entstehen so in der Wiedergabe völlig unverzerrte Bilder großer Breite. Durch Ergänzung mit einem anamorphotischen Objektiv läßt sich jeder normale Projektor in einen Cinemascope- Breitwand- Projektor umwandeln. Für den Ton kann ebenfalls ein Magnetton- Mehrkanalverfahren mit Raumtonwirkung verwandt werden.

Der Ausblick über das Jahr 1960 hinaus ...

Meistens werden jedoch einfache Lichttonspuren benutzt. Über die dargestellten Verfahren hinaus existiert noch eine große Zahl weiterer Methoden für die Breitwandtechnik.

Die wünschenswerte Vereinheitlichung läßt noch auf sich warten (Anmerkung: wir schreiben 1956). Die farbigen Breitwandverfahren mit stereophonischem Ton haben nicht nur die Bedrohung der Filmindustrie durch das vordringende Fernsehen erfolgreich abgewehrt, sondern - mehr noch - beiden Sparten erhöhte Klarheit über ihre technischen Möglichkeiten und Grenzen vermittelt. Die Erkenntnis des den Medien Gemäßen wird beiden Bereichen von Nutzen sein.

Die Weichenstellung kann - soweit es den technischen Sektor betrifft - vielleicht so charakterisiert werden: Der Film hat die Möglichkeiten der Farbe, der auch für Naturpanoramen und Massenszenen geeigneten Breitwand und des Raumtones zur Vorführung vor einem großen Publikum, das sich eigens zu einer Veranstaltung aufmacht.

Das Fernsehen mit seinen vorerst auf schwarz-weiße Bilder kleinen Formats und geringerer Auflösung mit dazu passendem Ton beschränkten Möglichkeiten wirkt "intimer", im eigenen Heim, auf den einzelnen oder eine Familiengemeinschaft.

Beide bedürfen verschiedener Gestaltungsweisen für Bild und Ton. (Anmerkung: wir schreiben 1956)

Und dennoch beeinflussen sich die Techniken wechselseitig. Der Film versucht sich an Projekten, Fernsehgroßprojektionen in die Lichtspielhäuser einzuführen, und beginnt, ursprünglich für das Fernsehen entwickelte Verfahren und Geräte, z. B. den elektronischen Sucher und neuestens die magnetischen Bildaufzeichnungs- Geräte, für seine Zwecke einzusetzen (Elektronicam, Ampex).

Das Fernsehen seinerseits benutzt schon heute in großem Umfange den Film als Bild und Tonspeicher und wird voraussichtlich in Zukunft in noch stärkerem Maße von den Praktiken der Filmproduktion Gebrauch machen.

Wie bereits mehrfach eingefügt, wir schreiben hier noch das Jahr 1956 !!

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