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Erinnerungen von Manfred Hemmerling (2002) Kapitel 1 - 18

überarbeitet von Gert Redlich im Nov. 2015 - Bei meinem Besuch bei den Pensionären von Radio Bremen im Sept. 2015 legte Nick Kröger dieses Buch auf den Tisch, weil Herr Hemmerling an dem Zeitzeugengespräch leider nicht mehr teilnehmen konnte. Manfred Hemmerling ist wenige Tage vorher am 19. Sept. 2015 im Krankenhaus verstorben. Nach dem groben Durchlesen noch im Hotel in Bremen stand der Entschluß fest, die 260 Seiten der Erinnerungen an 40 Jahre im Rundfunk (bei Radio Bremen) einem erheblich breiteren Publikum vorzulegen.
Um das Ganze lesefreundlich zu gestalten, sind von mir weitere Überschriften zur Trennung von Lese-Blöcken eingefügt worden und natürlich auch Kommentare und Verlinkungen und weitere Bilder, die den jüngeren Lesern einiges besser veranschaulichen.
Das Inhaltsverzeichnis ist auf eine eigene Seite ausgelagert.

Kapitel 15
Das eigene Regionalprogramm (ab September 1980)

Unter dem Sendetitel "Nordschau" war das Regionalprogramm vom Norddeutschen Rundfunk und Radio Bremen werktäglich im ersten FS-Programm zu sehen. Für die Nordschau wurden von uns meist täglich Filmberichte für die aktuelle Sendung "Berichte des Tages" erstellt und sofern Hamburgs Interessen, besonders bei Hafenthemen, nicht tangiert waren, kamen unsere Beiträge auch zur Sendung.

Einmal in der Woche, donnerstags, kam das sogenannte Nordschau-Magazin komplett aus Bremen. Eine ausführliche Berichterstattung aus dem kleinsten Bundesland mußte sich daher auf diesen Sendetag beschränken. In besonderen Fällen konnten aktuelle Beiträge über die NDR-Redaktion (wie oben erwähnt) einen Sendeplatz erhalten.

Wir wollten ein eigenes 3. Programm

Weil auch die Fernsehwerbung Zuwachsraten aufwies, die wirtschaftlich nicht ungenutzt bleiben durften, entschied Gerhard Schröder, früher NDR-inzwischen RB-Intendant, die gemeinsame Werbetochter NWF zu verlassen und ein eigenes RB-Regionalprogramm zu starten. Als Termin wurde der 1. September 1980 festgelegt.

Das Ziel : die eigenen Berichte täglich zusenden

Taktisch und strategisch war diese Entscheidung für Radio Bremen zweifelsfrei ein Gewinn und für Bremen und seine Einwohner und die des Umlands eine Bereicherung der Fernsehlandschaft. Denn von da an konnten wir, ohne jedesmal in der zuständigen Redaktion beim NDR um einen Sendeplatz feilschen zu müssen, die eigenen Berichte täglich senden. Die Wertung "feilschen" klingt vielleicht etwas zu streng, wenn man bedenkt, daß die Nordschau-Redaktion in Hamburg auch Berichte aus den beiden Landesfunkhäusern Kiel und Hannover und aus Hamburg selbst zu berücksichtigen hatte.

30 Minuten für Hamburg und Bremn waren zu wenig

Mit Beginn der Nordschau, in den frühen 60er Jahren, war die Berichterstattung im wesentlichen auf größere, regionale Ereignisse ausgerichtet, wobei Hamburg und Bremen als Hafenstädte dabei natürlich öfter vorkamen. Doch schon seit Jahren reichte die knappe Sendezeit (eine gute halbe Stunde) nicht aus, um sämtliche Wünsche aus dem gesamten Sendegebiet zu berücksichtigen. Die Zuschauer wollten natürlich besonders über aktuelle Ereignisse in ihrer Umgebung unterrichtet werden, und genau das war mit Beginn unseres eigenen Regionalprogramms aus Bremen nun möglich geworden.

Das RB Regionalmagazin "Buten & Binnen"

Anfänglich unter dem Titel "Bremer Berichte" wurden nun die aktuellen Beiträge werktäglich gesendet. Und schon bald entstand daraus, von einer unkonventionellen Redaktionscrew konzipiert, unser viel und gern gesehenes Regionalmagazin "Buten & Binnen".

Die anfanglich hohe Akzeptanz der Zuschauer hat sich bis heute (das ist 2002) gehalten! Das belegen die sogenannten Einschaltquoten, nach denen unser Regionalprogramm, im Vergleich zu allen anderen Regionalsendungen, am meisten gesehen wird. Davon profitierte auch unsere Werbetochter, die Norddeutsche Funkwerbung (NFW); und die kleinen drolligen Geschichten mit den Bremer Stadtmusikanten, die im Werbevorspann gezeigt wurden, waren rasch zum bekannten Erkennungszeichen unseres FS-Werbeprogramms geworden.

Die privaten Programmanbieter werden bedrohlich

Aber auch sie gehören schon längst wieder der Vergangenheit an, weil von Werbung alles ablenkt, was nicht eben Werbung ist. Selbst die damals üblichen, sehr kurzen "Schwarzblenden" im Ablauf mußten auf ein Minimum reduziert werden. Diese Forderung, so einfach wie sie klingt, ließ sich mit unserer Sendeablaufsteuerung nicht präzise realisieren und war später oft ein Anlaß für viele unerfreuliche Diskussionen. Dieses Thema entstand aber erst gegen Ende der 80er Jahre, da die privaten Programmanbieter ihre Fernsehwerbung immer exzessiver betrieben und auf diesem Feld zur bedrohlichen Konkurrenz wurden.

Rückblick auf den September 1980

Nach diesem Vorgriff auf die heutigen Verhältnisse (in 2002), noch mal zurück zu den Anfängen unseres eigenen Regionalprogramms, das im September 1980 starten sollte.

Was war dazu an Technik und Ablauforganisation erforderlich? Denn es ging nicht nur um die aktuelle Magazinsendung, obwohl gerade dieser Teil von elementarer Bedeutung war und ist, sondern um die komplette Gestaltung eines sogenannten Vorabendprogramms (damals 18- bis 20 Uhr), mit der Werbung und dem Rahmenprogramm (Serien).

In 9 Monaten die "Technik" aufbauen

Als unser Intendant Gerhard Schröder den Plan für ein eigenes Regionalprogramm verkündete, hatten wir gerade noch neun Monate Zeit, um die notwendigen, technischen Einrichtungen aufzubauen, denn weder eine Senderegie noch geeignete Betriebsräume standen zur Verfügung, um diese neuen Aufgaben übernehmen zu können. Üblicherweise wurde bei anderen Rundfunkanstalten für derartige Projekte (Planung und Realisation) die doppelte Zeit veranschlagt.

Ein neuer Betriebsablauf war erforderlich

Hinzu kam, daß auch organisatorische Vorkehrungen für den neuen Betriebsablauf erarbeitet werden mußten. Denn bislang wurde die Werbung und das Rahmenprogramm vom NDR abgespielt. Was war also zusätzlich nötig, um diese Aufgabe nun auch selbst leisten zu können? Berichte aufzunehmen, diese zu bearbeiten, zu schneiden, zu vertonen und zu senden, darin hatten wir uns ja schon jahrelang geübt. Deshalb entstand erneut ein Planungsstab unter meiner Leitung.

... genannt "Ablauforganisation"

Zunächst mußten Konzepte für die Ablauforganisation der jeweiligen Verfahren (Rahmenprogramm, Werbung) entwickelt werden, um darauf die technische Planung aufzusetzen. Beim Vorabendprogramm mußten wir uns an die bestehenden Spielregeln der ARD halten.

Nichts durfte unbesehen gesendet werden

Also waren Filme und MAZ-Bänder, die zur Sendung gelangten, vorab komplett anzuschauen, ggf. zu bearbeiten. Ein wesentlicher Grund bestand darin, die tatsächliche Länge des Serienprogramms zu ermitteln, die meist mit den Begleitpapieren nicht übereinstimmte, denn ab sofort mußte, schon wegen der Werbung, in Sekundenbruchteilen gerechnet werden.

Hinzu kam, daß bei uns recht alte Kopien wieder zur Sendung gelangten, wie z.B. die "Onedin-Linie", eine Serie, die viele Jahre zuvor großen Zuspruch erlangt hatte und technische Mängel haben konnte, oder falls sich auf einem Sendeband auch mal ein Testbild zeigte (was nicht selten vorkam), das natürlich herausgeschnitten werden mußte.

Knappe Sendezeiten erforden viel Vorabeit

Später, als die aktuellen Berichte der Regionalprogramme in die dritten FS-Programme wechselten (RB verfügt über kein eigenes drittes FS-Programm) wurden bei uns auch noch inhaltliche Kürzungen der Serien erforderlich. Denn unser Regionalprogramm wird nach wie vor im ersten FS-Programm gesendet und unter Beachtung des Buten & Binnen-Anteils müssen die Vorabendserien (bei uns) täglich entsprechend gekürzt werden. Dadurch entsteht ein erheblicher Bearbeitungsaufwand, und die kaum beliebten Probedurchläufe sind daher erst recht nötig und natürlich auch sehr zeitaufwendig.

Damals kam die Fernsehwerbung als 35mm Film

Uns fehlten damals die entsprechenden Räume und Einrichtungen, also Planungsbedarf. Bei der Werbung bot sich eine neue Verfahrenstechnik an. Denn bis dahin wurde Fernsehwerbung nur auf 35mm Film (höchste Qualität) angeliefert, die täglich neu zusammengestellt wurde. Was das bedeutete, kann nur ein "Kenner der Materie" nachvollziehen. Man muß sich das mal vorstellen: täglich wurden die einzelnen Filmspots neu zusammengestellt, daß bedeutete alle Filme auftrennen und in der gewünschten Reihenfolge neu wieder zusammenkleben.

Das erforderte einen 35mm Filmschneidetisch, eine Cutterin und auch entsprechende Archivkapazität. Erst dann kamen die "Spots" auf einer Filmrolle zur täglichen Abspielung. Daß bei dieser Prozedur mit der Zeit das Filmmaterial litt, war keine Frage, und so gab es denn auch entsprechend viele Ersatzkopien und damit ein zusätzliches Archivproblem.

Unsere Idee, 35mm Film auf die 1" MAZ kopieren

Unsere Idee war, alle eintreffenden Werbespots gleich auf ein Magnetband (1-Zoll-Masterband) zu überspielen (damit entfiel die Archivierung des viel voluminöseren Filmmaterials) und die einzelnen Spots nach der täglichen Sendeliste auf ein Sendeband umzuspielen. Dabei sollte die Zuspielfolge der Spots zunächst beliebig sein, die "mosaikartig" in die richtige Stelle des Sendebands kopiert und letztlich zur Sendefassung zusammengestellt wurde. Basis für diese Idee war ein Schnittsystem des IRT, das zwar schon existierte, aber noch nicht anwendungsreif war.

Ein neues Schnittsystem - zusammen mit der AEG in Wedel

AEG in Wedel übernahm die Herstellung des Systems, unter Mitwirkung des Entwicklers, Herrn Trissel vom IRT, und besonders Jürgen Howaldt, der maßgeblich an der Weiterentwicklung des Schnittsystems in Theorie und Praxis beteiligt war.

Sie schufen kooperativ die Grundlage für das "Mosaik-Schnittverfahren" und das in der knappen Zeit von weniger als einem Jahr!

Bereits nach kurzer Zeit übernahmen auch andere ARD-Anstalten und das ZDF diese Form der Werbespotbearbeitung. Trotz gewisser Startschwierigkeiten hat sich das Verfahren (auch für den Schnitt von Produktionen) von 1979 bis vor einiger Zeit bei uns gut bewährt; anstelle eines Magnetbandes soll die Werbung künftig aus einem "Sendeserver" wiedergegeben werden. Dennoch, die Spots müssen täglich neu zusammengestellt und kontrolliert werden. Gerade wegen der Routine, keine leichte Aufgabe!

Der Starttermin war der 1. September 1980

Insgesamt mußten für das Regionalprogramm neue technische Einrichtungen geschaffen werden, wie z. B. eine Senderegie mit MAZ, ein LvD-Raum (Leiter vom Dienst), ein neuer MAZ-Komplex sowie Schnitt-und Ansichtsplätze. Mit der Planung dieser Komplexe mußten entsprechende Personalkonzepte erarbeitet und - wie die Technikräume - bis zum Sendebeginn realisiert werden.

Das war im Personalbereich weitaus schwieriger als gedacht und zog sich über den Starttermin, den 1. September 1980, noch eine ganze Zeit hin.

Dennoch, mit einem beispiellosen Engagement, sowohl unseres eigenen Personals, besonders der "Kautscher-Truppe", als auch der Firmen, hier sei besonders das Ingenieurbüro R. Schellenberger genannt, gelang in neun Monaten die Fertigstellung und Inbetriebnahme aller Technikprojekte.

Kenntnisse der Gepflogenheiten waren hilfreich

Rolf Schellenberger, Firmeninhaber und Leiter des Unternehmens, ein äußerst aktiver Mensch, der ehemals beim WDR in der Planung gewesen war, kannte die Gepflogenheiten beim Rundfunk bestens. Er hatte eine Geschäftsstrategie entwickelt, die psychologisch genau auf die Verhaltensweise in den Rundfunkanstalten ausgerichtet war. Er begriff rasch die technischen Konzepte und setzte diese in kürzester Zeit zeichnerisch um. Mit anderen Worten, was am Vortage bei uns im Hause besprochen war, lag bereits am nächsten Tag als fertige Zeichnung wieder auf dem Tisch.

Da er sein Büro in Köln hatte, nutzte er stets die Rückfahrt von Bremen (meist mit der Bahn), um den Entwurf zu erarbeiten und ließ dann das Werk nur noch sauber zeichnen. Wir staunten über die rasche Zuarbeit und waren immer noch von dieser Leistung eingenommen, als bereits bei Fa. Monitora (ein Tochterunternehmen) mit der Realisation begonnen wurde.

Hinsichtlich der knappen Zeit war diese Taktik auch akzeptabel, aber als wir der Firma später einen zeitunkritischen Folgeauftrag erteilten, gab es Probleme, die hier nicht weiter erörtert werden sollen. Die anfanglich hervorragende Zusammenarbeit im Fernsehen hat uns jedenfalls ermöglicht, daß wir noch vor dem 1. September 1980 ausreichend Zeit hatten, in allen Bereichen sogenannte Probedurchläufe zu absolvieren.

Einen großen Anteil hatten die eigenen Kollegen

Aber auch unsere Kollegen, in erster Linie Nick Kröger, unser einziger Videoplaner, mit dem ich schon in den 60er Jahren die MAZ in Betrieb genommen hatte (er war danach für 10 Jahre als Planer im ZDF gewesen) und Hermann Sölter, ein absolut zuverlässiger, erfahrener Tonplaner, hatten daran einen maßgeblichen Anteil, daß wir diesen Termin einhalten konnten.

Und nicht zu vergessen der stets fidele und lebensfrohe Heinz Kautscher mit seiner engagierten Crew aus der Schwachstromwerkstatt.

Es gab auch andere, weniger konstruktive Zeitgenossen

Weshalb erwähne ich diesen Einsatz ausdrücklich? Weil es auch andere, weniger konstruktive Zeitgenossen gab, die offenbar gar nicht mitbekommen hatten, daß mit dem eigenen Regionalprogramm ein neuer, sogar der bedeutendste Abschnitt des RB-Fernsehens, beginnen würde.

Solche Menschen gibt es gewiß überall, aber in einer Phase des Aufbaus können sie die Motivation der übrigen Mannschaft besonders stark beeinträchtigen. Steinbuchs Zitat: "weniges ist so quälend wie die Kritik der Ignoranten " würde ich - auch heute noch - mit dem Verhalten einiger von damals in Verbindung bringen.

Der Tagesbetrieb mußte weiter laufen

Und nicht nur in der aktiven Bauphase waren wir ziemlich gefordert (alle Baumaßnahmen durften den übrigen Betrieb nicht stören), sondern auch neu einzuführende Abläufe für das Vorabendprogramm mußten in dieser Zeit vorbereitet werden.

Dazu mußten viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus der Redaktion, Werbung und Sendeleitung mit den neuen Aufgaben vertraut gemacht und eingewiesen werden. Außerdem waren entsprechende Dienstpläne fürs Technikpersonal zu erarbeiten, damit die Zentraldisposition die neuen Abläufe in ihr "Tagesgeschäft" übernehmen konnte.

Dabei entstanden einige Reibungspunkte, die nicht aus dem veränderten Ablauf, sondern vielmehr aus dem verständlichen Wunsch heraus entstanden sind, den gesamten Prozeß sofort zu lenken. So etwas dauert natürlich eine ganze Weile, vor allem, da in den ersten Monaten des Regionalprogramms diverse Redaktionswünsche berücksichtigt werden mußten, die den Ablauf tangierten.

Das Projekt wurde eine schwierige Lernphase

Deshalb kam es in dieser Zeit der Optimierung ganz besonders auf den richtigen Einsatz hoch motivierter Mitarbeiter an, die aber oft den Eindruck hatten, daß sie anscheinend nur verplant würden. Für alle Beteiligten war es eine schwierige Lernphase!

Die Disposition von Menschen gehört zu den verantwortungsvollsten Aufgaben in diesem Metier, insbesondere im Fernsehen, und sie setzt viel Erfahrung voraus.

Mit Beginn unseres Regionalprogramms war die Motivation der Mitarbeiter sehr hoch, wahrscheinlich deshalb, weil dieser Neubeginn alle inspirierte. Wie oft habe ich damals gesagt: "das Regionalprogramm findet täglich statt" und wußte doch zugleich, daß sich diese Euphorien in den nächsten Monaten erschöpfen würden, weil diese Sendeform ab jetzt "täglich" stattfinden mußte. Sie hielt aber erfreulicherweise doch länger an.

Engpässe bei der Technik und den Räumen

Nur in der Senderegie entstanden bald ernsthafte Schwierigkeiten. Dafür gab es verschiedene Gründe. Zum einen war die Senderegie und das dazugehörige kleine Ansagestudio nicht für Produktionen geeignet, obwohl anfangs die komplette Sendung (also einschließlich Serie und Werbung) aus diesem Studio gefahren werden mußte, und zum anderen glaubten einige Redakteure, daß ein kurzfristiges Umstellen des Ablaufs keine ernsthaften Probleme bereiten würde.

Denn während das Rahmenprogramm lief, also die Regie bereits "auf Sendung" war, wurde der Ablauf für die "Bremer Berichte" im Studio festgelegt und auch noch oft kurz vor Sendungsbeginn umgestellt. Proben waren, während das Rahmenprogramm lief, nur unter Bedingungen möglich, die insgesamt die Sendung gefährdeten. Hinzu kam, daß einige junge Redakteure keine FS-Erfahrungen hatten und die unkonventionelle Form und ihr betont lässiges Auftreten vor der Kamera bei dem notwendigerweise präzisen Sendeablauf beibehielten und damit die ganze Crew ständig in Aufregung versetzten. Abhilfe im technischen Sinne brachte erst der Ausbau einer Regie für das Studio II (bis dahin ohne Regiekomplex), so daß vorab für die Magazinsendung geprobt werden konnte. Die Hektik blieb aber auch hier bestehen.

Wenn de "Jungen " die "Alten" nicht akzeptieren

Unter diesen Bedingungen haben besonders jene gelitten, die gewohnt waren, mit großer Sorgfalt und hoher Konzentration zu arbeiten, wie Wolfgang Stöver. Sein Engagement und seine Hilfsbereitschaft haben in diesen Monaten Schaden genommen, leider auch seine Gesundheit. Aber die neuen "Jungen" konnten oder wollten die gewachsenen Erfahrungen der "Älteren" nicht akzeptieren.

Dieter Lesche, der damalige Leiter des Magazins, verkündete dazu in seiner unnachahmlichen Art: "erst unter wirklichem Streß werden die schöpferischen Kräfte freigesetzt." Damit mag er für die Arbeit eines Journalisten recht haben, doch vor jedem Start gilt die Checkliste und höchste Konzentration wird vorausgesetzt, will man sicher abheben. Dieter Lesche war ebenfalls Pilot und als solcher hätte er auch in dieser Maxime denken müssen. Aber so sind nun mal die Einzelkämpfer!

Die Lernphase auch bei der MAZ-Technik

Einmal mußte ich, es war glaube ich im Jahr 1983, in das Sendestudio und vor der Kamera auftreten, weil bis dahin die Zuspielmaschinen versagt hatten. Herr Lesche hatte mich noch im Büro aufgetrieben, um mich jetzt als "Pausenfüller" auftreten zu lassen, da kein aktueller Beitrag zugespielt werden konnte. Was war geschehen?

Im Studio saßen die Moderatoren Michael Geyer und Achim Tirocke und fragten mich nach der Ursache dieser Sendungspanne. Ich hatte keine Ahnung und nur mitbekommen, bevor ich ins Studio kam, wie hektisch an den drei Zuspielmaschinen gewerkelt wurde. Kassette raus, Reinigungsmittel sprühen und sofort ein neuer Startversuch, der damit endete, daß das Band sogleich wieder festsaß.

Als ich gerade mein Bedauern über die ungewöhnliche Situation bekundete, eine Prognose abgeben und auf die Frage von Herrn Tirocke antworten wollte: "Finden denn überhaupt regelmäßige Wartungsintervalle statt?", gelang ein Zuspiel - und ich war aus dieser Situation erlöst. Später stellte sich dann heraus, daß ausgerechnet das Reinigungsmittel zu diesem "Kopfzuschmieren" geführt hatte. Man lernt eben doch nie aus.

Die Redaktionssitzungen

Anfangs nahm ich an der täglichen, später nur noch an der montäglichen Sitzung der Redaktion von Buten & Binnen teil. Zunächst wurde allgemeine Manöverkritik geübt sowie alle kleineren oder größeren Vorhaben besprochen. Der kleine Sitzungssaal im fünften Stock war meist gefüllt, da sämtliche Redaktionsmitglieder und auch Hospitanten daran teilnehmen mußten. Unter den Eleven gab es immer wieder einige ganz besonders Eifrige. Und nicht nur einmal bekam ich mit, wenn der eine oder andere vor dem Fahrstuhl (die Treppe zu benutzen kam natürlich nicht in Frage) mit einer Mappe unter dem Arm geklemmt, angesprochen wurde, meist ungehalten antwortete:" Habe jetzt keine Zeit, muß rasch zur Konferenz!" Sie nahmen die Ausbildung noch wirklich ernst. Wie schön!

In der Redaktionssitzung ging es meist recht lebhaft zu. Einmal, als der Redaktionsleiter, Dieter Lesche, die Themenliste abgefragt hatte, kam er zu dem Punkt: "Und was haben wir morgen?" Kurze Stille, dann die spontane Antwort von Wolfgang Lintl: "Dienstag!" Großes Gelächter in der Runde und ein verblüffter Lesche!

Inzwischen waren wir gut ausgelastet

Der gesamte Betrieb wurde durch das neue Regionalprogramm erheblich in Anspruch genommen, denn auch zuvor hatten uns die Produktionen und Sendungen für das ARD-und das dritte FS-Programm gut ausgelastet.
Dabei war unser Personal nicht besonders ausgeweitet worden und mußte nun sämtlichen Anforderungen genügen.

Im ARD-Programm lief monatlich der "Musikladen", diverse Features, wie z. B. "Unter Deutschen Dächern". Im dritten FS-Programm (gemeinsam mit dem NDR), im "N3", lief monatlich die von M. Leckebusch mit initiierte Sendereihe "III-Nach 9", eine der ersten Talkshows (seit 1974) dieser Art überhaupt. Das Konzept war von Dieter Ertel (damals Programmdirektor bei RB) vom SDR mitgebracht worden.

Das ist natürlich keine vollständige Aufzählung, sondern lediglich eine beispielhafte Erläuterung, um die Auslastung des Betriebes und des verfügbaren Personals zu verstehen. Denn zusätzliche Planstellen für das tägliche Regionalprogramm waren nur in einem sehr bescheidenen Rahmen genehmigt worden.

(Bei Radio Bremen wurde in dieser Hinsicht schon immer restriktiv gehandelt). Zusätzliche Aufgaben, z. B. Außenübertragungen mit der eigenen Mannschaft durchzuführen, mußten deshalb zurückgestellt werden. Wir waren schon froh, wenn die vorhandene Personalkapazität für die erweiterten Aufgaben für das Regionalprogramm ausreichte.

Änderungen standen an - die Planung

Das B & B-Team wünschte sich einen Übertragungswagen, um auch Berichte live von draußen, heute umgangssprachlich "vor Ort", herstellen zu können.

Unser alter (s/w) Ü-Wagen war samt Rüstwagen Anfang der 70er Jahre über die FESE an den Deutschen Fernsehfunk (DFF) nach Adlershof (Ostberlin) verkauft worden. Aber wir hatten mit den damaligen Ü-Einsätzen reichlich Erfahrungen sammeln können und eine davon war, daß die Kapazität, die Anzahl der Kameras und das dazu erforderliche Personal nie ausreichte. Und insofern waren von der Fernseh-Technik wegen der Kosten berechtigte Vorbehalte angebracht.

Inzwischen hatte sich aber eine neue Konstellation im Hause ergeben. Die Technische Ausrüstung war seit 1978 neu besetzt, und Fritz Senf, der neue Leiter dieser Abteilung, war daran stark interessiert, nachdem das Hörfunkbetriebsgebäude geplant und realisiert war, seine Tätigkeit nun auch aufs Fernsehen auszudehnen. Denn als Planungschef fühlte er sich für die gesamte Technik sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen zuständig, und insofern war sein Anliegen verständlich.

Der Kleinstübertragungswagen oder das "Spielmobil"

Doch die Fernsehtechnik (und Sendertechnik) hatte ihre technischen Pläne und Konzepte - mit Unterstützung der erfahrenen Video- und Tonplaner der Technischen Ausrüstung (TA) - schon immer selbst entwickelt, die anschließend dann auch von der TA realisiert wurden. Das sollte nun alles anders werden.

Prinzipiell ist es einfacher, einen neuen Komplex auf der grünen Wiese zu planen und zu realisieren, als in bestehende und über Jahre gewachsene Strukturen etwas zu integrieren. Das erfordert gute Kenntnisse und viel Erfahrung in der Betriebsabwicklung. Die Beschaffung eines Ü-Wagens als Produktionsmittel tangiert derartige Strukturen zunächst nicht, das hatte der Planungschef auch erkannt. Und da er wußte, wie bescheiden unser finanzieller Spielraum war, versuchte er eine Lösung zu finden, in Gestalt eines kleinen Reportagewagens.

Auf diese Weise kamen wir zum roten "Spielmobil", wie einige scherzhaft den Kleinstübertragungswagen nannten, der mit einer kleinen Tontechnik und Bildgeräten (jedoch ohne Kameras) bestückt war. Also mußten noch drei Kameras (HL 79) beschafft werden, die für diese Zwecke hervorragende Dienste leisteten. Aber um den Faden gleich weiterzuspinnen: die zunächst bescheidenen Ansprüche des Programms wuchsen nahezu mit jedem Einsatz, und ein weiteres Transportfahrzeug (als Rüstwagen) wurde bald erforderlich.

Ein größerer Ü-Wagen - gebraucht von der FESE

Schließlich (nach einigen Jahren) mußte ein größerer Ü-Wagen her, den wir preiswert von der FESE kaufen konnten. Das größere Fahrzeug war allerdings nur mit einer E-Technik und einer Klimaanlage ausgestattet. Daher wurden sämtliche Bild- und Tongeräte aus dem kleinen Reportagewagen ausgebaut und in das neue Fahrzeug integriert. In diesem Zusammenhang ist der vom Personal (besonders von Herrn Molls) geleistete Um- und Einbau diverser "Altgeräte" in den neuen Wagen erwähnenswert. Anfangs mit vier Kamerazügen ausgerüstet, wurde er später mit einer fünften Kamera, einer dritten MAZ, einer größeren Tontechnik und einem größeren Bildmischer ergänzt.

Die Vorgabe war eine rentable Technik

Aber noch mal zurück zum Beschaffungsvorgang des kleinen Reportagewagens. Die Wünsche des B & B-Teams nach einem kleinen Ü-Wagen waren bekannt und wurden noch intensiviert, als Jörg Wontorra, für den Sport, dazu kam. Reinhold Rau, der damalige Produktionschef, unterstützte dieses Anliegen mit dem Vorbehalt, daß es sich rechnen müsse. Das ist prinzipiell richtig, aber eine komplette AÜ-Technik ist nur in wenigen Ausnahmefallen rentabel. Also keine eindeutige Entscheidung. Und da ich nicht auf weitere Interna eingehen will, dazu nur soviel: die Technische Leitung des Fernsehens war nach ihren Erfahrungen der früheren Jahre vorsichtig, wußte sie doch genau, daß die Ansprüche an Ausstattung und Personal bald wachsen würden.

Die Sprache der kanppen Kassen

Und diese dann im notwendigen Umfang zu vertreten, schien zu der Zeit kaum durchsetzbar zu sein. Zumal die spartanisch technische Ausrüstung des Reportagewagens nicht dem üblichen Standard entsprach. Besonders in der Tontechnik und mit der Kommandoanlage waren die Grenzen rasch erreicht. Aber auch dem engen Innenraum, der 4 Personen nur knapp Platz bot, galt die Kritik, die, wie sich auch bald zeigte, mehr als berechtigt war.

Da Anträge für technische Investitionen weder aus dem Programmbereich, noch von der Produktionsabteilung (keinesfalls aus der Planung) kamen, sondern nur von der Fernseh-Technik gestellt werden mußten, waren dies die eigentlichen Vorbehalte gegen den Reportagewagen.

Wie wichtig gute Kontakte zu vielen Firmen waren

Und weil ich nicht bereit war, mich an den taktischen Abteilungs-Manövern zu beteiligen, sondern vielmehr den notwendigen neuen Einstieg ins AÜ-Geschäft sah, mußte unter der Berücksichtigung aller bekannter Bedenken gehandelt werden. Da ich gute Kontakte zu vielen Firmen hatte, z. B. zu Ikegami (Yanagisawa), konnten wir für den Reportagewagen drei HL 79 Kameras günstig erwerben, und einige Jahre später, trotz der knappen Mittel, auch den größeren Wagen von der FESE (Dr. Janßen) kaufen.

Die technische Nachrüstung des großen Ü-Wagens war nur mittels einer Taktik, die vom Betriebspersonal mitgetragen wurde, nämlich nach und nach Stück für Stück zu beschaffen, möglich geworden. Letztlich hat uns der große FS-Ü-Wagen aber nicht einmal die Hälfte dessen gekostet, was in der Branche so üblich war.

Viel Gewicht muß in solch einen Ü-Wagen rein - 17 Tonnen

Im AÜ-Betrieb begrenzt nur die Tragfähigkeit des jeweiligen Fahrzeugs die ständig vorhandene Begehrlichkeit an weiterer technischer Ausstattung. Unser Fahrzeug darf bis maximal 17t. zuladen, und diese Grenze hatten wir schon bald erreicht.

Heute (also 2002) sind 12 bis beliebig viele Kameras und Zeitlupenmaschinen bei Übertragungen von Fußballspielen der Spitzenklasse üblich, so daß selbst die großen Ü-Wagen von ARD und ZDF nicht mehr ausreichen und derartige Ü-Fahrzeuge angemietet werden müssen. Das finde ich auch wirklich viel ökonomischer. Es bleibt aber immer eine Frage der Kalkulation.
Aussenübertragungen haben nun einmal ihren eigenen Reiz für Leute, die sich aufs Improvisieren verstehen. Sie bieten stets eine interessante Abwechslung zur üblichen Routine und sind von daher eher motivierend als ein täglicher Sendebetrieb.

Wir machten das dann eben häppchenweise

Daher war auch die häppchenweise erfolgte Nachrüstung unseres Ü-Wagens (er ist bis heute im Einsatz) in dem geschilderten Rahmen und mit unserem Personal durchsetzbar, da es allen stets um die Fortdauer dieser Einsätze (auch als Produktionshilfe für ARD/ZDF) ging.

Und jetzt ging es los mit 2 Programmen gleichzeitig

Infolge zusätzlicher AÜs für unser Regionalprogramm konnten dank der konstruktiven Unterstützung des ARD-Leitungsbüros - besonders durch Dieter Backhaus - einige örtliche Fernsehleitungen kostengünstig für RB eingerichtet werden.

In Kooperation mit dem NDR wurde auch die Mitbenutzung der Fernsehleitungen (Oldenburg - Hannover) von bzw. nach Bremen vereinbart. Dadurch konnten wir erstmals gleichzeitig im ersten und im dritten FS-Programm senden! Hinzu kam, daß ich mit der DBP, besonders durch den EG-Gipfel, gute Kontakte bekommen hatte, die sich bei allen Leitungsfragen vorteilhaft auswirkten.

Nun wurde ich mit der Leitung der Fernseh-Technik beauftragt

Die tägliche Zusammenarbeit mit allen Stellen des FS-Programms und der Produktion führte für mich zu mehr innerbetrieblichen Führungsaufgaben, die von mir auch deshalb wahrgenommen werden mußten, weil Gunnar Putnaerglis in zahlreichen Kommissionen von ARD und ZDF den Vorsitz hatte (FSBL-K, D2-Mac-Group, Richtfunk, usw.) und dadurch oft auf Dienstreisen und mit diesen Aufgaben zwangsläufig sehr beschäftigt war.

Sein Stellvertreter, Herr Tannenbauer, konnte aus gesundheitlichen Gründen diese Arbeit schon länger nicht mehr leisten. Im Jahre 1985 wurde ich stellvertretend mit der innerbetrieblichen Führung, im Januar 1988 als Nachfolger von Gunnar Putnaerglis mit der Leitung der Fernseh-Technik beauftragt.

Noch einige Anmerkungen zu "Buten & Binnen"

Zum Programm von Buten & Binnen noch einige Anmerkungen, eine kurze nachfolgende und anschließend eine ausführlichere zum "Swutsch", eine Sendereihe, die vom 6. April 1986 an aus einem Stadtstudio gesendet und leider Ende 1997 eingestellt wurde.
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1985 in Las Vegas auf der NAB

Mitte der 80er Jahre waren Herr Lesche (Foto nächste Seite) und ich in Las-Vegas anläßlich eines Besuchs der NAB, einer internationalen Fachmesse, die ich seit 1973 kannte, danach bei einigen TV-Sendern in Los-Angeles sowie bei CNN (Ted Turner) in Atlanta. Beeindruckend war das Gespräch mit Ted Turner. Der Mann, ein Hühne von Gestalt, schien keine Grenzen zu kennen. Dieter Lesche war besonders davon sichtlich angetan!

Auf der Rundreise erhielt er zahlreiche interessante Anregungen für die Buten & Binnen Präsentationen, und er führte danach den sogenannten "Anchorman" ein, was ein Novum bei den damaligen Magazinsendungen war (die "Privaten" folgten erst später). Daraus entwickelte sich dann ein "Aktualitäten-Studio mit Bürocharakter", das heutige B & B-Studio.

Wir "machen" eine neue Sendung "Up'n Swutsch"

Unter dem Sendetitel "Up'n Swutsch" (was in diesem Fall soviel bedeutete wie, Buten und Binnen von unterwegs) entstand eine Sendungsform, die für den Samstagabend unseres Regionalprogramms, eine Mischung aus Unterhaltung und Informationen bieten sollte.

Die Sendung sollte aus einem "Stadtstudio" kommen, Interviews mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie bekannten, aber auch jungen Künstlern und Musikgruppen einen TV-Auftritt ermöglichen. Interessierten Zuschauern sollte zudem ein "gläsernes Studio" die Möglichkeit bieten, sowohl die Sendung, als auch das Treiben im Studio, wie Kamerafahrten, Tonaufnahmen, Schminken, usw., übliche Vorbereitungen aus nächster Nähe mit zu verfolgen. Soweit die Planung der Redaktion.

Ein Stadtstudio "auf den Höfen"

Auch über den Ort des Geschehens war man in der Redaktion längst einig: das Stadtstudio sollte "auf den Höfen" errichtet werden. Einige Redakteure hatten bereits Kontakte mit einem eloquenten und sehr interessierten "Verpächter" geknüpft und sahen in diesem Ambiente genau den richtigen Standort für das "Swutsch-Studio".

Über den Ablauf zur Realisierung, mit beinahe täglich neuen Erkenntnissen auf der Baustelle, ließe sich mühelos ein weiteres Kapitel füllen, zumal das Projekt aus mehreren Gründen von Anfang an recht fragwürdig war und der örtlichen Presse öfter Anlaß für mißbilligende Kommentare bot.

Aber es gehört mehr dazu als nur gute Ideen

Deshalb, bevor ich hier auf Einzelheiten eingehe nur soviel: die Voraussetzungen für ein Studio mit der dazugehörigen Infrastruktur, wie Stellplatz für den Ü- und Tonwagen, die Richtfunkanlage, Maskenräume usw. waren ungeeignet. Licht und Klimaanlage, die Akustik im Studio und alles andere was sonst noch zum Betrieb eines Fernsehstudios gehört (was ein Redakteur meist kaum bemerkt, aber selbstverständlich erwartet), mußte geplant und realisiert werden.

Obwohl ich die technische Leitung für dieses Vorhaben hatte und es reichlich Arbeit und Schwierigkeiten, insbesondere für Herrn Siemer (RB-Ver-sorgungstechnik), beim Klima und der Netzversorgung gab, will ich hier nicht weiter auf technische Details, sondern nur noch kurz auf einige bemerkenswerte Erlebnisse eingehen.

Es gab leider Probleme über Probleme

Aufgrund unzureichender Platzverhältnisse in dem geplanten Lokal, insbesondere wegen der Deckenhöhe, stand schon vorab fest, daß ein Anbau errichtet werden mußte, der als Studiofläche gedacht war. Schon bei den Erdarbeiten ergaben sich Schwierigkeiten dergestalt, daß große Fundamente (offenbar aus einer Maschinenfabrik) entdeckt wurden, die den Fortgang der Arbeiten erheblich verzögerten. Grundstücksanlieger zur rückwärtigen Studioseite bereiteten ebenfalls Probleme und verzögerten durch Verfahrensfragen den Baufortschritt.

Weitere Probleme entstanden beim Studiodach und mit der Akustik. Und dann kam noch das Desaster mit der Klimaanlage! Die Firma weigerte sich, die Arbeiten zu vollenden, so daß wir - unter Termindruck - selbst tätig werden mußten, denn Buten & Binnen hatte schon längst den ersten Sendetermin verkündet!

Der Verpächter sah sich ständig neuen Anforderungen gegenüber und hatte ziemlich sicher keinerlei Vorstellungen davon gehabt, was es bedeuten würde (wie diejenigen, die ihn dazu bewogen hatten), ein Stadtstudio mit der dazugehörenden Infrastruktur auf eigene Rechnung zu errichten.

Auch für unseren damaligen Fernsehprogrammdirektor, Dr. H.-W. Conrad wurde es immer schwieriger, das Projekt bezüglich einer allseits befriedigenden Lösung zu vertreten. Letztlich gelang der ungewöhnliche, legitime Balanceakt!
An die angenehme Zusammenarbeit mit Dr. Conrad denke ich noch gerne zurück.

Heinz Lüdeke, ex RB-Mitarbeiter und Akustiker

In diesem Zusammenhang muß ich auch Heinz Lüdeke, einen erfahrenen Akustiker (ehemals RB-Mitarbeiter), besonders erwähnen, weil er mit den einfachsten Mitteln eine hervorragende Schalldämmung und Akustik in dem Studio realisiert hat, und wie üblich, mit geringstem Kostenaufwand. Herr Lüdeke ist weit über Bremen hinaus als Akustiker bekannt und geschätzt. Er hat zahlreiche größere Projekte wie den Konzertsaal der Glok-ke berechnet und mitgestaltet. Zu seinem 65. Geburtstag haben Herr Dr. Conrad und ich Herrn Lüdeke in seinem "Kontor" aufgesucht. Es ist ebenso urig, wie er selbst! Herr Lüdeke ist ein richtiges Bremer Original, vielleicht sogar das letzte Urgestein in Bremen. Seine persönlichen Schilderungen und humorvollen Anekdoten würden mühelos ein Buch füllen.

Als Hans-Dietrich Genscher auf Klo mußte

Eine kleine Kuriosität, die ich selbst erlebt habe, veranschaulicht wie beengt die räumlichen Verhältnisse im "Swutsch" waren. Bei einer der ersten Sendungen war Hans-Dietrich Genscher, der damalige Außenminister, als Gast im Studio.

Als ich zur Toilette in den Keller kam, verließ er gerade das enge Gelaß rückwärts und sagte erklärend zu mir: "da drinnen ist kein Platz, um sich auch nur umzudrehen; ein wahrlich bescheidenes Örtchen!"

Der "Up'n Swutsch" lebte bis Sommer 1997

In den Sommermonaten legte der "Swutsch" immer eine Sendepause ein. Kurz bevor der Betrieb wieder aufgenommen werden sollte, stellte man fest, daß alle Räume im Keller des Studios unter Wasser standen. Wie konnte das geschehen?

Abgesehen von der Untersuchung und deren Ausgang stand aber auch fest, daß sämtliche Räume bis zum Sendetermin nicht verfügbar sein würden, von möglichen Folgeschäden an der Elektroinstallation usw. ganz zu schweigen.

Zunächst wurde ein Zirkuszelt auf der grünen Wiese neben dem FS-Studio errichtet, damit die Sendereihe wie geplant durchgeführt werden konnte. Dann wurde in aller Eile in unserem Sendesaal, im Studio F, Hörfunk (Ende der 50er Jahren hatten wir schon aus dem Studio fürs Fernsehen gesendet), eine vorläufige Dekoration erstellt und die Sendung von dort weitergeführt. Aber auf Dauer konnte der "Swutsch" hier nicht bleiben. (Klimaanlage, Termine im Hörfunk, usw.) Deshalb mußte eine völlig neue Bleibe gefunden werden und ein ebenfalls gläserner Anbau wurde an der Stadthalle errichtet. Die Lage war weitaus günstiger, besonders für Gäste und interessierte Zuschauer, und sie bot auch ausreichend Stellplätze für unsere Ü-Fahrzeuge.

Die Sendereihe wechselte später in das N-3-Programm (NDR und Radio Bremen) und "Up'n Swutsch" mußte schließlich mangels eines geeigneten Sendeplatzes Ende 1997 leider ganz eingestellt werden!

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