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Anmerkung: Es gab in Deutschland West bislang nur einige wenige Fernseh-Tests - in Hamburg beim NWDR

Und das konnte der zielstrebige Max Grundig nicht lange hinnehmen. Er ließ auf seinem Werksgelände einen eigenen Fernsehsender bauen. Und noch etwas: Am 30.5.1951 war der Autor gr gerade mal 2 Jahre alt. Hier also der Bericht der Fränkischen Zeitung (aus dem Archiv der Stadtpflegers Dr. Alexander Mayer, Sohn des "Labor Mayer damals bei Grundig):

Technische Entwicklung in Bayern durch mangelnde Staatszuschüsse gehemmt - Erster Fernseh-Versuch der Industrie in Nürnberg-Fürth

Fürther Grundig-Werke nahmen ersten Fernseh-Versuchssender in Franken in Betrieb - Der Versuch einer Testbild-Sendung gelang überzeugend - Rundfunkindustrie an Schaffung leistungsfähiger Fernsehempfänger stark interessiert.

Anmerkung: Die damals jungen Grundig Werke waren von Beginn an in Fürth angesiedelt. Aus vielen Berichten ist zu ersehen, daß es schon eine gewisse Rivalität zwischen beiden Städten gab und die Grundig Werke von beiden Stadtverwaltungen jeweils für sich reklamiert wurden.

NÜRNBERG, 30. Juni 1951.

Der von den Fürther Grundiq-Werken gebaute erste Fernsehempfänger, mit dessen Serienbau bis zum Herbst dieses Jahres begonnen werden soll.

Einen sozusagen „historischen" Augenblick - wenigstens in Bezug auf die technische Fortentwicklung in unserem fränkischen Raum - erlebten Nürnberger Pressevertreter, als die Radiowerke Grundig in Fürth zum ersten Male ein Fernsehempfangsgerät im Betrieb vorführten. Es handelte sich um ein Gerät der ersten Fernsehempfänger-Serie, die das Werk im Herbst d. J. herausbringt. Wenn es sich bei der Vorführung auch nur um ein sogenanntes „Testbild" handelte, so erhielt man doch einen allgemeinen Eindruck von der Arbeitsweise und der optischen Wirkung eines neuen Gerätes, das in vielen anderen Ländern bereits einen Siegeszug ohnegleichen angetreten hat.

Wir haben bereits laufend über die Entwicklung des Fernsehwesens in Deutschland berichtet, und dabei nicht ohne eine kleine Bitterkeit feststellen müssen, daß man an den verantwortlichen Stellen in Bayern anscheinend nicht genügend Aktivität (und Geld!) aufbringen kann, um mit einer technischen Entwicklung mitzumarschieren, die doch nicht aufzuhalten ist.

Das Fernsehen wird auch in Bayern seinen siegreichen Einzug halten - allerdings, wie es im Augenblick scheint, so ziemlich an letzter Stelle in der Bundesrepublik. Die Schuld daran trägt eine Politik der verantwortlichen Instanzen, die man nur als „zögernd" bezeichnen kann. Erinnern wir uns an die winzigen 0,7% des Gesamthaushalts des Bayerischen Rundfunks, die man für das Fernsehen übrig hatte ...

Anmerkung: Bayern war auch damals schon eines der größten (neuen) Bundesländer der jungen Republik. Doch in Bayern gingen sehr sehr lange die Uhren anders als im Rest von Deutschland West. Auch beim ZDF später 1963 tanzte Bayern aus der Reihe und zahlte lange seinen Beitrag nicht.

Die Privatindustrie geht mit bestem Beispiel voran

Dabei ist man in Bayern in vielen Kreisen der neuen technischen Entwicklung gegenüber durchaus aufgeschlossen. Besonders von Seiten der Privatindustrie geht man mit bestem Beispiel voran, wie jetzt wieder die Grundig Werke in Fürth bewiesen. Wir berichteten bereits, daß diese Firma einen eigenen Industrie-Fernsehsender baute und sich mit Eifer in die Schaffung eines leistungsfähigen und möglichst preiswerten Fernsehempfängers stürzte.

Nun war der große Augenblick gekommen: anläßlich des „Neuheiten-Termins" (an Stelle einer Funk-Ausstellung) der Radio-Industrie führten die Grundig-Werke auch erstmals einen Fernsehempfänger im Betrieb vor. Wenn es sich auch nur um ein „stehendes" sogenanntes Testbild handelte — eine gewisse Spannung und das Bewußtsein, einen zum mindesten für Franken bedeutungsvollen Augenblick zu erleben, hatte sich der zahlreichen Pressevertreter bemächtigt, als der Empfänger eingeschaltet wurde, die Schirmfläche (320X294 mm) in bläulich-weißem Licht erstrahlte und kaum bemerkbare winzige Lichtreflexe vorüberhuschten.

Dann drehte man auf den Sender ein, der einige hundert Meter entfernt auf dem Werksgelände stand — und scharf und kontrastreich erschien plötzlich das Bild eines Mädchenkopfes auf der Bildfläche, während gleichzeitig der Sprecher des Senders verkündete: „Achtung, Achtung, hier spricht der Fernsehversuchssender der Grundig-Werke. Wir begrüßen Sie bei unserem Versuch, senden ein Testbild und geben Ihnen gleichzeitig die Erläuterungen zu dem Gerät, vor dem Sie sich eben befinden .. ."

Anmerkung: Solch ein statisches Testbild zu "generieren", war damals finanziell gerade noch zu stemmen. Ein 35mm Filmgeber dagegen war auch für einen Max Grundig schon ein großer Happen. Denn der kostete bei der Darmstädter Fese gleich an die Hunderttausend D-Mark.

Der Empfänger arbeitet einfach und „narrensicher"

Es folgte die Beschreibung des Empfängers, der mit seinen vier Bedienungsknöpfen (die auf der Rückseite befindlichen weiteren vier Knöpfe werden von dem installierenden Fachmann bereits fest einreguliert) einfach und „narrensicher" arbeitet. Es ist fast wie beim Radio: ,ie ein Knopf für Klangfarbe und Lautstärke des Tones, ein weiterer für „hell oder dunkel" für das Bild, und der letzte für die Einstellung der gewünschten Konstrastregeluiig des Bildes. Das ist alles.

Lange stand das Bild auf dem Schirm des Gerätes, während die Photographen knipsten und der Sprecher am Sender — abwechselnd mit einer Dame — sprach. Als schließlich abgeschaltet wurde, hatte man das Bewußtsein gewonnen, daß wenigstens von seiten der Privatindustrie alles getan wird, um in einer Entwicklung nicht zurückzustehen, die in allen Kulturländern bereits zum unentbehrlichen Bestandteil von Kultur und Technik geworden ist.

Anmerkung: Lesen Sie dazu auch mal die Beiträge über die Fernsehentwicklung in den USA und in Frankreich. Dort war die Weitereintwicklung des Fernsehen ja nicht verboten worden. In Deutschland durfte über 4 Jahre lang (nach dem Kriegsende im April 1945) an der Fernsehtechnik nicht gearbeitet werden.

Rundfunk wird durch Fernsehen nur ergänzt

Wobei allerdings noch einmal — und bei dieser ersten Vorführung kam es wieder deutlich zum Vorschein — ausdrücklich darauf hingewiesen sei, daß das Fernsehen den Rundfunk nicht etwa ersetzen, sondern nur ergänzen kann. Jeder, der sich einen Fernsehempfänger leisten kann, wird niemals auf seinen Rundfunk verzichten können. Denn selbst wenn Fernsehsender überall in ausreichender Menge einmal aufgestellt sein sollten, so daß der gesamte deutsche Raum sende- und empfangsmäßig erfaßt werden kann, wird die Sendezeit am Tage nur immer sehr kurz sein können, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, denn noch immer kostet eine Minute Originalsendung über 600.- DM.

Wir haben aber eines voraus: wir können die Erfahrungen in den Fernsehsendern Amerika, England und auch Frankreich für uns verwerten, in denen neben dem rapiden Anwachsen der Fernsehempfänger auch die Zahl der Rundfunkgeräte-Käufer nicht etwa fällt, sondern — nach zunächst durch „ganz Vorsichtige" verursachtem leichten Absinken — in regelmäßigem Tempo ständig steigt.

Also noch einmal: das Fernsehgerät kann den Radioapparat — soll man sagen: leider? — nicht ersetzen; es wird jedoch demjenigen, der es sich leisten kann, viel Freude ins Haus bringen. Der Rundfunk aber wird seinen „Ewigkeitswert" behalten.

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