Sie sind hier : Startseite →  Film- und Kino-Literatur →  1954 - Der Filmvorführer→  Vorwort und Zusammenfassung

Wir haben nur 9 (von 10) Jahrgänge(n) vom "Filmvorführer"

Heft 2 aus 1954
Heft 9 aus 1963

Daß der 6. Jahrgang (1959) fehlt, ist nicht so besonders schlimm. Alleine die anderen Jahrgänge öffnen dem betrachtenden Redakteur im Jahr 2025 die Augen und lassen eine Beurteilung der ganzen Branche zu.

1954 war die Kino-Branche noch in einem ungeahnten vermeintlich grenzenlosem Aufschwung und dann wuchs damit die Idee : Machen wir doch auch noch eine Zeitung für den "Filmvorführer".
.

Der Filmvorführer hatte überhaupt keinen Einfluß auf Investitionen und Beschaffung

Aus meiner Erfahrung und dem Miterleben dieser Zeit selbst als kleiner Junge kann ich feststellen, der Filmvorführer hatte überhaupt keinen Einfluß auf die Investition als solche bzw. auf den Bau, die Gestaltung und die Neuinstallation irgend eines Kinos und schon gar nicht auf die gezeigten Filme. Jedenfalls war und ist mir nichts davon bekannt.

Und die Unternehmer (Besitzer und Pächter) hingegen hatten allermeist so gut wie keine Ahnung, was und wie sie da etwas bauen sollten und dann auch taten. Sie betrachteten den finanziellen Effekt (Profit) ihrer Investition "in einer Goldgrube" und ließen sich von einem Architekten und dann von den Einrichtungs-Anbietern ihrer Wahl "beraten". Doch das waren - mit wenigen Ausnahmen - alles nur gewiefte und bestens geschulte Verkäufer, nicht nur bei Kino-BAUER, auch bei Zeiss Ikon und Philips und bei der UFA-Handel in Frankfurt.

Somit ist die hier angepeilte Zielgruppe der "Filmvorführer" von Anfang an unglücklich (oder besser : eigentlich voll daneben). Denn jede Publikation muß sich irgendwie rechnen und das Geld wird mit den Anzeigen verdient.

Und so wurden - konträr zum Titel der Gazette - auch die Inhaber und Betreiber der Kinos angesprochen, nicht direkt, quasi auf Umwegen. Die Filmvorführer suhlten sich in ihrer angeblichen "Wichtigkeit" - bis die Vorführ-Automaten kamen.
.

Der Filmvorführer traf nur die geringsten Entscheidungen

Der Verlag hatte sich - rückblickend auf die Euphorie von 1952/53 - da etwas verhoben und die Werbung für Kinomaschinen und Zubehör und Kinoeinrichtungen verebbte ab 1955 recht schnell. Die wenigen allseits bekannten Hersteller für Kinoeinrichtungen und Kinotechnik hatten das mit der falschen Zielgruppe natürlich gemerkt. Selbst die Entscheidung, welche Kino-Kohlen in den Kohlebogenlampen der Projektoren eingesetzt würden oder wurden, traf der Chef und nicht der Filmvorführer. Es war auch eine Frage des Preises.

Bei der gesamten Konzeption des "Filmvorführer's" liegt meines Erachtens ein deutlich sichtbarer Denkfehler vor. Dieses Monats-Blättchen (eine Gazette) war mangels lukrativer Anzeigen immer ein Zuschussbetrieb zu den anderen Filmblättchen des Film-Echo- Verlages. Und abonnieren solte es der Chef für seinen oder seine Mitarbeiter.
.

Ein neues Blättchen zur Steigerung des "Selbstwertgefühls"

In dem Blättchen wird dem Filmvorführer vorgegaukelt, daß er der wichtigste Mann / Mitarbeiter im Kino sei und er eine sehr veranwortungvolle Tätigkeit ausübe, für die er ja auch eine Ausbildung durchlaufen hatte.

Dem war aber gar nicht so. Als die ersten Hersteller etwa 1955/56 die Kino-Automaten anpriesen, wurde auch den Dümmsten klar, der Vorführer ist durch eine Maschine bzw. einen Automaten zu ersetzen. Den angelieferten Film auspacken und auf eine große oder mehrere kleine Spulen zu wickeln (umzurollen), das kann der Hilfsarbeiter oder der Sohn des Hauses auch ohne Ausbildung.

Und so kam es auch. Als ich um 1965 das Vorführen im großen Kino "erlernte", es war für mich als 16jähriger Gymnasiast mehr Gaudi - nachmitags nach der Schule - ein Bißchen Filme vorzuführen. Den Vorführschein der Stadbildstelle für die Bedienung der 16mm Schulprojektoren hatte ich ja bereits, der im großen Kino aber gar nichts galt. Und ich wollte jetzt mal - wie bei meinem Vater vielfach miterlebt - richtiges Kino "machen".

Die damaligen Ernemann X (=10) Projektoren mit 4-Kanal Magnetton und Anamorphot waren mit elektrischer Überblendung bereits recht modern - aber noch mit Kohlebogenlampen bestückt. Xenon Lampen waren in der Planung, damit wurde es dann - nach meiner Zeit - noch einfacher.
.

Schon kurz nach 1958 ab Heft 25 gingen die Themen aus.

Als ab 1956 der Höhenflug der Kinobranche erreicht war, waren in den bisherigen Ausgaben die Fachgebiete der Filmvorführer nahezu vollständig abgedeckt. Und von jetzt an wurden alle kinorelevanten Randgebiete regelrecht abgeklappert.

Doch diese Themen wiederum betrafen fast nur noch die Chefs und Betreiber - vielleicht noch die Theaterleiter - oder etwas geschwollen - die Direktoren - der alten und neuen Kinos. Das betraf die (notgedrungene) Aufrüstung des gesamten Kinos auf das neue Cinemascope Breitbild Format und eventuell auf das neue Xenon-Licht.

Als dann die Besucherzahlen dramatisch einbrachen, gab es bei den Kinos aller Größenordnungen erheblichen Handlungsbedarf. Das mit den unbequemen aber ursprünglich billigen Holzstühlen der ersten 10 oder 20 Reihen sollte man ändern. Die neue Cinemascope Bildwand erforderte viel zu oft erhebliche bauliche Veränderungen am Saal oder am ganzen Gebäude. Auf all das hatte der Filmvorführer - nicht mal beratend - überhaupt keinen Einfluß. Das konnte und mußte der Chef entscheiden.
.

Für mich als Kinobesucher unverständlich:
Neue und alte Kinos übertrafen sich bei der Innenausstattung

Noch so ein Flopp war der Wunsch nach dem landesweit einmaligen - meist prachtvollen und "schönsten" - Innenausbau der Kinos. Für mich war in späteren Zeiten völlig unerklärlich, warum sich ein Kino von der Pracht und dem Prunk her von anderen Kinos in der gleichen Stadt oder sogar von Kinos in der Nachbarstadt absetzen mußte. Wir hatten hier in Wiesbaden von sogenannten Interieur her sehr unterschiedliche Kinos von schlicht und grau bis prunkvoll palastartig und pompös bis hin zu leicht verfallen und verlottert.

Uns Wiesbadener Kinobesuchern wäre nie in den Sinn gekommen, nach Mainz oder Frankfurt oder Darmstadt zu fahren, nur weil ein dortiges Kino "prachtvoller" und pompöser sein würde als die unsrigen hier in Wiesbaden. Das Gleiche galt auch für die Dorfkinos bei uns im hinteren Taunus und im gesamten Rheingau.

Die Bequemlichkeit der Sessel (oder besser die Unbequemlichkeit von uralten Holzstühlen oder Holzklappstühlen war aber schon ein Kriterium.
.

Was war weiter auffallend ? Die Hannover Messe Berichte .....

Auf mehreren Coverseiten mit damaligen Luftaufnahmen des Messegeländes von Hannover ist es deutlich zu sehen. Da sind mehrere tausend Parkplätze gefüllt mit Autos aller Art. Und das war doch ein untrügliches Zeichen - wie wir heute wissen - daß die Mobilität ganz entscheidend zugenommen hatte. Diese neue Mobilität - auch als Zeichen des neuen Wohlstandes zu erkennen - hatte zuerst die Dorfkinos in den alten Turnhallen und Tanzsälen gekillt und dann die Vorstadt-Kinos, ein Kino nach dem anderen.

Vom kommenden Fernsehen als Gefahr für die Kinowelt sprachen nur die betroffenen Beteiligten, das waren die Film-Verleiher und die Betreiber der Kinos, die ihre Pfründe wegschwimmen sahen. Die Filmvorführer hatten nur teilweisen Einblick in die finanzielle Situation ihres Hauses. Sie merkten aber recht schnell, daß die Säle nur noch seltenst voll waren, eher im Gegenteil.
.

Meine Erfahrungen mit den Nachmittags-Vorstellungen

Bei den Nachmitagsvorstellungen im "UFA im Park" mußte ich von unserer Kassiererin öfter unseren Chef anrufen lassen, ob wir bei 6 Personen überhaupt anfangen sollten. Von anderen Kinos hörte ich, daß nachmittags überhaupt keiner mehr gekommen war.
.

Was mir noch aufgefallen ist - keine Selbstkritik .....

Schon zu Zeiten des 4:3 Normalfilm-Formates Anfang der 1930er Jahre wurden in den Kinosaal so viele Stühle oder - geschwollen ausgedrückt - Kinosessel - rein gequält, wie es nur ging. Jeder Sitz-Platz zählte. Daß die Zuschauer auf diesen billigen Plätzen in den Reihen 1-10 damals schon Genickstarre bekamen, sie mußten recht steil nach oben schaun, war nebensächlich, der Laden war ja voll. Und es waren die billigen 10 Pfennigs-Plätze für Kinder auf harten Holzstühlen. Der Polster-Stuhl fing oft erst nach der 10 Reihe an und Polster-Sessel nach der 30. Reihe ganz hinten für 1 Mark 50.

Auch interessierte den Betreiber (anfänglich) wenig, daß der Zuschauer in den ersten 10 Reihen jeweils ganz links und ganz rechts ein "beschissenes" Film-Erlebnis hatte. So schräg mußte er auf die Bildwand schaun. Von diesen Seitenstühlen war der Zuschauer auch deutlich ausserhalb des Reflexionswinkels der Bildwand, das Bild wurde flau und dunkel - eben für nur 10 Pfennige.

Nach der Umrüstung auf das - im Vergleich - gewaltige Cinemascope Format mit einem richtigen Breitbild, um die ab 1955 kein Kino mehr herum kam, waren diese vorderen Ecken links und rechts sowie die seitlichen Ränge in manchen FIlm-Palästen eine echte Zumutung.

Und es fällt auf, daß davon nur ganz wenig bis gar nichts auf diesen Seiten zu finden ist - also Kritik mit dem Blick in den eigenen Spiegel war nicht opprtun.
.

Der Katzenjammer kam 1962 ab Heft 12

Hier möchte ich auf ein Hifi-Magazin verweisen, dessen Chef und Chefredakteur, Dipl.-Phys. Karl Breh mir in unserer fünfstündigen Zeitzeugen-Unterhaltung verraten hatte, was denn sein größter Fehler war.

Sein größter Fehler war die Annahme einer Anzeige der Firma BRAUN AG Frankfurt auf die Coverseite der allerersten Ausgabe der neuen "Hifi-Stereo Praxis" in 1963. Das hatte er dann 25 Jahre lang "nie wieder" !! gemacht.

Hier beim "Filmvorführer" ist es deutlich zu erkennen, genau dieser gleiche Fehler wird gemacht, wenn die ganze Publikation finanziell schief hängt und kurz vor dem Ende ist. Es sind die vielen OSRAM Anzeigen auf der Frontseite, die unangenehm auffallen - sie sind für eine interessannte wertneutrale Coverseite unpassend.

Dann zum Ende 1963 wurde die Publikation "Der Filmvorführer" quasi gekillt - die Anzahl der Kinos hatte sich mehr als halbiert - und "Der Filmvorführer" wurde mit einer anderen Zeitschrift aus dem gleichen Verlag "migriert".
.

Das war also der letzte Versuch ....

..... die vorauszusehende Pleite zu vermeiden. Aus der Hifi- Literatur- Welt der letzten 30 Jahre vor dem Jahr 2020 (vor der Corona-Pandemie) können wir mehrere solcher Versuche zurück verfolgen, wenn Fachpublikationen schlagartig "vom Markt genommen wurden".

Da hatte dann auch der Verlagsleiter die Notbremse gezogen und ohne Vorwarnug gab es keine weiteren Hefte mehr. Wieviel "rote Zahlen" angehäuft waren, wurde natürlich nicht publiziert. Das kam irgendwann später doch mal raus.
.

.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2025 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht, und kostenlos natürlich.