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Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen

Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.

aus der FUNK-TECHNIK Nr. 20/1950 (2. Okt. Heft)
Das Editorial

BERLIN . FRANKFURT/M. • Nr. 20/1950/5.JAHRGANG FUNK­TECHNIK CHEFREDAKTEUR CURT RINT

Berlin ist diese Messe wert

Vorweg eine kleine Momentaufnahme: Dicht gedrängt stehen die Leute in dem bereits überfüllten Stadtbahnzug, der sie von der Ausstellung am Funkturm wieder heimbefördern soll, und immer noch mehr Menschen versuchen, mehr oder minder gewaltsam, auch noch ihren Körper in diese Masse hinein­zuquetschen — und da sagt eine Frau, die in der drangvoll fürchterlichen Enge wohl kaum noch Platz zum Atmen hat, lächelnd, und es ist ein glückliches Lächeln: ,,Das ist ja wie in der guten alten Zeit!"

Keine noch so schwungvolle Empfangsrede, kein noch so feinstilisierter Leitartikel vermag wohl treffender die Gedanken und Gefühle wiederzugeben, mit denen die Berliner diese Deutsche Industrie-Ausstellung be­grüßten. Sie empfinden die Wahl des Standortes für diese imposante Leistungsschau industriellen Schaffens wie eine Anerkennung, die jedem einzelnen von ihnen für das gezollt wurde, was er in den letzten Jahren an Schwerem und Sorgen­vollem erlebt und durchgestanden hat.

Die Hallen am Funkturm - Imposant

Es ist wirklich eine imposante Leistungsschau, die in den Hallen am Funkturm dargeboten wurde, ein — wie es Paul Hoffman, der bisherige Administrator für den Marshall-Plan, formulierte — „eindrucksvoller Beweis für den Mut, den das deutsche Volk unter den schwierigsten Umständen entfaltet hat".

Und er unterstrich die große Bedeutung der Tatsache, „daß diese Messe in Berlin abgehalten werden kann, das von jeher ein Brennpunkt deutschen Unternehmungsgeistes und deutschen Fleißes gewesen ist". Dieser Unternehmungsgeist und Fleiß, diese Initiative und Erfindungsgabe offenbaren sich nicht nur in den Erzeugnissen, die Industrie und Handwerk Berlins zur Schau stellen.

In gleicher Weise dokumentieren sich diese Eigenschaften in der Art und Weise, wie der äußere Rahmen für die Ausstellung (die Hallen und die sonstigen Baulichkeiten, die gärtne­rischen Anlagen und die Fülle der technischen Einrichtungen) innerhalb weniger Wochen aus dem Boden gestampft wurde, so daß man Richtfeste feierte, wo eben gerade erst der Grund­stein gelegt worden war.

Das Berliner Tempo

Das „Berliner Tempo", von dem einen verlacht, von dem anderen beneidet, hat einen Triumph errungen. „Uns kann keener!" — diesen Ausdruck Berliner Selbst­bewußtseins zitierte in liebenswürdigem Sinn unser Bundes­präsident Theodor Heuss in seiner Eröffnungsansprache. Ach, wie weitenfern scheint jene Zeit zu sein, in der dies Wort geboren wurde und, offen oder insgeheim, das Wesen vieler Berliner ganz gut charakterisierte. Inzwischen hat sich einiges ereignet, was zur Genüge zeigte, daß „so mancher den Berlinern was kann"!

Infolgedessen sind sie wohl vor dem Verdacht geschützt, sich auf ihre Leistungen allzuviel einzubilden. Aber wenn sie den Rundgang durch die Hallen und das Gelände in der Deutschen Industrie-Ausstellung be­endet haben, dann werden sie wohl doch von der stolzen Genugtuung erfüllt sein: „Das können wir wieder!" Auch wer Gelegenheit hatte, die Ausstellungen und Messen der letzten Jahre in deutschen und europäischen Städten zu besuchen, wird bezeugen müssen, daß die Veranstaltung am Funkturm einen Höhepunkt geschmacklicher Schönheit, inne­rer Geschlossenheit und organisatorischer Vollkommenheit darstellt.

Ein wenig Eigenlob hebt die Stimmung

Hier wurde der eindeutige Beweis dafür geliefert, daß das Messegelände in Berlin, seine Hallen und Außen­anlagen, sein Rahmen und sein Inhalt den idealen, ander­wärts kaum zu übertreffenden Schauplatz für derartige repräsentative Veranstaltungen bietet. Nichts gegen die anderen deutschen Messestädte, insbesondere nichts gegen Düsseldorf, das in diesem Jahre freundlich und bereitwillig der Deutschen Funkausstellung Gastfreundschaft gewährte; dankbar erinnern sich die Berliner der vorbildlich verständ­nisvollen Worte des Oberbürgermeisters der schönen, an Initia­tive und Lebenskraft reichen rheinischen Metropole bei der Eröffnung der Funkschau.

Aber nach dieser Deutschen Industrie-Ausstellung 1950 in Berlin wird jeder objektive Betrachter doch wohl in seiner abschließenden Kritik zu dem Votum gelangen, daß Berlin jede ihm traditionell gebührende „Messe wert ist".

Düsseldorf = Funkausstellung - Berlin = Industriemesse ?

In der Natur des Geschehens liegt es, daß die Halle I West in Berlin, im ganzen genommen, ein konzentriertes Spiegel­bild der Düsseldorfer Funkausstellung bietet. Nachdem über die in Qualität und Preis in gleicher Weise Aufsehen erregen­den Leistungen der deutschen Funkindustrie anläßlich der Düsseldorfer Schau bereits eingehend berichtet wurde, dürfte sich eine Wiederholung der kritischen Würdigung erübrigen. Über den kommerziellen Erfolg zu sprechen, wäre noch ver­früht.

Düsseldorf hat alle diesbezüglichen Hoffnungen über­troffen; inwieweit man zusätzlich in Berlin „Abschlüsse tätigen" wird — eine Redewendung, die dem Bundespräsi­denten als sprachlich empfindendem Experten so mißfiel! —, bleibt abzuwarten. Die deutsche Funkindustrie hat jedenfalls uneingeschränkt wieder den Anschluß an die internationale Entwicklung erreicht — das ist das neuerlich bestätigte Fazit. Freilich fehlen in Berlin einige westdeutsche Aussteller, denen offenbar doch trotz aller gegenteiligen Versicherungen aus berufenem Munde das „Abenteuer Berlin" als zu „risikoreich" erschien.

Fernsehen ? Erinnerung : Deutsche Funk- und Fernsehausstellung vor 11 Jahren

Eine von einigen Unentwegten schon in Düsseldorf gehegte Erwartung der öffentlichen Vorführung des deutschen Fernsehens wurde auch in Berlin nicht erfüllt. Die Zeit dafür ist noch nicht reif, wenn auch oft die Gedanken zurück in die Zeit schweiften, als es vor 11 Jahren eine Deutsche Funk-und Fernsehausstellung in Berlin gab. Die Besucher sahen aber dank der Initiative der BBC und der dafür verantwort­lichen britischen Stellen im Britischen Pavillon moderne eng­lische Fernsehempfänger und konnten ein abwechslungs­reiches Programm, das von dem britischen Fernsehregisseur Mr. Fawcett zusammengestellt wurde, bewundern. Die Öffent­lichkeit weiß, welche Fortschritte der menschliche Geist in der Entschleierung dieses Geheimnisses der Natur erzielt und welche Bedeutung die industrielle Fertigung auf diesem Gebiet in den USA erreicht hat, wo die Produktion von Fern­sehgeräten den Automobilbau in den Schatten zu stellen droht. Die Öffentlichkeit weiß aber auch, daß die deutsche Industrie nicht untätig ist!

Nun hofft Berlin neuerdings wieder, daß recht bald die Hallen am Funkturm der Schauplatz sein werden, in denen eine inter­nationale Funk- und Fernsehausstellung stattfindet, in der das konstruktive und industrielle Können der Radio- und Fernseh­wirtschaft Europas gezeigt werden wird. - H. G. O.


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