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Am Anfang war der Film stumm

Die Kinoorgel aus Frankfurt
Ein früher Versuch mit dem Ton von einer Schallplatte

Das ging eine Zeit lang gut, dann mußten die Schaubuden- besitzer die Attraktivität wieder erhöhen und ein Klavier oder eine Orgel spielte zu den bewegten Bildern bzw wurde gespielt. Doch schon beim Gesang kam das nicht mehr gut an. So versuchte man - aber nur ganz kurz - eine 40cm Schallplatte neben dem Filmband mitlaufen zu lassen - der sogenannte Nadelton. Es war sehr kompliziert und klappte fast nur bei den Vorführungen des Herstellers.

Mehr über die Technik und Funktion des Nadeltons finden Sie im Hifi-Museum.

Um 1923 hatten drei Berliner eine tolle Idee : der Ton muß lippensynchron mit aufs Filmband, der Lichtton war geboren, ebenfalls eine langwierige und schwere Geburt. Am Ende haben die Amerikaner das weltweit durchgesetzt. Doch der "Sound" war kein richtiger Sound, es klang nur mäßig.

Da aber die Ingenieure von der AEG bereits 1941 (es war am 10.6.1941) im riesigen Berliner UFA-Palast (etwa 2106 Sitzplätze) das verbesserte Magnetofon AEG K4 mit einem völlig irren Sound - also richtiger Tonstudioqualität - vorgestellt hatten, arbeiteten die Amerikaner in Hollywood seit dem Ende der 1940 Jahre (etwa um 1949) an dem Magnettonfilm.

Anfänglich lief ein perforiertes 35mm Tonfilmband (ein voll beschichteter 35mm Film) mit sogar 6 (und sogar 8) Ton-Spuren auf einem ganz speziellen Abspielgerät mit den Projektoren synchron mit. Das funktionierte zwar super, war aber so extrem teuer, daß das nur ganz wenige Kinobetreiber bezahlen konnten.
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Und dann kamen die Amerikaner mit dem 4-Kanal Magnetton ...

ein 35mm Magnetton Vorspann
das 4-kanal Magnettongerät

Jetzt änderte sich die Sachlage. Der Magnetton war 1953 dem damaligen Lichtton haushoch überlegen. Die ganze Magnettontechnik kam ja aus Deutschland und etwa 1947/48 bauten die AMPEX Leute die ersten amerikanischen Magnetbandmaschinen nach einer deutschen Vorlage, dem Magnetofon K4.

Bei uns in den Wiesbadener Kinos war noch 10 Jahre später der Unterschied zwischen der ganz gewöhnlichen Pausenmusik von der (damals neuen Mono-) Langspielplatte (mit Kristall- Tonabnehmer) und dem im Anschluß folgenden normalen Lichtton-Film extem deutlich zu hören. Dann wurden im "UFA im Park" die beiden Kinomaschinen vom Typ Zeiss-Ikon Ernemann X (X steht für 10) mit 4 Kanal Magnetton Geräten nachgerüstet.

Daß da dann 3 Kanäle von vorne (hinter der Bildwand) tönten, war nicht entscheidend. Der Magnetton- Frequenzgang hatte erstmals fast echte Hifi- Qualität und jetzt mussten auch die Schallwände (es waren damals keine geschlossenen "Boxen" wie im heutigen Sinne) zeigen, was sie konnten. Da wurden haushohe Türme bzw. Wände entwickelt, je nach Geldbeutel des Betreibers, ein paar solcher Bilder sehen Sie hier und weiter unten.
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Die ersten Vierkanal Filme waren überwältigend.

Selbst die Wochenschau in Cnemascope
ein 70mm 6 Kanal Magnettonstreifen

Die Magnetton-Filme kamen alle aus Amerika, die Centfox hatte Patente auf Teile der Cinemascope Technik und uns unbedarften Laien war ja gar nicht bewußt, was es für ein gnadenloses Hauen und Stechen hinter den Kulissen der Filmwirtschaft gab.

Dort ging es wirklich um Millionen
und das war damals noch richtig viel Geld.

Aus patentrechtlichen Gründen und um jedes noch so gute System zu toppen, entwickelten die Amerikaner (findige Einzelkämpfer) weitere gigantische Filmtechniken wie Cinerama und ToddAO (also 3 x 35mm Film mit separatem 7Kanal Magnetfilm-Laufwerk und das 70mm hochkant Format und das nochmal bessere 65mm Querformat) mit 6-Kanal und 7-Kanal Magnetton Technik und schweren gewaltigen Verstärkerschränken (zum Beispiel 7 x 55 Watt, die mit den speziellen Projektoren von Aufführung zu Aufführung mitgenommen wurden.
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Manche Vorführer hatten wirklich Stress mit dieser Technik

Eine nachgerüstete Magnetton-Einhait von Klangfilm an einem BAUER B8 Projektor

Die Legenden erzählen, daß relativ oft der Magnetton ganz plötzlich "verschwunden" war. Die 4 Spuren waren "ganz plötzlich" alle 4 völlig leer. Eigentlich war es ein riskantes Pokern mit dem Risiko der neuen Technik.

Die meisten der 35mm Kinomaschinen waren nachgerüstet und der Magnettonteil war sicherlich mit "nicht"- magnetischen Edelstahl-Rollen ausgestattet. Doch die restliche (alte) Maschine wurde aus Kostengründen oft nicht ausgetauscht oder nachgerüstet bzw. ergänzt.
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Und die Antriebsrolle mit denZähnen sowie die Beruhigungs-Rollen waren nun mal aus ganz normalem magnetisierbarem Stahl, auch das Malteserkreuz im Inneren des Gehäuses. Und "irgendwie" gelang es dem Stahl (ab und zu), sich magnetisch aufzuladen und die Magnetspuren auf dem Film zu beinträchtigen bzw. ganz zu "killen".

Der Vorführer hatte natürlich auch eine dicke Entmagnetisierdrossel, die er jeden Tag an beiden Maschinen anwenden "sollte", doch Magnetismus konnte man nicht sehen, manche angelernten Vorführer - sogenannte Hilfswillge - waren auch zu ...... und so wurde es schlichtweg verbummelt.

Und dann war (ganz plötzlich) der Ton weg, manchmal nur auf den ungraden Rollen (nämlich nur auf einer - magnetisierten - Maschine), das war dann besonders lustig.

Und so wurde durch diesen Leidensdruck die Entwicklung verbesserter Lichttonverfahren beschleunigt, es gab später diese Cinemascope Filme auch als zusammengemixte Lichtton Mono Versionen und dann viel später eine Stereo- Lichttonspur und ganz ganz viel später eine codierte Dolby Lichtton-Variante.
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Wie teuer diese Technik war - sieht man hier

Ein ganz rares Exemplar

Grundsätzlich mußte jede Kinomaschine (der Projektor) den ganz normalen Lichttonfilm abspielen können. Und dazu brauchte der Ton-Verstärker immer zwei Lichtton-Eingänge mit Photozellen- Vorverstärker und ein mit den Projektoren verbundenes Umschaltrelais. Für den einen Kanal gab es allermeist nur den einen Endverstärker. Nur größere Häuser hatten einen Reserve-Verstärker an der Wand hängen.

Jetzt kam die 4-Kanal-Technik und jetzt gab es 2 Vierkanal Magnettoneinheiten und die beiden Lichttoneinheiten, die automatisch mit dem Projektor umgeschaltet werden mußten.
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Der edle Rohde & Schwarz 4-Kanal "Saalregler" - der Begriff "Regler" ist leider falsch, Lautstärkesteller müsse es eigentlich überall heißen !

Ein teurer R&S "Saalreger"
aus dem Redlich Kino-Nachlass

Doch da gab es eine Besonderheit im Kinobau. Im Zuschauer- raum, bzw. dem eigentlichen Kinosaal, gab es immer einen extra aufgestellten Sessel ganz hinten in der letzen Reihe und dort war der sogenannte von Anfang an falsch benannte "Saal-Regler". In den Glanzzeiten der Kinos saß hier eine(r) der Platzanweiser(innen) während des ganzen Films und diese Person "regelte" bei Bedarf die Lautstärke nach. Es kam häufig vor, daß einzelne Rollen eines Films unterschiedlich laut waren oder gar eine der beiden Kinomaschinen (also eine der Fotozellen) eine geringere Spannung abgaben.

Das war also der wichtige "Lautstärkersteller" zwischen dem Vorverstärker und der Leistungs-Endstufe, wie in jedem normalen Hifi-Vollverstärker auch - mit der (klitze-) kleinen Ausnahme, daß es oft sogar mehrere 100 Meter Tonleitung zwischen den Verstärkerstufen im Vorführraum und diesem Saalregler gab. (Ausnahmen waren die kleinen Vorstadtkinos, dort war der Lautstärkeregler im Vorführraum am Verstärker dran.)

Und das mit den 100m hin und 100m zurück war nun überhaupt nicht mehr trivial. Denn ab 1954 wurden 4 Kanäle zum Saalregler verlegt und wieder zurück.

Wie im Rundfunkstudio durfte da niemals ein "Brumm" einstreuen noch durfte es sonstige Netz-Schalt- Störungen geben. Und schon wurde es teuer. Die Verstärker oben im Vorführraum mussten nicht nur die niederpegligen, sondern auch die niederohmigen Ausgangsstufen beinhalten. Und wie oft kam es vor, daß der Dekorateur wegen ein paar Film-Plakaten seine Nägel genau in diese Leitung rein klopfte.

Und um es noch komplizierter zu machen, drei der Kanäle für Cinemascope mit 4-Kanal Magnetton mußten absolut synchron geregelt werden und der Effektkanal Nummer 4 konnte dann angeglichen werden. Nicht alle Platzanweiserinnen hatten das jemals verstanden.
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