Sie sind hier : Startseite →  Die TV-Sender→  Das ZDF (Das "Zweite")→  G.Bartosch - 30 Jahre beim ZDF→  1991 - Fernsehen in Berlin 1950

Günter Bartosch (1928 - 2013†) schrieb viel (sehr sehr viel) über und aus seine(r) Zeit beim ZDF in Eschborn und Mainz .....

Der ZDF Mitarbeiter Günter Bartosch war 30 Jahre beim ZDF - also von Anfang an dabei -, ebenso wie sein deutlich jüngerer Kollege Knapitsch. Angefangen hatte sie beide bereits vor 1963 in Eschborn, H. Knapitsch in der Technik, Günter Bartosch im Programmbereich Unterhaltung.

Und Günter Bartosch hatte neben seiner Arbeit und seinen Büchern so einiges aufgeschrieben, was er damals alles so erlebt hatte. In 2013 habe ich die ganzen Fernseh- und Arbeits-Unterlagen erhalten / geerbt und dazu die Erlaubnis, die (die Allgemeinheit interessierenden) Teile zu veröffentlichen.
Die Einstiegsseite zu den vielen Seiten beginnt hier.

.

FERNSEHEN IN BERLIN 1950 !

Eine Wiederentdeckung von Günter Bartosch im Sept. 1991

Auch ein Chronist ist nicht davor gefeit, zu neuen Erkentnissen zu kommen, ja, es ist sogar Chronistenpflicht, immer wieder nachzuforschen und nachzufragen.

Mitunter stößt er auf etwas, das unbekannt oder in Vergessenheit geraten ist. So erging es mir bei Recherchen über den Fernsehstart in Berlin nach dem Kriege. Indem ich mich selber korrigieren muß, bin ich in der Lage, für die Fernseh-Historie ein neues Datum zu setzen.

Ich schrieb in der letzten Chronik, bezogen auf das Jahr 1951: "RIAS-Berlin ist der erste Sender, der nach dem Kriege in Berlin ein Fernsehprogramm veranstaltet ... und zwar vom 13. bis zum 26. August."

Das ist zwar richtig, wenn man ein regional ausgestrahltes und an unterschiedlichen Stellen empfangbares Fernsehen meint, doch ist es falsch, wenn man glaubt - wie ich auch-, damit habe zum ersten Mal nach dem Kriege Fernsehen in Berlin stattgefunden.

In einem Zeitungsbericht über das auf der "Deutschen Industrie-Ausstellung 1951" vom NWDR-Berlin präsentierte Fernsehen, fand ich einen Satz, es habe ja schon ein Jahr vorher Fernsehen auf der Industrie-Ausstellung gegeben.

Wer hat's gewußt ? So ein Hinweis veranlaßt einen Chronisten natürlich, nachzuforschen. Und in der Tat: Es gab Fernsehvorführungen in Berlin bereits 1950 !

Die Engländer hatten es möglich gemacht !

Gerade hatte der NWDR in Hamburg am 25. September 1950 im Rahmen einer Pressekonferenz seine erste öffentliche Programmsendung durchgeführt, indem die Ansprache des Verwaltungsrats- Vorsitzenden Prof. Dr. Dovifat, der über die Fernsehpläne des NWDR referierte, übertragen wurde.

Einen Monat später, am 27. November 1950, begann dann der Versuchsbetrieb in Hamburg, beschränkt auf dreimal wöchentlich gesendetes ein- bis zweistündiges Programm. Dazwischen aber gab's Fernsehen in Berlin ! Es wurde jedoch nicht vom NWDR veranstaltet, sondern von BBC.

Die BBC veranstaltete 1950 Fernsehen in Berlin

Anlaß war die "Deutsche Industrie-Ausstellung 1950, die am 1. Oktober im Ausstellungsgelände am Funkturm von Bundespräsident Theodor Heuß eröffnet wurde und 14 Tage dauerte. In dieser Zeit veranstaltete die BBC ein Fernsehprogramm, das Besucher des Britischen Pavillons am Platz der Nationen im Sommergarten am Funkturm sehen konnten.

Dort waren 10 moderne Empfangsgeräte aus England aufgestellt. Das Programm kam aus dem NAAFI-Club (Navy-Army-Air-Force-Institution) der britischen Militärbehörde am Reichskanzlerplatz.

Dieses beinahe vergessene Ereignis

Damit bekommt dieses (vergessene) Ereignis seine besondere fernsehhistorische Note, denn das NAAFI-Club-Haus war vorher das Amerika-Haus, und das Amerika-Haus beherbergte bis zur Kriegszerstörung durch eine Brandbombe am 23. November 1943 den deutschen Fernsehsender !

Im benachbarten Gebäude, dem Deutschland-Haus, befand sich bis Herbst 1944 das Studio des "Fernsehsenders Paul Nipkow", von dem, über Kabel, auch noch nach der Zerstörung der Sendeanlage Programme in die Lazarette Berlins übertragen wurden.

Ein provisorisches Fernsehstudio im NAAFI-Club

Im NAAFI-Club (vermutlich im Soldatenkino) hatte BBC für die Dauer der Industrieausstellung ein provisorisches Fernsehstudio eingerichtet mit einer Bühne und improvisierten Gerüsten für die Scheinwerfer.

Zwei Kameras waren im Einsatz, die aus einer mit drei Monitoren bestückten Regie-Zelle geleitet wurden. Regisseur war lt. damaligem Zeitungsbericht "Mr. Favcett, ein alter Fernsehhase vom BBC".

Das Programm gestalteten Schauspieler, Sänger, Tänzer und Kabarettisten. Auch eine Kindergruppe mit Steptanz hob der Rezensent hervor, doch stellte er als Fernsehbetrachter auch fest: "Eine Sängerin, die statuarisch im Bild steht, ermüdet hier den Zuschauer noch mehr als im Film." Sieh mal an !

Ein Rückblick in 1944 - die letzte Sendung .....

Es ist mir noch nicht gelungen, herauszufinden, wann in Berlin im Jahre 1944 zum letzten Mal ein öffentlich gesendetes Fernsehbild auf einem Empfänger zu sehen war.

Möglicherweise ist sogar noch im Frühjahr 1945 drahtlos gesendet worden, denn Otto Schulze, damals Chef der Filmabteilung, wies mich darauf hin, daß eine Sendeversuchsanlage für das Fernsehen mit relativ schwacher Leistung auf dem Fernamt in der Winterfeldstraße (das Fernamt blieb im Luftkrieg unzerstört) nach Ausfall des Senders im Amerika-Haus zur Ausstrahlung der Fernsehprogramme eingesetzt wurde.

Am 1. Oktober 1950 - das erste Fernsehbild nach dem Kriege in Berlin

Das erste Fernsehbild nach dem Kriege in Berlin ist wohl nun genau zu datieren:

Es erschien am 1. Oktober 1950. Doch bleibt die Frage: Wurde das Programm vom Reichskanzlerplatz zu den 10 Empfängern im Britischen Pavillon auf dem Ausstellungsgelände drahtlos gesendet - wohl gar vom Turm des Amerika-Hauses, wie schon früher - oder wurde es durch eine Kabelleitung übertragen ?

Nachsatz

.

PS: Lieber Freund, Kollege und Mitstreiter Heinz Riek !

Für die Veröffentlichung unseres Vereins "Fernsehstadt Berlin" im Jahre 1987 schrieben Sie dankenswerterweise den Bericht "Achtung ! Noch eine Minute ... wir gehen auf Sendung !"

Darin schilderten Sie, wie das Fernsehen des NWDR 1951 in Berlin startete. Ihr Bericht beginnt mit den Vorbereitungen, die eine Gruppe von Rundfunkleuten der Zeitfunkredaktion unter Ihrer Leitung trafen.

Bei den zahlreichen Bildern, die den Bericht illustrieren, ist eines, daß Sie in einem Interview mit Zoodirektor Schröder zeigt, der einen Affen mit ins Studio gebracht hatte. Der von Ihnen stammende Text: "Fernsehvorführungen der Engländer im Soldatenkino am Reichskanzlerplatz mit Unterstützung des Teams vom NWDR Berlin."

Ich schließe messerscharf, daß dies ein Foto ist, das von den erwähnten Aktivitäten der BBC anläßlich der Deutschen Industrie-Ausstellung 1950 stammt.

Demnach hätte BBC zwar die Fernsehvorführungen mit britischer Technik veranstaltet, das Programm hingegen wäre vom NWDR-Berlin gestaltet worden.

Da Sie in Ihrem Artikel über die fernsehhistorische Zeit von damals nichts davon erwähnen, drängt sich die Frage auf, ob diese frühe Unternehmung bei Ihnen vielleicht in Vergessenheit geraten ist. Das wäre äußerst schade, zumal Sie und Ihr Team dann die ersten aktiven Fernsehprogrammgestalter Deutschlands nach dem Kriege gewesen wären - eine Sache, die gerade seitens unseres Vereins ihre Würdigung finden sollte.

Deshalb die große Bitte an Sie : Kramen Sie doch noch mal in Ihrem Gedächtnis (und vielleicht in Schatullen nach weiteren Fotos von damals) und beglücken Sie uns abermals mit einem Bericht, diesmal über Fernsehen in Berlin 1950 !

Das war ...

Eine Wiederentdeckung von Günter Bartosch im Sept. 1991

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl. Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - kostenlos natürlich.