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überarbeitet von Gert Redlich ab Feb. 2014 - Eigentlich sprechen wir von einer Gazette - Es sind gigantische Textmengen (Buchstaben-Wüsten), die die Autoren der "FI" in den 58 Jahren zusammen getragen haben. Damit das überhaupt vernünftig zu lesen ist, haben wir die Inhalte in jährliche Themengebiete aufgeteilt, die aber nicht in jedem Jahr gleich sind. - Sehr wichtig ist, es wurden alle Informationen, die Texte und die Erkenntnisse genau in der jeweils benannten Woche aufgeschrieben und nicht später ergänzt oder korrigiert.

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FI-1950 / 1.Nov-Ausgabe
Fernseh-Vorbereitungen in der Ostzone
Auch hier Wettlauf zwischen West und Ost.

Im Ostsektor Berlins, in Adlershorst, wird gegenwärtig mit bemerkenswerter Intensität am Aufbau eines Rundfunk- und Fernsehtechnischen Instituts gearbeitet. Im ersten, fast vollendeten Bauteil werden das Niederfrequenz-, das Tonträger- und Hochfrequenzlabor, das Prüffeld, die Versuehswerkstatt und das Rundfunk-Zentrallager untergebracht.

Im zweiten Bauteil, an dem ebenfalls die Arbeiten bereits fortgeschritten sind, sollen nach Fertigstellung Fernseh-Labors, Fernseh-Studios und weitere technische und Yerwaltungs-Einrichtungen geschaffen werden.

In einem provisorischen Studio wurde hier bereits die erste Fernseh-Versuchs-Sendung vom ersten Spatenstich zum 2. Bauabschnitt des Instituts vorgeführt. Im kommenden Jahr sollen die Fernseh-Versuchs-Sendungen auf eine breitere Basis gestellt werden.

1952 sollen zuerst Fernseh-Empfangsgeräte für Klubhäuser, "M A S" usw. für den "Kollektivempfang" zur Verfügung stehen. Der Sendebetrieb wird mit der auch in der Sowjetunion gebräuchlichen 625-Zeilen-Norm abgewickelt.

Für den "Heim-Empfänger" ist eine Bildröhre mit einem Schirm von 18 x 24cm vorgesehen, wie sie das Oberspreewerk in Niederschönweide bereits herstellt, für "Klub-Empfänger" wurden Grossprojektionsröhren entwickelt. Das Oberspreewerk in Niederschönweide, das an der Spitze der Ostzonenbetriebe für Funk- und Fernsehtechnik steht, arbeitet gegenwärtig mit einem Stab von nahezu 600 Entwicklungs-Ingenieuren. Es führt auch Lieferungen von Aufnahme- und Empfangsgeräten nach der Sowjetunion durch. So wurden für Russland neben zwei Empfänger-Typen mit je 17 Röhren auch Filmabtaster mit Mechau-Projektor sowie Grossbildempfänger geliefert.

FI-1950 / 2.Nov-Ausgabe
Fernsehen in der Ostzone

Die Entwicklung von FS-Empfängern

Auf einer Jahrestagung der Elektrotechniker in Erfurt erklärte der Planungsminister der Ostzone, Rau, dass der Entwicklung des Fernsehens im Gebiet der "Deutschen Demokratischen Republik" grösste Bedeutung zukomme. Die Vorarbeiten für die Einführung des Fernsehens sollen in Kürze zum Abschluss gebracht werden, damit bereits 1952 mit der allgemeinen Eröffnung der Fernsehübertragung in der DDR gerechnet werden könne. Anschliessend teilte Dr. Hachenberg - Berlin mit, dass die Arbeiten für den Aufbau eines Fernseh-Instituts in Adlershorst (Ostsektor Berlins) im Gange seien, und dass hier ein modernes Fernseh-Studio geschaffen werde.

Die Entwicklung von FS-Empfängern sei bereits ziemlich abgeschlossen. Es seien zwei Typen entwickelt worden, und zwar ein Empfänger mit direkter Bildwiedergabe für den Heimempfang und ein weiterer Typ, der auf dem Umweg über optische Projektion ein grösseres Bild gestatte und in erster Linie für Klub- und Versammlungsräume und für weiteren Massenempfang gedacht sei. Hachenberg hob hervor, dass zur Einführung des Fernsehens in der DDR bereits eine Reihe der wesentlichsten Vorarbeiten durchgeführt sei.

FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Cuba

Die Union Radio Corp. in New York hat in Havanna den ersten kubanischen Fernsehsender in Betrieb genommen. Nach Mexico und Brasilien ist Cuba das dritte lateinamerikanische Land, das einen Fernsehbetrieb besitzt.

FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Sowjetrussland

In Sowjetrussland werden bereits seit einiger Zeit regelmässige Fernsehsendungen von Sendern in Moskau und Leningrad ausgestrahlt. Hierbei wird das 625-Zeilen-System benutzt. Der Empfang erfolgt zum Teil über Heimempfänger, zum grösseren Teil aber in Klubs und Arbeiterheimen mit besonderem Projektionsempfang. Der Massenempfang wird in Sowjetrussland staatlich besonders gefördert. Nach einer Meldung von Radio Kiew wird gegenwärtig in Kiew der "größte Fernseh-Sender der Welt" gebaut. Die Sendeeinrichtungen werden nach modernsten Grundsätzen geschaffen. Es soll vorgesehen sein, später die Fernsehsendungen auch farbig zu übertragen.

FI-1951 / 1.März-Ausgabe- AUSLAND -
Sowjetunion:
Rundfunk und Fernsehen in Sowjetrussland.

Auslandsstimme mit 13.000 kW im Äther - Sowjets planen Massenfernsehen

(Von unserem Berliner B.H.K.-Mitarbeiter)

So mächtig die Stimme der Sowjetunion sich auch im Aether vernehmen lässt - die Nachrichten über Organisation und Arbeitsweise ihrer Rundfunk- und Fernsehsender sind nur spärlich und ergeben ein unklares Bild. Neueste Spezial-Unterlagen ermöglichen jedoch einen Einblick, der die Grundlagen eines rein politischen "Führungsmittels" erkennen lässt.

Eine zentralen Behörde in Moskau

Der sowjetische Rundfunk untersteht in seiner klaren Gliederung unmittelbar einer zentralen Behörde, dem Ministerium für Radiowesen in Moskau. Das gesamte Sendernetz umfasst rund 140 Stationen im Mittelwellen- und, der grossen Ausdehnung des Landes wegen bevorzugt, im Langwellenbereich. Hinzu kommen 96 Kurzwellenfrequenzen für den Rundfunk und 27 für die amtliche Nachrichtenagentur TASS, die im Inland auf diese Weise die Provinz- und Bezirkspresse versorgt.

260 Sender und bis zu 100 Störsender

Hinzu käme auch eine Phalanz von fast 100 Störsendern, die gegen die Rundfunksendungen der westlichen Welt eingesetzt sind, in diesem Zusammenhang aber nicht gewertet werden sollen. Etwa 25% der Mittel- und Langwellenstationen zählen mit einer Energie von je 100 kW und darüber zu den Grossendern; die gesamte Energie in diesem Bereich beträgt etwa 5.500kW, bei den Kurzwellensendern sogar über 7.000 kW. Mit 500 kW ist der bereits 1933 in Schschtelkowo bei Moskau errichtete Langwellensender die stärkste Rundfunkstation der Sowjetunion und auch heute noch eine der stärksten der Welt.

Das Moskauer "Radio-Zentrum" steuert alles.

In Moskau werden, vom "Radio-Zentrum" aus gesteuert, neben dem Auslandsdienst drei Programme gestaltet und über die aus Lang-, Mittel- und Kurzwellenstationen bestehenden Sendergruppen Moskau I, II und III abgestrahlt. Das Nationalprogramm von Moskau I geht dabei in wichtigen Teilen über alle Sender der 16 Unions-Republiken, die jedoch auch regionale Programme verbreiten. Um alle Völker und Stämme des Landes ansprechen zu können, müssen 70 Sprachen und Dialekte verwendet werden. Der Auslandsdienst, der nur von Moskau aus arbeitet, bedient sich der Sprachen von 30 Ländern, konzentriert sich in jüngster Zeit im wesentlichen auf - in der Reihenfolge ihres zeitlichen Umfanges - Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Schwedisch, Norwegisch, Dänisch und Holländisch.

Mehr als 17.000 Personen

Die Personalkarteien des sowjetischen Rundfunks verzeichnen heute mehr als 17.000 Personen - die örtlichen Nachrichtendienste in den einzelnen Gebieten werden von mehreren hundert Rundfunkredaktionen besorgt. An den Regionalsendern wirken 25 Sinfonie-Orchester, 23 populäre Instrumentalorchester und 40 Chöre mit; im übrigen werden die Programme sehr stark von ehrenamtlichen Kollektivs bestritten.

Die amtliche Programmstatistik

Die amtliche Programmstatistik des Moskauer Rundfunks, der in seinem riesigen Schallarchiv 28.000 Musikwerke zur ständigen Verfügung hat, zeigt folgende Gliederung; 60% Musik, 20% politische und wissenschaftliche Nachrichten und Vorträge, 9% Literatur, 8% Kinder- und Jugendfunkt 2% Verschiedenes. Es versteht sich dabei von selbst, dass das gesamte Programm politisiert und auch der Musik entweder eine psychologisch geschickt verbindende oder eine direkt erzieherische Tendenz zugewiesen ist.

Die russischen Rundfunkempfänger

Es gibt in der Sowjetunion eine Reihe von Typen moderner, ausgereifter und leistungsstarker Rundfunkempfänger, von denen einige in Werken der deutschen Ostzone hergestellt werden. Sie stehen jedoch zumeist nur bestimmten Personenkreisen zur Verfügung. Die Masse der Bevölkerung wird durch ein Drahtfunksystem versorgt, dessen einzelne Lautsprechernetze von örtlichen Empfangs- und Verstärker-Stationen bedient werden.

In den größeren Ortschaften bestehende und der Partei unterstellte Radio-Komitees steuern dem übertragenen Hauptprogramm nach einem bestimmten Plan eigene Sendungen bei - eine Programmauswahl oder Hörfreiheit gibt es also im allgemeinen nicht. Die Übertragungsnetze erfassen gleichermassen Wohnungen, Büros, Fabriken, Schulen, Strassen und Plätze.

Nahezu 10 Millionen Empfänger für 195 Millionen Russen

Unter Zugrundelegung der Zahlen des in diesem Jahr ablaufenden Fünfjahresplanes zur Aktivierung des Rundfunks gibt es - bei einer Bevölkerung von 195 Millionen - nahezu 10 Millionen Empfänger. Die Zahl der festen oder gelegentlichen Hörer liegt durch das System der Lautsprechernetze jedoch höher.

Bereits 4 Fernsehsender in der Sowjetunion

Das Fernsehen, das sich auf die europäische 625-Zeilen-Norm stützt, konzentriert sich ebenfalls auf Moskau. Der dortige Sender, der über mehrere Studios verfügt, arbeitet seit 1939; in der Nachkriegszeit entstanden in Leningrad, Kiew und Swerdlowsk weitere Sender.

Das einzige Programm kommt aus Moskau, wird diesen Relaisstationen durch Kabel zugeleitet und vorwiegend auf in Gemeinschaftsräumen aufgestellte Empfänger übertragen. Diese Geräte, von denen nicht wenige aus "Sowjet AG's" der deutschen Ostzone stammen, sind von guter Qualität und lassen teilweise, wie beim "T2" den Empfang dreier Programme zu. Die Zahl der betriebenen Fernsehempfänger kann mit ungefähr 100.000 angenommen werden, doch liegen Pläne vor, gerade das Fernsehen zu einer "Angelegenheit der Massen" auszubauen. Von Amateuren errichtete und bediente Relaisstationen sollen dabei die Grundlage eines weitgespannten Fernsehnetzes werden, an das nach und nach ein sich ständig vergrössernder Kreis von Ortschaften angeschlossen werden soll.

Die Sowjetunion ist einer der wenigen Nutzniesser des Kopenhagener Wellenplanes. In der in Prag ansässigen "Organisation Internationale de Radiodiffusion" hat sie sich nach dessen Inkrafttreten eine internationale Vereinigung geschaffen, durch die sie ihre Rundfunk- und Fernsehpolitik nun auch auf die ideologisch von ihr beeinflussten Staaten nachdrücklichst auszudehnen vermag.

FI-1951 / 2.März-Ausgabe
Bau eines Fernsehsenders und Studios in Adlershof

Auch im Ostsektor von Berlin beschäftigt man sich, worauf wir bereits mehrfach hingewiesen haben, seit längerer Zeit mit dem Bau eines Fernsehsenders und eines Fernsehstudios. Das erste Fernsehstudio der DDR in Adlershof ist bereits im Rohbau fertiggestellt. Die Versuchssendungen sollten hier ursprünglich am 1.Mai aufgenommen werden. Infolge von Materialschwierigkeiten wird das Studio in Adlershof, das nach den Ankündigungen von ostzonaler Seite "mit den modernsten technischen Mitteln" ausgestattet werden soll, aber wahrscheinlich nicht vor Ende dieses Jahres mit Fernsehübertragungen beginnen können. In erster Linie sollen in der Ostzone Betriebe, Kulturhäuser, die Parteilokale, die Staatsgewerkschaft, FDJ-Heime, Schulen usw. Fernsehempfänger erhalten. Die Programme dürften in erster Linie politischen Zwecken dienstbar gemacht werden.

FI-1951 / 1.April-Ausgabe
Ostzonale FS-Empfänger-Produktion.

Das Geheimnis um "T2 Leningrad" gelüftet. - Oberspreewerk stellt Heimempfänger "OSW 2755" her.

Auf der diesjährigen Leipziger Frühjahrsmesse wurde erstmalig das Geheimnis um den Stand der Fernsehempfangstechnik in der Ostzone etwas gelüftet. Das Werk für Pernmeldewesen HF("volkseigene" Oberspreewerke) zeigte ausser den neuen 9- und 12-Zoll Bildröhren, die in diesem Werk schon seit längerer Zeit serienmässig gefertigt werden,auch einen Heimempfänger mit der Bezeichnung "OSW 2755". Es handelt sich bei dem Gerät um einen Ein-Kanal-Empfanger, dessen Bildschirm eine Fläche von 15 x 20cm hat. Dieser Empfänger wurde jedoch auf der Messe nicht im Betrieb vorgeführt; man verweigerte Interessenten auch einen Einblick in die Konstruktion. Im Betrieb gezeigt wurde dagegen ein Diapositiv-Abtaster der Oberspreewerke, dessen Aufnahmen gleichzeitig auf einen Fernsehempfänger sowjetischer Fertigung, dem hochentwickelten T2 "Leningrad" in guter Bildschärfe zu sehen waren.

Dieser Empfänger "Leningrad", der jetzt auch in den großen Warenhäusern Moskaus und Leningrads zum Verkauf angeboten wird, wurde auch auf der Kollektivschau der UdSSR gezeigt. Er soll nun auch nach den sowjetrussischen Patenten in grösserer Auflage von dem sowjeteigenen "Sachsenwerk" in Radeberg hergestellt werden. Die Produktion dieses Werkes soll jedoch vorerst ausschliesslich für die Sowjetunion bestimmt sein. Der Empfänger "Leningrad" stellt eine Kombination zwischen einem Fernseh- und einem AM-Rundfunkempfanger dar; er ist für den Drei-Kanal-Empfang eingerichtet und mit 32 Röhren bestückt. Auch dieses Gerät hat einen Bildschirm von nur 15 x 20cm. - Wie wir hören, sollen in nächster Zeit in Moskau und Leningrad die öffentlichen Fernsehstuben mit Großprojektionsgeräten ausgerüstet werden.

FI-1951 / 1.April-Ausgabe
WIR SAHEN UND HÖRTEN
Ein Fernsehsender auf dem Brocken

Mit dem Aufbau des Fernsehsenders auf dem Brocken ist jetzt auf Anweisung des Generalintendanten des Ostzonen-Rundfunks begonnen worden. Die ersten Versuchssendungen sollen im Sommer dieses Jahres stattfinden.

FI-1951 / 2.April-Ausgabe
Bringt die Fernseh-Produktion der Ostzone Überraschungen?

Deutsch-sowjetische Gemeinsamkeit in Entwicklung und Fertigung. Auch ein Importvorstoss zu erwarten. (Von unserem B.H.K.-Mitarbeiter) - Berlin, Mitte April

Mit gespannter Aufmerksamkeit schauen Fachwelt und Öffentlichkeit seit geraumer Zeit auf jene ostzonalen Bestrebungen, die sich mit der Entwicklung und Förderung des Fernsehens befassen. Was die Generalintendanz des Rundfunks, die mit dem mächtigen Informationschef Eisler unter einem Dach im früheren Reichspropagandaministerium residiert, über ihr jüngstes technisches Kind bisher verlauten liess, war zwar nicht viel, liess aber immerhin Vorbereitungen grösseren Ausmasses erkennen. Nur wenige jedoch wissen, dass schon seit Jahren ostzonale Techniker, Konstrukteure und Facharbeiter sich mit der Materie des Fernsehens befassen und Empfänger, Sender und Studioeinrichtungen von guter Qualität produzieren.

Produktionszentrum Oberspreewerk

Am südöstlichen Stadtrand Berlins, im industrie-reichen Oberschöneweide an den Ufern der Spree, liegt das Werk, das zur Stütze einer deutsch-sowjetischen Fernsehentwicklung wurde. In den Gebäuden und Laboratorien, die früher die Röhrenfabrik Oberspree sowie die Fernmeldekabel- und Apparate-Fabrik Oberspree der AEG beherbergten, arbeitet heute das Werk für Fernmeldewesen "HF". Auf allen seinen Erzeugnissen finden sich die Initialen OSW, die als Hersteller das Oberspreewerk bezeichnen.

Was hier entwickelt und gefertigt wird,entsteht unter den Augen sowjetischer Fachleute: das Werk zählt zu jener nur kleinen, aber entscheidend wichtigen Gruppe von "Leitbetrieben", die für gewisse Spezialgebiete im gesamten sowjetisch beherrschten Machtbereich bestimmend sind. Die grosszügige Behandlung technischer Leistung durch sowjetische Besatzungsorgane ist bekannt; nicht allein die Techniker in den Entwicklungslaboratorien, sondern auch der ausgedehnte Facharbeiterstamm erhalten daher materielle Vergünstigungen, die dennoch die unpersönliche Atmosphäre östlicher Intoleranz nicht zu verdecken vermögen.

Vielfältiges Fertigungsprogramm

Zum ersten Male machte das Oberspreewerk von sich reden, als es vor mehr als
zwei Jahren mit einer umfangreichen Fertigung amerikanischer Nachbauröhren auf dem Markt erschien.

Diese 6.3 Volt-Serie erhielt auch die amerikanischen Typenbezeichnungen und bot die Möglichkeit der verschiedensten Empfängerschaltungen vom "Super" mittlerer Grösse bis zum Spitzengerät mit sehr leistungsstarker Endstufe, optischer Abstimmanzeige und automatischer Scharfabstimmung. Sie diente der Bestückung sowjetischer Empfänger, die meist amerikanische Nachbauröhren verwenden, und in gleichem Masse dem allgemeinen Export.

Schon damals umfasste das Fertigungsprogramm des Oberspreewerks aber auch Senderöhren, medizinische Röhren, Gleichrichterröhren, Entladungslampen, Thyratrons, Kathodenstrahlröhren, Stabilisatoren und Glimmlampen, HF-Messgeräte für Forschung und Entwicklung, Oszillographen, Hochtemperatur-Industrieöfen, Halbzeuge aus Wolfram und Molybdän sowie Schwingquarze, Detektoren für Höehstfrequenzen und Schichtwiderstände.

Auch die Ostzone muß UKW senden

Im Jahr 1950 nahm man sich des UKW-Rundfunks stärker an. Der FM-UKW-Sender des Berliner Rundfunks, der seit dem vergangenen Sommer auf der Frequenz 94.5 MHz im Ostsektor Berlins arbeitet, zählt zu den ersten Entwicklungen einer Standardreihe, die Stationen bis zu 10kW vorsieht. Dieser 200 Watt-Sender ist mit einer auf dem Diskriminator-Prinzip beruhenden Quarzfrequenzregelung versehen, richtet sich in seinen Daten nach den international üblichen Normen: + 75 kHz Frequenzhub, 50us Vorverzerrung, Eingang 1.4 Neper an 600 Ohm und ist auf eine Betriebsfrequenz von 86 bis 100 MHz einstellbar.

Den Bau von Empfangsgeräten für UKW-Zwecke überliess man ganz der "Vereinigung Volkseigener Betriebe Radio- und Fernmeldetechnik (RFT)", die im Laufe dieser Monate mit der Herstellung von Einbau- und Vorsatzgeräten sowie mit der Auslieferung von Empfängern mit organischem UKW-Teil beginnt.

Umfangreiche Arbeiten auf dem Fernsehgebiet

Bereits um die Jahreswende 1949/50 war es kein Geheimnis mehr, dass sich das Oberspreewerk mit umfangreichen Entwicklungs- und Fertigungsarbeiten auf dem Fernsehgebiet befasste. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse des Vorjahres sah der aufmerksame Beobachter denn auch Fernsehbildröhren für direkte Bildbetrachtung im Format 18 x 24cm aus der laufenden Fertigung und darüber hinaus die Unterlagen modernster Filmabtaster.

Wenig später begann die Errichtung eines Rundfunk- und Fernsehtechnischen Institutes in Berlin-Adlershof, eines großzügigen Gebäudekomplexes mit Laboratorien, Studios und einer Sendeanlage, gegen Ende dieses Jahres hofft man den gesamten Block seiner Bestimmung übergeben zu können. Damit hatte nun endlich die Generalintendanz des Rundfunks ihr maßgebendes Interesse bekundet - ein Fernseh-Ausschuß schloß die Experten der Planung, Entwicklung, Fertigung und der politischen Führung zu gemeinsamer Aussprache zusammen.

Dies war die entscheidende Wende: von jenem Moment ab setzte die propagandistische Vorbereitung der Öffentlichkeit in Presse und Rundfunk ein.

12-Zoll-Röhre soll Standard - Röhre werden

Nicht RFT, sondern das Oberspreewerk verfügt über Experten wie den Röhrenspezialisten Dr. Hachenberg und den Gerätespezialisten Hertwig; nicht RFT, sondern das Oberspreewerk besitzt auch dank sowjetischer Förderung die Erfahrungen und Mittel, publikumsreifes Fernsehen auf die Beine, zu stellen.

Der Anfang ist gemacht: die ersten Einrichtungen für den "deutschen" Gebrauch der Ostzone stehen zur Verfügung. Da ist z.B. der neue Taktgeber OSW 2750 für das Zeilen-Gleichlaufsignal, das Bild-Gleichlaufsignal, das vollständige Gleichlaufsignal-Gemisch und das Austastsignal-Gemisch für die Rücklauf-Dunkeltastung. Er entspricht - wie grundsätzlich alle Geräte - der 625 Zeilen-Norm und enthält in einem gemeinsamen Gestell einen Frequenzteiler, ein Impulsgerät, Trennstufen für 20 voneinander unabhängige Ausgänge und die zugehörigen Netzanschlußgeräte.

Die Bildsignale können durch eine Frequenzregelschaltung mit der Netzfrequenz in Gleichlauf gebracht werden. Ein eingebautes Zusatzgerät erzeugt eine elektrische Bildspannung, mit der zur Prüfung von Fernsehempfängern ein schachbrettartiges Muster auf einer Bildröhre, geschrieben wird.

Ein Dia-Abtaster aus Ostberlin

Ferner erschien im Rahmen kompletter Sende- und Studioanlagen neu die Fernseh-Abtasteinrichtung für stehende Bilder OSW 2767. Die Abtastung des Diapositivs erfolgt mit der Abtaströhre OSW 2786 von 125mm Schirmdurchmesser und 25kV Anodenspannung mit Zinkoxyd-Leuchtschirm und einer Nachleuchtdauer von 10 -6s.

Zur Umwandlung der Helligkeitswerte der durchleuchteten Bildpunkte in elektrische Stromwerte wird eine Photozelle mit einem zwölfstufigen Sekundärelektronen-Vervielfacher vom Typ QSW 2740 benutzt, dem ein Bildverstärker mit Nachleuchtentzerrung und 6 MHz Grenzfrequenz folgt.

Ausserdem enthält der Abtaster die Kippgeräte für die Abtaströhre, einen Kontroll-Oszillographen und alle Regel- und Stromversorgungsgeräte, an zwei Ausgängen liefert er eine während der Rücklaufzeit dunkel getastete positive Bildspannung von 2V an 70Ohm. Sehr interessant ist auch das ganz neue Super-Iconoskop OSW 2745 und eine handliche, dreiteilige Reportage-Aufnahmekamera, bei der Kamera, elektrisches Kontrollbild und Netzteil in drei kleinen Stadtkoffern untergebracht sind.

Jetzt noch 9" Bildröhren, bald aber 12" Bildröhren

An Bildröhren produziert man neben der runden 9 Zoll-Bildröhre mit einem Bildfenster von 13.5 x 18cm - sie findet in den sowjetischen Geräten T1 und T2 Verwendung - neuerdings auch die 12 Zoll-Röhre mit dem Bildaussehnitt 18 x 24cm; diese letztere Grösse will man zur deutschen Standard-Bildröhre machen.

Es mag in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass auch die Engländer mehr und mehr der 12 Zoll-Bildröhre mit ihren einwandfreieren Bildimensionen den Vorzug geben. Bei den Empfängerröhren steht ein neuer Satz Miniaturröhren mit einem Siebenstift-Miniaturröhrensockel für Fernseh- und UKW-Zwecke im Produktionsprogramm. Er besteht aus der Doppeltriode 6J6, der Breitbandverstärkerpentode 6AG5, der Duodiode 6AL5 und der Netzgleichrichterröhre 6x4. Mit den ersten beiden Röhrentypen ist es möglich, praktisch alle vorkommenden Schaltungen für Vorverstärker-, Misch- und ZF-Stufen für Fernseh- und UKW-Empfänger herzustellen.

Der erste ostzonale Heim-Fernsehempfänger

Nach langer, aber erfolgreicher Entwicklung konnte der Öffentlichkeit nun kürzlich der erste ostzonale Heim-Fernsehempfänger, als Typ OSW 2755 ebenfalls im Oberspreewerk entstanden, vorgestellt werden. Dieses Gerät stellt eine Vervollkommnung des im Frühjahr 1950 zu Versuchszwecken konstruierten Typs OSW 2685 dar.

Es entspricht den Anforderungen der 625 Zeilen-Norm und legt besonderes Gewicht auf kleine Röhrenzahl und geringen schaltungsmäßigen Aufwand. Der Hochfrequenzteil ist fest auf einen Sender abgestimmt und bei Frequenzbandwechsel austauschbar. Die Empfindlichkeit des Bild- und Tonkanals beträgt etwa 250uV, die Bandbreite des Bildkanals 6 MHz, die wiedergegebene Bildgrösse rund 15 x 20cm. Die Anodenspannung der Bildröhre in Höhe von 8kV wird durch Gleichrichtung der Rücklaufspannung aus dem Zeilenkippgerät entnommen. Die Abmessungen des in schlichtem Holzgehäuse untergebrachten Empfängers sind die eines grösseren Supers.

Wann und zu welchem Preis dieses Gerät dem ostzonalen Inlandsmarkt zugeführt werden soll, lässt sich solange nicht sagen, wie offiziellerseits kein definitiver Plan über die Verteilung der künftigen Sendestationen vorliegt. Wohl aber lässt sich heute schon feststellen, dass die Frage des Heim-Fernsehens in der Ostzone gegenüber dem Gemeinschaftsempfang zunächst absolut zweitklassiger Natur sein wird.

Wichtig werden Projektionsempfänger

Besonderes Augenmerk wurde daher auf die Entwicklung von Projektionsempfängern und von Klein- und Großprojektionsröhren für größere Heim- und Klubempfänger gerichtet; mit ihrer Serienfertigung könnte bei Vorliegen eines Bedarfs begonnen werden. Man hat, als man sich mit den Möglichkeiten des Großbildes befaßte, die Schwierigkeiten seiner Herstellung erkannt und sich auf das mittlere Format 100 x 130cm beschränkt.

Erfolgreich abgeschlossene Versuche führten zu dem Typ des Klubempfängers, der später in den Kulturhäusern der Großbetriebe, in den Gemeinschaftsräumen der Werke und Maschinenausleihstationen auf dem Lande, in öffentlichen Fernsehstuben und in den Schulen zur Aufstellung kommen und die Grundlage eines allgemeinen Fernsehens bilden soll.

"T2 Leningrad" soll Exportschlager werden

Aber noch ein zweites Fernsehgerät für den Hausgebrauch wird in der Ostzone gebaut.
Es hat sich bereits tausendfach bewährt und steht nicht nur bei zahlungskräftigen Sowjetbürgern in Moskau und Leningrad, sondern soll seinen Weg auch hinaus auf die Märkte der Welt nehmen. Seit mehr als einem Jahr kennt man es, seit mehr als einem Jahr wird es von der sowjetischen Fachpresse als Spitzengerät ihres Landes gelobt.

Es ist der "T2 Leningrad", ein in Technik und Form ausgereifter Empfänger für anspruchsvolle Käufer. Sein Hersteller ist das "Sachsenwerk", Zweigbetrieb Radeberg, ein aus der Vorkriegszeit bekanntes Unternehmen der sächsischen Radio-Industrie, das jetzt zur Sowjetischen Staatlichen AG. "Kabel" gehört und in seinem Hauptbetrieb Niedersedlitz Elektromotoren, Schweißumformer, Transformatoren, Hoch- und Niederspannungschaltgeräte und Rundfunkempfänger produziert.

Der T 2 bringt Dreikanal-Bildempfang auf 49.75, 59.25 und 77.25 MHz in der Bildgröße 13.5 x 18cm und enthält einen Superteil für AM-Rundfunkempfang, dessen Bedienungsteil in die Kopfseite des eleganten Edelholzgehäuses eingelassen ist.

Der Bildteil, die rechte Hälfte des Apparates, lässt sich durch Vorziehen einer Bespannung derart verdecken, dass der technische Charakter völlig entfällt. Das Gerät hat einschliesslich der drei Netzgleichrichterröhren und der Bildröhre 32 Röhren und zeigt einen sauberen konstruktiven Aufbau. Bildschärfe und Kontrast-Reichtum wirken überzeugend.

In "absehbarer" Zeit auch für den ostzonalen Markt ?

(Ein Zeitzeuge berichtete, daß der russische T2 Fernseher ein geniales Heizgerät auch für Zimmer mit 24qm Raumgröße gewesen sei.)

Weiter im Text : Es ist fraglich, ob der eingearbeitete Stamm deutscher Techniker und Facharbeiter, der den T2 nach sowjetischen Unterlagen herzustellen vorgibt, in absehbarer Zeit auch für den ostzonalen Markt zu produzieren vermag.

Man glaubt jedoch, um die Jahreswende 1951/52 mit einigen Kapazitäten für den deutschen Markt tätig sein zu können, sofern senderseitig die nötigen Voraussetzungen geschaffen sind - und die Sowjets ihre Zustimmung geben.

Fest steht, dass dieser erprobte, zweifellos aber auch teuere Universalempfänger unter der Voraussetzung eines grösseren Bildformats eine Entwicklung bedeutet, die man bedenkenlos als "spitzenwürdig" bezeichnen und der, wenn man sie als Erzeugnis deutschen Ursprungs wertet, vorerst in Deutschland kaum Gleichwertiges entgegengestellt werden kann.

Man sollte immer die "enge Verdickung" mit der sowjetischen Entwicklung bedenken

Es ist gut, sich das Vorhandensein einer akzeptablen Fernseh- und UKW-Technik im ostzonalen Bereich Deutschlands und ihre mehr oder weniger enge Verdickung mit der sowjetischen Entwicklung vor Augen zu halten. Eine solche Betrachtung zeigt nicht nur, dass man auch dort technisches Niveau zu halten bemüht ist, sie schützt darüber hinaus auch vor Überraschungen.

Ebenso wichtig ist jedoch die Erkenntnis vom Unwert technischer Leistung, wenn diese nur der Massenbeherrschung und Intoleranz dienstbar ist. Das aber ist gewiss, auch Fernsehen und UKW werden dort nicht Ausdruck individueller Entfaltung, sondern ein rein politisches Führungsmittel sein.

FI-1951 / 2.April-Ausgabe
AUSLAEDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN Sowjetrussland
Serienherstellung in Moskau, Leningrad und im Ural

1950 wurden in Sowjetrussland 1.129.000 Radioempfänger hergestellt. Der Hauptanteil entfällt auf die Serienherstellung billiger 5-Röhren Netz-Empfänger, die in Moskau, Leningrad und im Ural produziert werden. Aus der Minsker Radiofabrik kamen erstmals teuere 8- und 9-Röhren-Empfänger mit Phonokombination nach amerikanischen Konstruktionen auf den Markt. Ferner wurden drei Typen Fernseh-Empfänger mit Bildgrössen von loxl3 und 13x18 herausgebracht.

FI-1951 / 1.Juli-Ausgabe - Deutschland
Ein Blick hinter den Eisernen Vorhang:
Die Fernsehvorbereitungen in der Ostzone.

Fernseh-Sender Berlin-Ost startet im Herbst. - (Von unserem Berliner B.H. K. - Mitarbeiter)Berlin, Anfang Juli 1951

Das Schweigen, mit dem die ostzonalen Instanzen wie jede technische Entwicklung auch das Fernsehen umgeben, ist für die direkt Beteiligten keineswegs ein Zeichen für Lässigkeit und Gleichmut. Ein gutes Jahr ist seit jenem Mai-Tage vergangen, an dem Generalintendant Mahle die erste Fernsehübertragung zeigte und gleichzeitig den Spatenstich zum zweiten Bauabschnitt des Komplexes vollzog, der als "Rundfunk- und Fernsehteehnisches Institut" die gesamte Forschung und Entwicklung dieser Gebiete zusammenfassen soll. Heute gehen die langgestreckten Flachbauten in Berlin-Adlershof mit ihrem nüchtern schmalen Turm ihrer Vollendung entgegen. Als Keimzelle und Ausgangspunkt eines ostzonalen Fernsehdienstes werden sie noch in diesem Jahre von sich reden machen.

Die ostzonale Fernsehplanung

Hier am östlichen Rande Berlins liegt die Wirkungsstätte des Mannes, der als verantwortlicher Leiter der zentralen Laboratoriumsarbeiten in Fernsehen und UKW-Funk beim Oberspreewerk der Ostzone überhaupt erst die notwendigen Voraussetzungen schuf. Dr. Hachenberg erhielt vor kurzem einen erweiterten Aufgabenkreis durch Berufung zum Direktor des östlichen Teiles des Heinrich-Hertz-Institutes für Schwingungsforschung, zu dem der westliehe Teil unter Professor Leithäuser - man muss es sagen - in einem undurchsichtigen Verhältnis steht.

In Adlershof sollen nun ausgangs des kommenden Herbstes Fernsehstudio und -Versuchssender der ostzonalen Generalintendanz ihren Betrieb aufnehmen. Dieser Sender ist in Anlage und Leistung derart aufgebaut, daß er in erster Linie den sowjetischen Sektor Berlins, dann aber auch Teile des ostzonalen Hinterlandes -nämlich zum Land Brandenburg gehörige Randgebiete - zu betreuen vermag.

Reichweite bis ins Hinterland

Erstmals wird damit auf dem europäischen Festland bewußt ein Landgebiet von vornherein in den Bereich eines Fernsehdienstes miteinbezogen. Dies ist nicht nur interessant, sondern auch begründet: in jenem Sendebereich liegen außer den Städten Potsdam, Fürstenwalde, Bernau und Straußberg auch zahlreiche Maschinenausleihstationen, sogenannte Schwerpunkte von politischer, wirtschaftlicher und kultureller Bedeutung, die aufgrund des ostzonalen Fernsehplanes neben der Stadtbevölkerung bevorzugt dem Fernsehen erschlossen werden sollen.

Die Reichweite der Station ist in ihrer ersten Aufbaustufe auf 40km festgesetzt - da die größte Entfernung zwischen den Grenzen des Berliner Stadtgebietes in Ost-West-Richtung 45km und in Nord-Süd-Richtung 38km beträgt, kann sie also auch voraussichtlich an nahezu jedem Punkt der Westsektoren einwandfrei empfangen werden. Dies würde - immer das Vorhandensein von Geräten mit Mehrkanal-Empfang vorausgesetzt - zwei erstaunliehe Auswirkungen haben: einmal die erste ost-westliche "Fernseh-Überschneidung" und zum anderen eine mögliche Betreuung von insgesamt etwa 4,5 Millionen Menschen, von denen rd. 2.2 Millionen im westlichen Bereich ansässig sind.

Voraussetzungen für Fernsehkrieg kaum gegeben

Diese eigenartigen und recht gewichtigen Folgerungen haben Besorgnisse politischer Art wachgerufen, die auf der westliehen Seite zu mancherlei Mutmassungen und gelegentlich auch zu eigennützigen Erwägungen schlecht informierter Interessenten geführt haben. Sie gipfeln, wie erst kürzlich wieder in einer großen Tageszeitung angedeutet wurde, zumeist in der Furcht, durch Störsendungen der ostsektoralen Station den Fernsehbetrieb der westlichen Sektoren gefährdet zu sehen.

Nun, gerade dieser Punkt entbehrt am stärksten der Wahrscheinlichkeit. Weder im ostzonalen Fernsehausschuss noch beim "Amt für Information", einer Art Nachfolgebehörde des nationalsozialistischen Propagandaministeriums, wurden bisher entsprechende Gedanken geäussert oder Vorbereitungen getroffen. Etwaige Störungen, die im Übrigen ja beim Rundfunk viel eher möglieh gewesen wären und dennoch bewusst unterblieben, würden zweifellos in der Konsequenz nur ihren Urheber treffen.

Geringe Sorgen wegen gegenseitiger Beeinflussung

Was aber die gegenseitige Beeinflussung politischer Natur betrifft, so ist diese auf der östlichen Seite von vornherein nicht gegeben; weitgehender Gemeinschaftsempfang und die Einrichtung aller Heimempfänger für Einkanal-Betrieb werden die Teilnahme am westlichen Fernsehdienst vollständig ausschliessen. In den Westsektoren wird es zunächst nicht anders sein, sofern nicht der Westbewohner unter Ausnutzung des für ihn günstigen Währungsgefälles sich eigens für den Empfang des Ostprogramms ein Gerät im Ostsektor beschafft - eine Handlungsweise, die angesichts der Erfahrungen auf dem Rundfunkgebiet und der völlig politisierten Programmtendenz des Ostens kaum ausgeübt werden dürfte.

Sender und Empfänger vorwiegend für sowjetischen Bedarf

Man sieht : lokalpolitisch vielleicht interessante Kombinationen um einen auf Berliner Boden möglichen Fernsehkrieg besitzen kaum ernsthafte Grundlagen. Und so sind denn auch jene Verlautbarungen, die von einer 16 oder gar 25kW-Energie des ostsektoralen Fernsehsenders wissen wollen, mehr oder weniger lediglich Gerüchte.

Tatsache ist aber dies: Die endgültige Planung sieht für den Fernsehsender Berlin-Ost eine "Leistung hohen Grades" vor, die in über einen längeren Zeitraum verteilten Aufbaustufen erreicht werden soll. Die Anfangsleistung soll, wenn sie überhaupt erzielt wird, 2kW betragen. Alle Anlagen und Apparaturen einschließlieh der Senderöhren können in der Ostzone hergestellt werden, sind jedoch in ihrer Fertigung vorerst noch vom Bezug wesentlicher Einzelteile und Materialien aus dem westlichen Bereich abhängig. Und hier nun muß eine erstaunliche Feststellung getroffen werden, die allerdings für denjenigen, der mit der sowjetischen Mentalität vertraut ist, ein auch auf allen übrigen Gebieten erkennbares Merkmal bedeutet.

Die Lethargie bremst alles aus

Fernsehen und UKW-Rundfunk ebenfalls könnten nämlich in der Ostzone heute schon von weitaus stärkerer Bedeutung sein, wenn die Sowjets auch nur das geringste Interesse an ihrer Verwendung für deutsche Zwecke bekundeten. Abgesehen von der Lethargie der Generalintendanz und dem bürokratisierten Zustand der "volkseigenen" Produktionswirtschaft sind sie es, die zwar - wie im Berliner Oberspreewerk und im Radeberger Sachsenwerk - Sende- und Empfangseinrichtungen mit größter Intensität für den sowjetischen Bedarf entwickeln und produzieren, jene Fertigungsstätten mit ihren knappen technischen Materialbeständen und Fachleuten aber den zaghaft geäußersten deutschen Anforderungen verschliessen.

Es wäre müssig, die Beweggründe dieses Handelns zu untersuchen - auch sie zählen zu den Zügen sowjetischer Wirtschaftspolitik in eroberten Gebieten, die mit anderen Maßstäben als denen der althergebrachten Logik zu werten sind. So sicher es daher in absehbarer Zeit einen ostzonalen Fernsehdienst und auch ostzonale Heim-Fernsehgeräte geben wird, so unsicher sind alle Termine und Voraussagen, die seine Verwirklichung und seinen Ausbau selbst betreffen.

Ostberliner Fernsehstudio nach - USA Plänen entwickelt!

Fest steht, daß die Ostberliner Fernsehstudios dem letzten Entwicklungsstand schlechthin entsprechen. Ihre Pläne gehen auf Unterlagen zurück, die - aus den Vereinigten Staaten stammen. Besondere Verbindungen ermöglichten nämlich die Beschaffung geeigneter Aufrisse und Skizzen, nach denen in den USA Studiokomplexe gebaut worden waren. Fast dem pittoresken Geschehen eines Kriminalromans ähnelnd, vollzog sich die Übergabe an neutraler Stelle, und zwar in Zürich im Verlauf einer der alljährlich dort abgehaltenen Schweizer Radio-Ausstellungen.

Jetzt ist man vor allem um eine Vervollkommnung der Aufnahmeteehnik bemüht. An Stelle des Supericonoscops, das im Oberspreewerk bereits seit geraumer Zeit gefertigt wird, will man die Orthicon-Bildfängerröhre verwenden. Orhticon-Kameras zählen zu den besten der Welt und haben sich im Fernsehdienst der BBC ausgezeichnet bewährt. Die von der Orthiconröhre gelieferte bessere Bildqualität und ihre große Empfindlichkeit, die sie für Innenaufnahmen ohne Zusatzbeleuchtung prädistiniert, haben es den ostzonalen Experten angetan: in intensiven Versuchen sind sie bestrebt, deren schwierigere Konstruktionstechnik der eigenen Entwicklung nutzbar zu machen.

Mangel an Allem

Mangel an Fachleuten, Mangel an Material, Mangel an Initiative und - seitens der alles beherrschenden Besatzungsmacht - Mangel an förderndem Interesse sind diejenigen Faktoren, die trotz des guten Willens und der Fähigkeiten Weniger eine ostzonale Fernsehentwicklung breiten Stiles weitgehend hemmen. In Berlin allerdings wird man etwas zeigen wollen und müssen. Der Fernsehsender Berlin-Adlershof wird daher zwar ein Politikum, aber dennoch eine Realität sein.

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