Die Farbfilmtechnik für Filmschaffende - aus dem Jahr 1943
Hier ist ein Vorwort unbedingt nötig, denn 1943 neigte sich der 2. Weltkrieg deutlich sichtbar in Richtung Katastrophe (Stalingrad ging mit dem Verlust von 320.000 Soldaten verloren). Und dennoch wurden in Babelsberg mit großem Aufwand die wunderschönen Durhhaltefilme gedreht - in Farbe natürlich. Der PROMI Josef Goebbels war dort in der Traumwelt sehr oft zugegen. Und genau in dieser Zeit wurde noch ein Buch für Filmschaffende geschrieben und genehmigt, in dem eine größere Anzahl Farbbilder abgedruckt war. Die Fachzeitschriften der Radio- und Rundfunk- Interessierten Reichsdeutschen Bürger durften schon länger nicht mehr bunt drucken, und schon gar nicht vierfarbig. Und - ganz erstaunlich - in dem Buch liest man fast keine NS Propaganda.
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Farbfilmtechnik - Eine Einführung für Filmschaffende (1943)
von Dr. Richard Schmidt - Leiter der Filmtechnischen Zentralstelle und Vorstandsmitglied der Universum-Film Aktiengesellschaft (UFA) und Dr. Adolf Kochs - Leiter der Abteilung Bildtechnik der UFA-Babelsberg. - Weiterhin ist ein Geleitwort des Reichsfilmintendanten Dr. Fritz Hippler enthalten.
1943 - Max Hesses Verlag - Berlin - Umschlag H. Dassel - Die Zeichnungen wurden von R. Pielicke angefertigt - Copyright by Max Hesses Verlag, Berlin 1943 - Gestaltung Diplom-Kaufmaun F. Schenk - Druck August Scherl Nachf., Berlin
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Dem Initiator der deutschen Farbfilmproduktion Dr. h. c. Ludwig Klitzsch gewidmet.
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Der Inhalt
Erster Hauptteil (I): Die Farbenlehre
Geleitwort | 9 |
Einleitung | 11 |
Erster Hauptteil: Die Farbenlehre | |
A. Licht und Farbe | 13 |
1. Lichtschwingungen - Spektrale Zerlegung des Lichtes | 13 |
2. Energieverteilung im Spektrum | 16 |
3. Lichtschwingungen und Farbempfindungen | 18 |
4. Gegenfarben | 19 |
5. Additive Farblichtmischung | 21 |
6. Farbfilter | 21 |
7. Subtraktiv erzeugtes Farblicht | 25 |
8. Vergleich der Helligkeit von additiver und subtraktiver Farblichterzeugung | 27 |
9. Körperfarben | 29 |
10. Ordnung der Farben | 31 |
B. Auge, Farbsehen, Farbempfinden | 36 |
1. Bau und Funktion des Sehapparates | 36 |
2. Tages- und Dämmerungssehen | 41 |
3. Die farbige Umstimmung des Auges und das Erkennen von Farbtönen | 44 |
4. Farbkontrast | 46 |
5. Nachbilder | 48 |
6. Verschmelzung | 49 |
7. Störungen des Farbensinnes | 50 |
Zweiter Hauptteil (II): Die Farbfilmverfahren
Zweiter Hauptteil (II) : Die Farbfilmverfahren | |
(II) 1. Grundlagen der Farbenphotographie | 54 |
(II) 2. Systematik der Farbenphotographie | 56 |
a) Aufnahmeverfahren | 56 |
b) Wiedergabeverfahren | 60 |
c) Kopplung von Aufnahme- und Wiedergabeverfahren | 61 |
(II) 3. Kurze Beschreibung einiger typischer Farbfilm verfahren | 61 |
a) Francita-Verfahren | 61 |
b) Siemens-Berthon-Verfahren | 63 |
c) Dufaycolor-Verfahren | 64 |
d) Technicolor-Verfahren | 66 |
e) Pantachrom-Verfahren | 67 |
f) Agfacolor-Verfahren | 68 |
4. Vergleichende Gegenüberstellung der hauptsächlichen Farbfilmverfahren | 69 |
Dritter Hauptteil (III): Die Technik des Agfacolor-Verfahrens
Dritter Hauptteil (III): Die Technik des Agfacolor-Verfahrens | |
Einleitung | 74 |
(III) A. Der Agfacolor-Rohfilm | |
(III) A 1. Prinzip des Verfahrens; Überwindung der grundsätzlichen Schwierigkeiten | 74 |
(III) A 2. Agfacolor-Negativfilm | |
a) Aufbau des Films | 77 |
b) Die Sensibilisierung von Negativfilm Type B und Type G | 79 |
c) Die Empfindlichkeit der Negativfilme | 81 |
d) Prüfung und Bereitstellung des Negativfilms | 81 |
(III) A 3. Agfacolor-Positivfilm | 82 |
(III) B. Die Verarbeitung des Agfacolor-Films in der Kopieranstalt | |
(III) B 1. Die Entwicklung | |
a) Prinzip der Farbentwicklung - Verarbeitung von Negativ- und Positivfilm | 82 |
b) Die Behandlung der Tonspur von Agfacolor-Kopien | 85 |
c) Entwicklungsmaschinen - Entwicklerprüfung | 86 |
(III) B 2. Der Kopierprozeß | |
a) Prinzip des Kopierens mit farbigem Licht | 88 |
b) Die Bestimmung des Kopierlichtes | 89 |
c) Kopierrnaschinen | 91 |
(III) C. Die Aufnahme | |
(III) C 1. Beleuchtungstechnik | |
a) Die Farbe der Lichtquellen - Kohiebogenlicht - Nitralicht - Mischlicht - Tageslicht | 95 |
b) Atelierleuchten | 101 |
c) Prinzip der Lichtmessung und Lichtmeßgeräte | 102 |
d) Ausleuchtung und Lichtmessung in Atelierdekorationen | 106 |
e) Ausleuchtung und Lichtmessung bei Freiaufnahmen | 108 |
f) Auswirkung von Fehlbelichtungen | 111 |
(III) C 2. Kamera (Kamera, Optik, Filter, Softeinrichtungen) | 111 |
(III) C 3. Aufnahmetechnische Einzelheiten | |
a) Schminktechnik | 116 |
b) Testtafelaufnahmen | 118 |
c) Rückprojektion und Tricktechnik | 118 |
d) Standphoto | 120 |
e) Tonaufnahmen für Farbfilm | 121 |
(III) D. Die Wiedergabe | |
(III) D 1. Die Projektion des Bildes | 121 |
(III) D 2. Tonwiedergabe | 122 |
(III) D 3. Zuschauerraum | 123 |
Schlußbemerkung | 124 |
Stichwortverzeichnis | 125 |
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Geleitwort (von Reichs-Film-Intendant Dr. Fritz Hippler)
Nachdem auf den ersten deutschen Farbfilm der Ufa „Frauen sind doch bessere Diplomaten" die Harlan-Filme „Die goldene Stadt", „Immensee" und „Opfergang", der Baky-Film „Münchhausen" und der Tobis-Film „Bad auf der Tenne" erschienen sind bzw. in verhältnismäßig dichter Abfolge erscheinen, beginnt damit auch im deutschen Film - wenn auch durch die kriegsmäßigen Schwierigkeiten leider noch zunächst in kleinerem Rahmen - die planmäßige, laufende Herstellung von Farbfilmen.
Daß dem so ist, verdanken wir in erster Linie den verantwortlichen Männern der Agfa, die in jahrelangen Bemühungen das Agfacolor-System entwickelt und auf seinen heutigen hohen Stand gebracht haben; wir danken es weiterhin dem Generaldirektor Dr. Klitzsch, der trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge mit weitschauender Initiative die finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten schaffte, auf Grund deren die ersten Ufa-Filme hergestellt werden konnten; wir danken es insbesondere aber nicht zuletzt auch den künstlerischen Mitarbeitern, insbesondere den Regisseuren und Kameramännern, die mit fanatischer Hingabe von der künstlerischen Praxis her in erstaunlich kurzer Zeit künstlerisch bedeutsame Farbfilme zu gestalten vermocht haben.
Ganz ohne jeden Zweifel bringt die Farbe Probleme und Aufgaben, die der Schwarz-Weiß-Film in dieser Form noch nicht gekannt hat. Wenn die Farbe auch zweifellos nicht so bedeutsame Erschütterungen des gesamten Filmschaffens in künstlerischer und technischer Beziehung mit sich bringen wird wie seinerzeit die Einführung des Tons, so werden dennoch Regisseure, Kameramänner, Schauspieler, Architekten, Maskenbildner, Kostümgestalter und andere vor viele neuartige Aufgaben und Schwierigkeiten gestellt werden.
Für alle diese Filmschaffenden, gleichgültig, ob sie auf künstlerischem oder technischem Gebiet tätig sind, erwächst aus dieser Erkenntnis die Notwendigkeit, sich ein genaues Bild von den physikalischen und chemischen Grundlagen des Farbfilms im allgemeinen und den arbeitsmäßigen Eigenschaften des Agfacolorsystems im besonderen zu machen.
Mit der vorliegenden Einführung ist der Versuch gemacht worden, eine „Farbfilmkunde" zu schreiben, die auf die Bedürfnisse der Filmschaffenden zugeschnitten ist und die ihnen das technische Wissen vermitteln soll, um eine wohlbegründete eigene Einstellung zu dem Gesamtgebiet Farbfilm einnehmen zu können.
Zu diesen Grundlagen gehören auch gewisse Kenntnisse über die physiologischen und psychologischen Bedingungen des Farbensehens in der Natur und unter den Verhältnissen des Filmtheaters; aus diesem Grund erscheint es daher durchaus als angezeigt, daß auch Filmtheaterbesitzer und Vorführer sich mit den Darlegungen dieses Buches vertraut machen.
Es ist bewußt darauf verzichtet worden, künstlerische, dramaturgische und ästhetische Fragen zu erörtern, die sich im Zusammenhang mit den Problemen des Farbfilms ergeben könnten. Wenn schon dem nichtfarbigen Tonfilm auch heute noch eine allgemeingültige und praktisch bewährte Dramaturgie fehlt, so ist diese naturgemäß erst recht noch nicht für den Farbfilm zu verlangen.
Erst eine lange, erfolgreiche Praxis kann hier die Grundlagen für eine allgemeine, künstlerische Theorie des Farbfilms schaffen. Aber wie aus den Erfahrungen der Praxis allein die Grundlagen einer gültigen Theorie erwachsen können, so setzt eine erfolgreiche Praxis ihrerseits wiederum solide technische Wissensgrundlagen voraus. Diese mit vorliegendem Buch zu geben, ist das Verdienst seiner Autoren, denen hierfür nicht genug gedankt werden kann.
Reichsfilmintendant Dr. Fritz Hippler
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- Anmerkung : Es fällt beim Lesen (im Nachhinein) ganz besonders auf, daß in diesem Geleitwort - hier im weit fortgeschrittenen Kriegszustand in 1943 - keine nationalsozialistischen Propaganda-Phrasen ala Josef Goebbels gedroschen wurden. Andere Bücher und Zeitschriften sind voll davon.
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Einleitung
Sobald im Laufe des letzten Jahrhunderts die ersten praktischen Schritte auf dem neu entdeckten Gebiet der Photographie getan worden waren, tauchte auch der Wunsch auf, ein farbiges photographisches Abbild der Natur schaffen zu wollen.
Theoretische Vorstellungen darüber, wie dies durchzuführen sei, waren bereits durch die Arbeiten von Newton aus dem 17. Jahrhundert vorbereitet worden. Praktisch scheiterte die Verwirklichung aller Pläne zunächst daran, daß keine photographischen Platten zur Verfügung standen, die für den gesamten Bereich der aufzunehmenden Farben empfindlich waren. Erst als man gelernt hatte, Photoschichten für alle Farbbereiche zu sensibilisieren, konnte man sich der Farbenphotographie mit der Aussicht auf Erfolg zuwenden.
Während man indessen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt bessere Ergebnisse in der Herstellung farbiger Drucke erzielte, vermochte sich auf dem Gebiet der farbigen Photographie und des Farbfilms keiner von den zahlreichen Vorschlägen vorbehaltlos durchsetzen.
Jedem hafteten so viele Unvollkommenheiten, Fehlermöglichkeiten und sonstige Nachteile an, daß die Öffentlichkeit den Glauben an die allgemeine Einführung des farbigen Films in den letzten Jahren allmählich zu verlieren begann.
Das einzige Farbfilmverfahren, das sich eine gewisse Bedeutung verschaffen konnte, lehnte sich bezeichnenderweise an die Methode des Farbdruckes im graphischen Gewerbe an. Auf die Prinzipien dieser Arbeitsweise, die als Technicolor-Verfahren bekannt geworden ist, werden wir später eingehen.
In 1936 gab es ein neues Farbverfahren (Einleitung 2)
Im Jahre 1936 wurde die Öffentlichkeit mit einem neuen Farbverfahren bekannt gemacht, das die Bezeichnung „Agfacolor" trug und das zunächst dem Amateur die Möglichkeit erschloß, farbige Durchsichtsbilder nach dem Umkehr-Entwicklungsverfahren herzustellen.
Die Tatsache, daß die Farbaufnahme für Standbild und Film für den Amateur damit gelöst schien, gab dem Wunsch, auch im Filmtheater farbige Filme zu sehen, neuen Aufschwung. Immerhin dauerte es noch drei Jahre, nämlich bis zum Sommer 1939, bis das Agfacolor-Negativ-Positiv-Verfahren dem deutschen Film zur Verfügung gestellt werden konnte.
Seitdem ist in den deutschen Filmateliers mit großem Nachdruck an dem künstlerischen Farbfilm gearbeitet worden. Die Erfahrungen, die dabei gesammelt wurden, sollen hier zum erstenmal festgehalten werden, wobei wir uns darüber klar sind, daß erst die nächsten Jahre eine Abrundung und Vertiefung unserer Kenntnisse vom Farbfilmschaffen bringen werden.
Das Agfacolor-Verfahren (Einleitung 3)
Um die Eigenschaften und die Arbeitsbedingungen des „Agfacolor-Verfahrens" richtig verstehen und würdigen zu können, muß man nicht nur den Zusammenhang des Agfacolor-Verfahrens mit anderen vorausgegangenen Farbverfahren kennen, sondern man muß auch eine Vorstellung davon haben, was Farbe physikalisch bedeutet und welche Eigenschaften das Auge befähigen, überhaupt Farbe zu sehen.
Wir beginnen deswegen unsere Ausführungen damit, klarzulegen, was Farbe ist, wie sie erzeugt und gemessen werden kann, und welche besonderen Eigenschaften das menschliche Auge aufweist, damit Farbsehen zustande kommt.
Im zweiten Abschnitt des Buches werden wir dann eine kurze vergleichende Betrachtung der typischen Farbfilmverfahren vornehmen. Es läge zwar nahe, sich auf die Beschreibung des Agfacolor-Verfahrens allein zu beschränken, dem die größten Chancen unter allen bisher vorgeschlagenen Verfahren zugestanden werden müssen.
Trotzdem möchten wir uns und unsern Lesern diese Selbstbeschränkung nicht auferlegen. Alle überhaupt jemals praktisch ausgeübten Farbfilm verfahren sind dem gemeinsamen Baum der Dreifarbentheorie entsprossen, wobei freilich das Agfacolor-Verfahren als ein besonders grün-goldenes Blatt bezeichnet werden mag.
Was dieses Verfahren vor andern auszeichnet und wie es systematisch einzureihen ist, vermögen wir aber nur zu erkennen, wenn wir eine vergleichende Betrachtung über die wichtigsten typischen Farbfilmverfahren anstellen.
Der dritte Hauptteil des Buches wird dann den speziellen Bedingungen der Farbfilmtechnik und insbesondere dem Agfacolor-Verfahren gewidmet sein.
Allen, die uns beim Zustandekommen dieses Buches unterstützten, danken wir herzlich, insbesondere den Geschäftsleitungen und Mitarbeitern der Agfa, Ufa-Filmkunst GmbH, und Afifa. Der Verlag hat trotz der kriegsbedingten Schwierigkeiten allen Wünschen über die Buchausstattung in vorbildlicher Weise entsprochen.
Unser ganz besonderer Dank aber gilt dem Reichsfilmintendanten, Herrn Dr. Fritz Hippler, der die Anregung zu dem Buch gab und durch sein stetes Interesse das Zustandekommen erst ermöglichte.
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